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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Telefon. Dann nickt er eine Weile, bis er schließlich fragt:
    »Sag mal, hast du was von Adam gehört? Er ist seit einer Woche nicht mehr zu erreichen. Dabei ist er gerade Juniorpartner geworden . . . das wusstest du nicht? Bullshit, du hast die Beförderung selbst unterschrieben, Tex.«
    Es fällt mir schwer, mich auf den Verkehr zu konzentrieren, denn während ich auf die Autobahn in Richtung Flughafen abbiege, traue ich meinen Ohren nicht.
    Vor einem halben Jahr, im Mai, kam Adam zu meinem Vater und wollte seinen Job.
    »Typischer Fall von jugendlichem Übermut«, erzählt er. »Aber wir waren ja damals genauso.« Mein Vater sagt, er habe Adam erklärt, dass er aus jedem Depp einen erfolgreichen Berater machen könne – »selbst aus meinem Sohn.«
    Also haben Adam und er gewettet. Der Einsatz: die Partnerstelle für Adam. Hätte ich wider Erwarten Erfolg gehabt, hätte Adam ein Jahr lang auf seine Boni verzichtet.
    »Nein«, lacht mein Vater. »Ich hätte ihn eh zum Partner gemacht. Das war doch nur ein Spruch mit Frederick. Aber manchmal läuft einfach alles perfekt.«
    Es ist kurz still in der Leitung, dann sagt mein Vater: »Nein, ich habe ihn rausgeschmissen. Du hättest dasselbe gemacht. Er ist und bleibt ein Taugenichts, damit muss ich mich wohl allmählich abfinden. Wahrscheinlich fährt er jetzt Taxi.«
    Sein Blick flackert kurz zum Rückspiegel und trifft meinen. Auch wenn wir längst auf einer dreispurigen Autobahn sind: Ich trete auf die Bremse und rolle auf den Seitenstreifen.
    »Tex, ich rufe dich zurück«, höre ich meinen Vater noch sagen. Dann hält der Wagen, ich springe heraus, laufe ums Auto und reiße die Tür auf. Kurz muss ich an Hari denken und mein Zögern, bevor ich ihn vor vier Monaten aus dem Auto und in den strömenden Regen warf. Aber diesmal habe ich so richtig Lust, meinen Fahrgast an die frische Luft zu setzen.
    »Du hast fünf Sekunden, dich hier rauszuscheren«, sage ich.
    »Frederick«, entgegnet mein Vater, »ich muss diesen Flieger kriegen.«
    »Kannst dir ja einen kaufen, wenn du am Flughafen bist. Und jetzt raus!«, rufe ich und deute auf den Seitenstreifen. Mein Vater bleibt sitzen. »Du willst mich doch nicht hier auf der Autobahn zurücklassen?«
    »Ich bin mir sicher, dass sich dahinter ein neuer Markt verbirgt«, entgegne ich und hole seinen Trolley aus dem Wagen. Mein Vater zückt sein Telefon und wählt. Ich höre, wie er ein Taxi auf die GPS-Position seines Handys bestellt. Dann steigt er aus:
    »Eine Frage noch: Hast du Adam gesehen? Bevor er seinen neuen Vertrag unterschreiben konnte, ist er verschwunden.«
    »Kann ich gut verstehen«, sage ich und lasse meinen Vater auf dem Seitenstreifen stehen.

Effizienzverlagerung
    »Bist du wahnsinnig? An deiner Stelle würde ich mich hier nicht mehr blicken lassen«, meint Jessica eine Dreiviertelstunde später. Wir stehen in einer Seitenstraße, hundert Meter von Caesar & Horn entfernt. »Dein Vater kommt jeden Moment zurück. Er hat seinen Flieger verpasst und ist stocksauer.«
    »Wie schön für dich. Aber ich muss wissen, wo Adam ist.« Jessica weicht meinem Blick aus, sieht nach unten auf ihre Fußspitzen.
    »Ich weiß es nicht, wirklich, das habe ich deinem Vater schon gesagt. Adam wird schon wieder auftauchen.«
    Sie lächelt gequält, ihr Blick flattert über mich hinweg, als würde er einer Fliege folgen, die um meinen Kopf schwirrt. Okay, ich bin nicht der bedrohlichste Racheengel, aber trotzdem stocksauer auf meinen ehemaligen Kollegen.
    »Jessica, es ist dringend. Ich weiß jetzt, was er mit meinem Vater verabredet hat, und auch, wenn es nichts bringt, einer muss ihm jetzt mal ordentlich die Meinung geigen.«
    Jessica holt tief Luft und atmet aus.
    »Es würde wirklich nichts bringen. Aber du kannst es gern versuchen. Um sieben habe ich Feierabend, dann gehe ich einkaufen. Du kannst gern mitkommen.«
    »Ich will nicht einkaufen, ich will zu Adam!«
    »Du solltest mitkommen!«, sagt Jessica. Sie überlegt kurz und zieht dann einen Zettel aus ihrer Hosentasche.
    »Du kannst auch schon vorher allein einkaufen. Hol mich einfach um sieben hier ab.«
    Widerwillig nehme ich den Zettel und mache mich auf den Weg zum Supermarkt.
    Auf ihrer Liste stehen eine Menge Fertiggerichte, die man alle mit zwei oder drei Handgriffen zubereiten kann. Dazu ungefähr ein Kilo Schokolade in verschiedenen Sorten, ein Kasten Mineralwasser, Obst und Gemüse sowie drei Flaschen Wodka. Sieht so aus, als plane sie eine Party.
    Um
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