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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein
Autoren: Paul Lascaux
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Elektronikgeschäft auf Hongkong Island einen kombinierten Wecker-Taschenrechner gekauft, einen Casio Multi Alarm Clock CQ 82, ein Tischmodell mit flachen Bedienungstasten und schräg aufgerichteter Anzeige mit Hintergrundbeleuchtung. Er war 26 Jahre später noch immer im täglichen Einsatz. Es gab auch die dafür benötigten Batterien noch. Ein kleines Wunder in einer Welt, in der jede digitale Kamera mit anderen Akkus ausgerüstet war und die Speicherträger aus jener Zeit von keinem Computer mehr gelesen werden konnten. Eines allerdings hatte sich verändert: Er brauchte heute eine Brille, um die Zahlen zu entziffern.
    Möglicherweise wäre es vernünftig, sich nach einem neuen Wecker umzuschauen, bevor der Casio seinen Dienst versagte. Es gab ja letzthin Geräte, die einen nicht mehr mit lautem Grellen aus dem Schlaf rissen, sondern sanft in den Tag hinübergeleiteten, mit langsam lauter werdender Musik, dem Läuten von Kuhglocken, mit einem quakenden Frosch oder dem morgendlichen Gesang einer jungen Amsel.
    »Auf keinen Fall kommt mir so ein Wecker ins Haus«, entrüstete er sich. »Ich will mich nicht daran gewöhnen, jedes Mal zu erwachen, wenn ein Vogel pfeift.«
    Er hatte zu Leonie, seiner Freundin und Lieblingsbardame, gesprochen, die sich noch einmal umdrehte. Heinrich doppelte nach: »Millionen Milben, von deren Sozialleben wir keinerlei Ahnung haben, sind jetzt mit mir zusammen aufgewacht.«
    »Sozialleben?« Leonie saß mittlerweile im Bett und schaute sich entsetzt um. »Du meinst, die haben Sex auf meiner Matratze?«
    »Nicht nur das! Was bedeuten wir denn für diese Spinnentiere, die nur einen Zehntel Millimeter messen? Riesige schuppenbedeckte Monster, von denen ständig Hautstückchen runterfallen, ihre Hauptnahrung, die sie fressen, verdauen und deren Reste sie auf unseren Laken ausscheiden.«
    Leonies Hand zuckte zurück. Dann beruhigte sie sich wieder. »Andererseits würden wir früher oder später in unseren eigenen Hautzellen ersticken, die sich zu Staubhaufen ballen. Stell dir vor, das Monster Mensch legt sich ins Bett. Das erschüttert die Lebensgrundlage der Milben, dagegen ist ein heftiges Erdbeben ein leichtes Rütteln.«
    Das Klingeln des auf antik gemachten Telefons unterbrach ihr Gespräch.
    »Bist du bereit?«, fragte der Störfahnder.
     
    »Es ist ganz schön was los im Polizeihauptquartier Waisenhaus. Man hat mich zu einer Einsatzbesprechung bestellt. Es wird darüber diskutiert, mir den Fall wegzunehmen und eine SOKO zu gründen. Der Kommandant steht unter enormem politischem Druck«, sagte Spring, nachdem er den Wagen gestartet hatte.
    »Wieso das denn?«
    »Halt dich fest. Beide Tote sind wichtige Mitglieder der Staatserhaltenden BürgerPartei SEBP. Es herrscht Panik. Einer der Parteiexponenten hat im Büro des Chefs herumgetobt. Es geht nichts an die Öffentlichkeit, solange wir keine Fortschritte gemacht haben. Alle Abteilungen sind vorrangig mit den beiden Fällen befasst.«
    »Heißt das, wir werden über kurz oder lang abgezogen?«
    »Also, von dir und Nicole weiß vorerst niemand. Und mich werden sie wahrscheinlich weitermachen lassen wie immer. Neben der offiziellen Kommission, ohne besonderen Auftrag. In der Hoffnung, dass wir entscheidende Hinweise liefern.«
    »Und die Chefs ernten die Lorbeeren.«
    »Dafür dürfen sie mit den Politikern streiten.«
    »Und was tun wir, bis sie die Zuständigkeiten neu definiert haben?«
    »Wir machen dort weiter, wo wir angefangen haben. Schließlich haben wir einen Vorsprung von ein paar Tagen. Übrigens sind die Berichte der Rechtsmedizin reingekommen.«
    »Irgendwelche Neuigkeiten?«
    »Nur wenige. Technische Details zur verwendeten Schusswaffe: Man hat eine 9-Millimeter-Patrone gefunden, wahrscheinlich aus einer Pistole mit Schalldämpfer abgefeuert. Das legt die Rillenbildung am Geschoß nah.«
    »Und erklärt, weshalb innerhalb des Centre Dürrenmatt niemand etwas vom Mord mitbekommen hat.«
    »Fingerabdrücke negativ, das heißt nur die eigenen. Der Tote in der Wolfsgrube ist nach ein paar Stunden, der andere kurz nach dem Schuss aufgefunden worden.«
    Springs Handy piepte kurz. Er las die SMS und sagte dann: »Der Parteichef kriegt Personenschutz, zwei Beamte rund um die Uhr.«
    »Ist er gefährdet?«
    »Eher nicht, denn er stammt aus dem Kanton Zürich und hat mit den beiden Berner Opfern nichts zu tun, die sitzen ja nicht einmal im Nationalrat.«
    »Macht sich aber gut für die Presse. Fehlt nur noch, dass sie den
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