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Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Titel: Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt
Autoren: Herder
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Zeit, weil ihre Angehörigen wechselvolle Biografien aufwiesen, waren die 68er mit Gerhard Schröder als Bundeskanzler, Joschka Fischer als Außen- und Otto Schily als Innenminister. Doch nach dem ersten Regierungsjahr des Kabinetts Schröder, das in den Absichten euphorisch und in der Umsetzung dilettantisch verlief, zog Ernüchterung ein.
    „Es gibt keine großen Figuren derzeit“, stellte Joachim Fest 1999 resigniert in der „Welt am Sonntag“ fest. Er erinnerte an eine Denkregel, die vom preußischen Generalstab hergekommen sei und die ihm von früh an großen Eindruck gemacht habe. Demnach soll man jedem Problem mit einer Stufenfolge von drei Fragen begegnen: Wie ist die Lage? Wie stellen wir uns auf sie ein? Wie führen wir unser Vorhaben durch? „Das ließe sich“, so JoachimFest, „noch heute jedem Politiker empfehlen“, wo doch die politische Kaste bereits in der Beschreibung der Lage versagt oder sich ebenso wie die Öffentlichkeit darüber täuscht.
    Joachim Fest hatte schon 1992, in einer Laudatio auf Willy Brandt bei der Verleihung des Dolf-Sternberger-Preises die Qualität der gegenwärtigen Politiker beklagt. Zur Fortune der Bundesrepublik habe es gehört, dass ihre Politiker über außergewöhnliche rhetorische Begabungen verfügten; er nennt unter anderen Franz Josef Strauß, Helmut Schmidt und Willy Brandt. Menschen, „die gleichsam eine Biografie besaßen und nicht nur einen Lebenslauf “. Diese Biografie habe ihnen einen großen, leidenschaftlichen Ernst gegeben.
    Damals kam die Diskussion über die neue Politiker-Generation erst in Gang. Der Politikwissenschaftler Wilhelm Hennis forderte 2004 in einem „Stern“-Gespräch, Politiker sollten „einen geistigen Führungsanspruch erheben, für ihre Überzeugungen kämpfen und nicht rumhampeln wie Westerwelle“. Wilhelm Hennis nennt Helmut Schmidt den „letzten Vertreter“ eines Politiker-Typs, der sich nach 1945 seiner Verantwortung für ein besseres Deutschland bewusst gewesen sei. „Was diesem Land von Bundeskanzler zu Bundeskanzler mehr abhandenkommt, sind Wille und Fähigkeit zu politischer Führung.“ Er sehe in der politischen Klasse niemanden, der das aufhalten könne – und wolle.
    Zu den Wenigen, die Hennis’ Urteil nicht teilen, gehört der Journalist Matthias Heine. Ebenfalls 2004 schrieb er in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Missbrauch mit dem Begriff der Persönlichkeit trieben vor allem diejenigen, die sich selbst für charismatisch hielten. Politiker wie Herbert Wehner, Franz Josef Strauß oder Helmut Schmidt hält der Autor für Egomanen, die sich selbst ziemlich gut finden und daraus das Recht ableiten, die Spielregeln gelegentlich zu ihren Gunsten auszulegen. „Auf jeden Fall jemand, den man nicht zum Freunde und erst recht nicht zum Chef haben möchte.“ Der Ruf nach Persönlichkeiten sei im Wesentlichen nichts anderes als das periodisch wiederkehrende Gejammer untergehender Geschlechter darüber, „dass die Jüngeren ihnen nicht ähnlich sehen“.
    Auch der Historiker und Konrad-Adenauer-Biograf Hans-Peter Schwarz stimmte 2004 in das vermeintlich stets „wiederkehrende Gejammer“ ein. Er konstatiert „ein Ungenügen an den Größen unserer Tage“, die – anders als noch der Forschungsgegenstand seines Lebens, Konrad Adenauer – allzu ängstlich auf Konsens abonniert seien. In ihren Seelen erahne man keine Abgründe, „sondern nur Flachland“.
    Helmut Schmidt selbst wird nicht müde, die eigene Politiker-Generation zu loben und die der Gegenwart zu kritisieren. Noch in seinem Buch „Außer Dienst“ vermerkt er, viele seiner Generation seien aus Engagement für das öffentliche Wohl Abgeordnete geworden, obgleich sie in ihrem bürgerlichen Beruf mehr verdient hätten – eine Annahme, die er gern wiederholt und die zuvorderst auf ihn selbst gemünzt ist. Heute dagegen geht es vielen „um eine gut entlohnte Karriere“.
    Das stellen die Kritisierten gar nicht in Abrede. Gerhard Schröder machte nie einen Hehl daraus, dass er sich von dem Schritt, die Politik zum Beruf zu machen, ein besseres, auskömmliches Leben erhofft hat. „Meine politische Karriere, das habe ich einzuräumen, hat auch etwas mit einem soliden Willen zu tun, aus dem herauszukommen, was ich ja nicht nur als schön wahrgenommen habe, meine Jugend und die Umgebung, in der ich zu leben hatte.“
    Helmut Schmidt hat Gerhard Schröder in seinem Gespräch mit mir einen „Karrieristen“ genannt.
    Als Angehöriger der
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