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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso
Autoren: Stefan Wolf
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Wertpapiere.
    Ricardo Paccalone, der Mann mit
der Narbe, war 39, geboren in Mailand, aber ansässig seit langem in Catagnola, einem
Vorort von Lugano. Offiziell verdiente Paccalone seinen Lebensunterhalt als
Unternehmer. Doch noch mehr Geld floß ihm zu aus seinen kriminellen Coups. Er
besaß eine Auto-Werkstatt, eine Fremden-Pension mittlerer Güte, ein Eis-Cafe
und — am Seeufer — einen Bootsverleih, allerdings nur für Tret- und Ruderboote.
Motorisiert war lediglich sein Privatboot, ein flacher, rennmäßiger
Wellenflitzer, den er auf den Namen seiner Frau getauft hatte. Außerdem hatte
Paccalona eine Segeljacht von immerhin 40 Meter Länge, ein Luxusschiff. Doch
das ankerte nicht im Luganer See, sondern hatte seinen Liegeplatz in einem
kleinen Mittelmeer-Hafen, im romantischen Portofino.
    Paccalone blickte auf die Uhr
und vergewisserte sich, daß die Tür zum Chefbüro geschlossen war, Gaby konnte
nicht mithören.
    Der Mann, den er anrief, hieß
Jean-Claude Neflet. Ein Ferngespräch. Denn Neflet war in Brüssel. Dort
versuchte die Polizei seit Jahren, ihm kriminelle Machenschaften nachzuweisen.
Aber Neflet, ein durchtriebener Typ, gab sich keine Blöße. Er war Hehler,
kaufte also Diebesgut an und Beute aus Überfällen, betrieb sein Geschäft in
großem Stil und hatte einen ausgedehnten Kundenkreis in ganz Europa und auch in
Nah-Ost. Durch seine Hände ging alles, was sich zu Geld machen ließ: Gemälde, andere
Kunstwerke, Schmuck, seltene Waffen mit Liebhaber-Wert, gestohlene Pässe, sogar
Falschgeld, wenn dessen Qualität stimmte.
    Neflet war wirklich ein großer
Ganove. Und sprachbegabt. Er beherrschte Französisch, Niederländisch, Flämisch,
Italienisch, Deutsch und Dänisch.
    Jetzt meldete er sich nach dem
neunten Läuten.
    „Ich rufe an wie verabredet“,
sagte Paccalone. „Kann ich sprechen? Oder stehen gerade die Bullen neben dir?“
    „Hallo, Ricardo. Mal den Teufel
nicht an die Wand! Erst vorige Woche haben sie mich vernommen. Aus dem
National-Museum wurden fünf Gemälde gestohlen. Alte Meister. Holländer. Alle
von unermeßlichem Wert. Und die Polizisten glaubten doch tatsächlich, ich hätte
meine Hand im Spiel. Eine Unverschämtheit! Und ehrenrührig! Das habe ich ihnen
auch gesagt.“
    „Wieso ehrenrührig?“
    „Weil ich ja blöd sein müßte,
mich mit solchen Kunstschätzen abzugeben. Sie sind einmalig auf der Welt, und
jeder kennt sie. Wo sollte ich die verkaufen?“
    „Da fällt dir doch was ein“,
lachte Paccalone. „Private Sammler greifen gern zu. Du kennst Öl-Scheichs, die
über die nötigen Millionen verfügen. Von dem Diebstahl habe ich übrigens in der
Zeitung gelesen. Ich dachte: Bestimmt ist mein Freund Jean-Claude der
Auftraggeber. Mal ehrlich: Bist du’s?“
    „Selbstverständlich.“ Auch
Neflet lachte. „Aber sag’s nicht weiter.“
    „Und wer hat gekauft?“
    „Na, wer schon? Du hast es doch
selbst gesagt. Die Bilder sind längst auf der arabischen Halbinsel. Hängen
jetzt im 200-Zimmer-Palast vom Wüstenkönig Hatschiputschi Ölreservi. Er will
die Gemälde auch seinen europäischen Besuchern zeigen, aber behaupten, es wären
Fälschungen. Na, das ist seine Sache. Ich habe mein Geld. Wie läuft es bei dir?
Seid ihr drin in der Bank?“
    „Seit einer Stunde. Carlo und
Luciano schneiden gerade die Schließfächer auf.“
    „Schön, schön! Ich habe Kunden
an der Hand, die ihr Geld anlegen wollen — in Schmuck, in Goldbarren.“
    „Bringen wir alles mit.“
    „Wann kommt ihr?“
    „Gegen morgen, schätze ich,
sind wir hier fertig. Dann machen wir uns gleich auf die Socken. Nachmittags
sind wir bei dir.“
    „Hörst du mich stöhnen?
Eigentlich wollte ich weg übers Wochenende.“
    „Du bleibst da“, sagte
Paccalone. „Wir machen den weiten Weg nicht umsonst. Besorg uns Zimmer! Wieder
im selben Hotel. Wir bleiben bis Sonntagabend, nehmen dann den Nachtexpreß
Brüssel-Mailand. Montagfrüh will ich zu Hause sein.“

    „Du hast es gut. Am Luganer See
ist es sicherlich herrlich jetzt im Hochsommer. Ich war noch nie dort.“
    „Ich lad dich mal ein. Dann
kannst du dich davon überzeugen. Also, bis morgen. Sieh zu, daß du genügend
Geld im Tresor hast. Wir kommen mit vollen Händen.“

7. Tim hat die Stimme erkannt
     
    Tim hatte auch bei Viersteins
angerufen und Karl informiert. Der war jetzt auf dem Weg hierher. Aber es würde
noch dauern, bis er eintraf. Immerhin kam er vom anderen Ende der Großstadt,
und auf dem Drahtesel ist er nicht der
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