Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Titel: Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt
Autoren: Herder
Vom Netzwerk:
bisschen Musik. Bei einem Bach-Konzert klimpert er zusammen mit ein paar Profis den leichtesten Part. Die CD ist bis heute im Laden zu haben – wie alle Platten, die Udo jemals produziert hat.
    Irgendwann hat Helmut kein Bundestagsmandat mehr, weil er keines mehr will, und Udo ist seinen Plattenvertrag los, weil seine Plattenfirma es so will. Zum Trost werden Helmut und Udo am laufenden Band für ihre „Lebensleistung“ ausgezeichnet. Sie nehmen die Ehrungen dankend, aber auch mit einem Gefühl von Bitterkeit entgegen, denn sie ahnen: von einem, der für seine „Lebensleistung“ gewürdigt wird, erwartet man nichts mehr. Das wurmt sie. Und stachelt sie zum Weitermachen an.
    Helmut wird 2006 die Würde eines „Doctor honoris causa“ im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie der Philipps-Universität Marburg verliehen. „Das der Aufklärung verpflichtete Fach Philosophie erkennt in Helmut Schmidt den Philosophen im Politiker“, heißt es in der Begründung der Universität. Dabei wollte Helmut doch nie ein Philosoph sein! Wer schmückt hier wen, die der Aufklärung verpflichtete Fakultät den Altkanzler oder der Altkanzler die Fakultät?
    Udo erhält aus der Hand von Kurt Beck 2007 die Carl-Zuckmayer-Medaille für seine Verdienste um die deutsche Sprache. Und auch in diesem Fall erscheint die Begründung für die Preisverleihung leicht daneben: Carl und Udo benutzten beide die Sprache, um gegen staatliche Willkür zu kämpfen. „Der Hauptmann von Köpenick“ und Udos Pazifismus stünden in einer gemeinsamen Tradition.
    Malaisen kommen hinzu. Bei Helmut und Udo machen sich das Alter und der Lebensstil der vergangenen Jahrzehnte bemerkbar. Viel Arbeit und viele Zigaretten, wenig Schlaf und wenig Wellness – das hat ihre Tage und Nächte gekennzeichnet. Bei Helmut und Udo klopft jetzt immer wieder mal zaghaft der Sensenmann an, doch er wird jedes Mal weggeschickt. Das Leben ist zu schön, um damit aufzuhören.
    Die zwei könnten im Bewusstsein ihrer Verdienste um die Bundesrockublik Deutschland in Rente gehen. Doch sie arbeiten weiter, weil sie – als die neuen Blues-Brothers – in einer Mission unterwegs sind und diese Mission noch nicht zu Ende ist. Für die beiden heißt das: Sich selbst treu bleiben, sich weiter einmischen, rauchen, Klartext reden. Helmut mutet sich zu, weiter über die mutlosen Politiker, die auf ihn folgten, zu wettern, und wird als letzter Raucher zur Kultfigur. Udo zerschlägt ein paar seiner Sparschweine, schließt eine Handvoll Musiker in ein Studio ein und produziert eine neue CD. Mit diesen Aufnahmen im Gepäck klappert er Plattenfirmen ab und schnappt sich den besten Vertrag. Bestimmt hat er, als ihm die Plattenbosse gegenübersaßen, weder Hut noch Sonnenbrille abgenommen.
    Überhaupt hat ihn schon viele Jahre lang kein Mensch mehrohne Hut gesehen. Und ohne Sonnenbrille. Dagegen trägt Helmut seine Prinz-Heinrich-Mütze seltener als früher.
    2008 erscheint „Stark wie Zwei“, das beste Udo-Album seit vielen Jahren. Es verhilft Udo zum Pop-Comeback des Jahres. Kein Zweifel, Udo ist wieder richtig gut!
    Im selben Jahr, 2008, feiert Helmut seinen 90. Geburtstag. Rauchend und amüsiert, dankbar und schnoddrig nimmt er die vielen Glückwünsche entgegen. Kein Zweifel, Helmut ist immer noch gut!
    Auf der „Stark wie Zwei“-CD spannt Udo einen Bogen von damals zu heute, zitiert sein frühes, schönes Stück „Daumen im Wind“. 1972 und 2008. Die fröhliche Zeit der alten Bundesrepublik und die raue Gegenwart, in die Udo noch einmal zurückgekehrt ist, liegen plötzlich nah beieinander. Auch Helmut erzählt 2008 in seinem Buch „Außer Dienst“ noch einmal die alten Geschichten von damals in den Siebzigern. Die Deutschen hören Helmut immer noch und Udo wieder gebannt zu.
    Auf der „Stark wie Zwei“-CD singt Udo die Zeilen „Und ich mach’ mein Ding / Egal was die ander’n sagen“ und zitiert damit sein Lebensmotto – und das von Helmut. Helmut würde es vielleicht etwas anders formulieren, würde vielleicht sagen: „Man muss tapfer sein“, aber im Prinzip meinen beide dasselbe. Sich nicht verbiegen, den eigenen Grundsätzen treu bleiben, die eigenen Stärken und Schwächen pflegen!
    Helmut und Udo sind sich selbst treu geblieben, in ihren Stärken und Schwächen, Helmut mit seinen Zigaretten und Udo mit seinem Likör. Helmut wird mit 107 nicht mit dem Rauchen aufhören wie kürzlich Johannes Heesters, sondern qualmend das Ende des Rauchverbots
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher