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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso
Autoren: Stefan Wolf
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Seidentapeten und Gemälde aus dem Familienbesitz. Der Fernsehapparat
mit seinem pink-farbenen Design paßte nicht dazu, lieferte aber ein gestochen
scharfes Bild. Plätschl hatte eine Video-Kassette eingelegt. Der Film handelte
offenbar von einem schleimigen Ungeheuer, das aus der Meerestiefe aufstieg und
die Welt bedrohte — zumindest die internationale Schiffart. Der Ton war
abgedreht. Man konnte nur mutmaßen, ob das Ungeheuer grunzte, pfiff oder
bellte. Tim wandte dem Schwachsinn den Rücken zu.
    „Gestern“, sagte Glockner,
„waren die Jungs bei Ihnen, Baron, wegen des Pakets. Sie unterhielten sich mit
einem Mann — draußen am Swimmingpool. Ein südländischer Typ mit Narbe auf der
Wange. Um den geht’s. Wissen Sie seinen Namen?“ Plätschl hatte Platz angeboten,
war zu einem Sessel gehumpelt und thronte dort wie ein marzipan-farbener
Buddha, das eingegipste Bein von sich gestreckt. Plätschls untere Hälfte
steckte in einer grauen Jogginghose der Größe XL. Das linke Hosenbein hatte er
in Kniehöhe abgeschnitten.
    „Tut mir leid, Herr Kommissar.
Nein.“
    „Sie kennen den Mann nicht?“
    „Ein Fremder. Es ist mir
vollkommen fremd. Ich weiß weder, woher er kommt, noch wer er ist.“
    „Die Jungs bestätigen aber, daß
Sie sich mit ihm unterhielten.“
    „Das ist richtig. Ich war im
Garten, als er kam. Er fragte, ob er eintreten dürfe. Er habe gehört — vom
Freund eines Freundes — , daß ich einen Gärtner suche. Ein Irrtum, wie ich
gleich richtigstellte. Wir haben da jemanden, der auf Anruf kommt und alles in
Ordnung hält. Einen Bundesbahn-Angestellten mit viel Freizeit. Der verdient
sich halt was dazu. Einen Gärtner brauche ich nicht.“
    „Der Narbige muß sich doch
vorgestellt haben.“
    „Sicher. Aber da habe ich nicht
hingehört. Ein italienischer Name. Ja, es klang italienisch.“
    „Hat der Mann gesagt, woher er
kommt?“
    „Nein. Er schwatzte mir
irgendwas vor von einem tollen Garten, den er angelegt habe. Ich konnte den
Kerl abwimmeln, weil die Jungs kamen. Sympathisch war er mir nicht — irgendwie
zu glatt. Weshalb forschen Sie nach ihm?“
    „Möglicherweise — wir sind noch
nicht sicher — handelt es sich um einen Kriminellen, der heute abend ein
Verbrechen verübt hat. Dabei wurde er — wie es scheint — von meiner Tochter
beobachtet. Sie ist jetzt in seiner Gewalt. Telefonisch hat er — wohl auf Gabys
Bitte — mitgeteilt, daß sie erst Montagfrüh freigelassen wird. Der Anruf
erreichte Tim. Und Tim hat den Mann an der Stimme erkannt.“
    Plätschl ließ den Mund offen,
staunend.
    „Wie furchtbar! Ein Ganove!
Vielleicht ist er gar kein Gärtner, sondern wollte nur auskundschaften — hier
bei mir.“ Glockners Blick wanderte umher. „Ein Einbruch würde sich lohnen bei
Ihnen.“
    „Ja, wir... Meine Gemälde…“
Plätschl hob eine Faust zum Mund und biß in die Knöchel.
    „Ist Ihr Haus gesichert?“
fragte Glockner.
    „Sie meinen, ob ich eine
Alarmanlage habe. Nein, habe ich nicht. Ich dachte, weil... Wissen Sie, die
wirklichen Wertsachen verwahre ich in einem Bankschließfach. Familienschmuck
aus zwei Jahrhunderten. Der ist ungeheuer wertvoll.“
    „Darüber haben Sie doch nicht
etwa gesprochen mit dem Mann?“
    „Bewahre! Kein Wort! Wie käme
ich dazu? Was geht einen Fremden mein Schmuck an? Ich sag das nur Ihnen, Herr
Kommissar.“
    Gabys Vater war entmutigt, ließ
sich aber nichts anmerken. „Bitte, denken Sie nach, Baron! Als der Mann sich
vorstellte, haben Sie vielleicht doch hingehört. Wie klang der Name?“
    „Italienisch. Mehr weiß ich
wirklich nicht.“
    „Das war’s dann.“ Glockner
stand auf. „Vielen Dank! Und entschuldigen Sie die Störung.“
    „Jederzeit stehe ich Ihnen zur
Verfügung, Herr Kommissar.“
    Im Hinausgehen meinte Tim:
„Darf ich fragen, Herr von Plätschlweiher, bei welcher Bank Sie Ihr Schließfach
haben?“ Der dicke Freiherr runzelte die Stirn. „Warum willst du das wissen?“
    „Ist es ein Geheimnis?“
    „Nein. Natürlich nicht. Ich
wickele alle Geldgeschäfte über eine Privatbank ab. Dort habe ich auch das
Schließfach.“
    „Privatbanken“, Tim blieb
hartnäckig, „gibt es viele. Die haben auch alle einen Namen.“
    Plätschl mußte sich einen Stoß
geben, weshalb auch immer. Dann sagte er’s: „Seidl und Brinkheym. Wenn du dir
ein Sparbuch anlegen willst — dieses Geldinstitut kann ich nur empfehlen.“
     
    *
     
    Im Sauerlich’schen Kaminzimmer
war es angenehm kühl. Durch die breite Glasfront
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