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Helvetias Traum vom Glück (German Edition)

Helvetias Traum vom Glück (German Edition)

Titel: Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Autoren: Anne Gold
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nicht?»
    «So, wie du es beschreibst, heisst es, dass wir uns wie Feiglinge verhalten haben.»
    «Das ist deine Interpretation.»
    «Merk dir genau, was ich dir jetzt sage! Bist du schon einmal bei solch einem Einsatz dabei gewesen?»
    «Nein.»
    «Genau das ist dein Problem. Wir halten für die Bevölkerung den Arsch hin. Meine Leute stehen dort draussen Tag für Tag im Einsatz, der immer härter wird. Und ihr hockt hier drinnen und klopft grosse Sprüche. Ihr kommt immer erst dazu, wenn alles vorbei ist. Am 8. Dezember sind acht meiner Leute im Spital gelandet. Zwei davon, eine Kollegin und ein Kollege, sind seither dienstunfähig, wahrscheinlich zwei bis drei Monate lang. Und du Schlampe reisst hier das Maul auf und wirfst mir vor, dass ich ein Versager bin!»
    «Das … das habe ich nicht gesagt!»
    «Habe ich eben das Wort Schlampe gehört?», fragte Jakob Borer zuckersüss vom Eingang her. «Entschuldigen Sie, dass ich hier so reinplatze. Aber man hört Sie bis zu meinem Büro hinüberschreien, Herr Kunz.»
    Nadine zitterte am ganzen Körper.
    «Hören Sie genau zu, Kollege Kunz. Kommissär Ferrari hat von mir den Auftrag erhalten, diesen Fall zu lösen, und Nadine Kupfer ist seine Assistentin. Also tragen Sie gefälligst zur Lösung des Falles bei, so gut, wie Sie können. Ob Sie nun Frau Kupfer mögen oder nicht, spielt in diesem Fall keine Rolle. Ist das klar?»
    «Jawohl, Herr Staatsanwalt.»
    «Gut. Und noch was. Nadine Kupfer hat niemanden eingeseift, weder mich noch Kommissär Ferrari. Sie ist eine ausgezeichnete Kraft. Ich beurteile Mitarbeiter nicht nach ihrem Aussehen, sondern nach ihrer Leistung. Klar?»
    «Jawohl, Herr Staatsanwalt.»
    «Dann verstehen wir uns. Beantworten Sie also die Fragen von Frau Kupfer, und zwar in normalem Ton. Ich fühle mich nämlich in meinem Büro gestört. Ah ja, noch etwas zum Thema Schlampe. Ich denke, da wäre eine Entschuldigung Ihrerseits fällig. Das können Sie aber unter vier Augen erledigen. Zum Schluss nur noch eines», Borer stellte sich breitbeinig vor den ihn um einen Kopf überragenden Polizisten. «Bei Gott! Wenn Sie es nochmals wagen, eine Kollegin als Schlampe zu bezeichnen, werden Sie mich von einer Seite kennenlernen, die Sie nie für möglich gehalten hätten, Kunz. Dann mache ich Ihnen Ihre letzten Dienstjahre zur Hölle, wobei die Hölle nur das Vorwort ist. Haben Sie mich verstanden?»
    Kunz salutierte eingeschüchtert.
    «Jawohl, Herr Staatsanwalt!»
    Borer verliess den Raum. Sekunden vergingen, bis Nadine die unerträgliche Stille durchbrach.
    «Möchtest du einen Kaffee, Robert?»
    «Gern … sehr gern.»
    Nadine huschte im Gang an Borer vorbei zum Kaffeeautomaten, drehte sich rasch um und hauchte leise «Danke».
    Robert Kunz trank den Kaffee in kleinen Zügen. Die eben erfahrene Zurechtweisung zeigte Wirkung.
    «Ich wollte in keiner Weise sagen, dass du deine Arbeit nicht richtig machst, Robi. Falls ich dich provoziert habe, tut es mir leid.»
    «Das mit der Schlampe ist mir auch so rausgerutscht, entschuldige.»
    «Kein Problem, schon vergessen. Wollen wir uns über den 8. Dezember unterhalten?»
    «Ja, gut. Allerdings steht alles, was ich weiss, im Protokoll.»
    «Hast du gesehen, wie Weller erstochen wurde?»
    «Nein, ich stand mit dem Rücken zu ihm. Weller stieg aus, liess sich wie ein König im Bad der Menge feiern. Für die Gegner war das zu viel. Ich glaube sogar …»
    «Was glaubst du?»
    «Es ist nur eine Vermutung. Ich glaube sogar, dass Weller bewusst die Gegner angeheizt hat. Er wandte sich ihnen immer wieder hämisch lachend und mit beiden Daumen nach oben zeigend zu. Dadurch fühlten sie sich provoziert. Als sich dann seine Fans um ihn scharrten, verstärkte ich den Kordon bei seinen Gegnern.»
    «Woher hattest du die Leute?»
    «Die zog ich bei Wellers Anhängern ab. Er wurde ja von seinen Bodyguards beschützt. Ich dachte, dass von dieser Seite keine Gefahr besteht.»
    «Es war ja auch nicht vorhersehbar, dass ein Irrer mit dem Messer auf ihn losgeht.»
    «Mit den zusätzlichen Leuten konnte ich seine Gegner im Zaum halten. Das Chaos ging dann vollends los, als Weller niedergestochen wurde.»
    «Du konntest also den Tathergang nicht sehen.»
    «Nein. Ich drehte mich erst um, als die Leute zu schreien begannen. Da lag er aber schon am Boden. Ich bin sofort mit vier Mann zu ihm hin. Die Lage war ernst, sehr ernst. Wir konnten nicht warten, jede Sekunde zählte. Deshalb trugen wir ihn unverzüglich in einen unserer Wagen und
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