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Heinermaedsche

Heinermaedsche

Titel: Heinermaedsche
Autoren: Ann-Sophie Aigner
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Hände lagen mit den Handflächen nach oben neben seinem schlaffen Körper. Aus den Abdrücken auf seiner Brust schloss Helga, dass er sich kurz vor seinem Tod an sein Herz gefasst – vielmehr gekrallt – hatte. Sein Mund stand offen. Schaum tropfte aus dem rechten Mundwinkel. Die Augen waren weit aufgerissen und starrten zur Tür. Als ob er auf Hilfe gehofft hätte. Sie war froh, dass sein Handtuch nicht heruntergerutscht war und sein Genital entblößt hatte. So etwas schickte sich einfach nicht. Nicht einmal im Tod. Sie beließ ihn in dieser Position und entfernte das Fahrradschloss von der Tür. Danach entschied sie, erst mal die Verfilmung ihres liebsten Agatha-Christie-Krimis anzuschauen. Später war immer noch Zeit, die Polizei oder den Notarzt anzurufen. Kläuschen hatte ein schwaches Herz. Da konnte die Hitze der Sauna durchaus eine fatale Wirkung haben.
    Wer ahnte denn, dass die freundliche Helga ihren Mann so hinterrücks umbringen könnte? Voller Entsetzen schaute Eva ihre Bekannte an. Kaum bei Atem erlaubte sie sich die Frage, warum sie ihren Mann auf solch unwürdige und bestialische Art und Weise umgebracht hatte.
    Helga antwortete, dass es natürlich nur einen einzigen plausiblen Grund dafür geben konnte.
    Eva musterte ihre Bekannte fragend und gleichzeitig ängstlich. Insgeheim ahnte sie bereits, worauf diese hinauswollte. Es war grauenhaft, die erwartete Antwort dann tatsächlich aus dem Munde ihres Gastes zu hören.
    Helga flüsterte verschwörerisch: »Er hatte eine Jüngere. Ist das zu fassen? Mein Mann hatte eine junge Geliebte! Also beschloss ich, diesen Lump loszuwerden. Das verstehst du doch, oder?« Wie selbstverständlich griff Helga sich einen der Kekse, die auf dem ovalen Tisch standen.
    Doch bevor sie ihn sich in den Mund stecken konnte, bat Eva sie so ruhig wie möglich, auf der Stelle ihr Haus zu verlassen. Mit derartigen Machenschaften wollte sie nichts zu tun haben. Entsetzt schloss Eva die Haustür zweifach ab, nachdem Helga hindurchgegangen war. Auf keinen Fall wollte sie, dass diese Verrückte jemals wieder ihr Haus betrat. Ihr Herz schlug so schnell, dass sie Angst hatte, es würde gleich rausspringen. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Sie lehnte sich gegen die Eingangstür und atmete tief durch, doch es gelang ihr nicht, sich zu beruhigen.
    In ihrer Wut wusch Eva erst einmal ab. Sie vernichtete alle Spuren ihres Besuches gründlich und versuchte, sich so abzulenken. Sie zwang sich, Helgas Worte zu vergessen und nicht mehr darüber nachzudenken. Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es ihr endlich. Seit diesem Nachmittag hatte Eva nie wieder an einer Probe dieses Chors teilgenommen und war stattdessen dem Kirchenchor beigetreten. Helga mied sie seither konsequent.
    Und jetzt, als Eva im Ankleidezimmer auf dem Teppich saß und über ihren ungeheuerlichen Fund nachdachte, konnte sie Helgas Verhalten sogar ein bisschen nachvollziehen. Insgeheim fand sie Helgas Lösung gar nicht so schlecht. Wie Hermann wohl aussehen würde, wenn er in einer Sauna einen tödlichen Hitzschlag erleiden würde? Wäre es überhaupt einer oder würde er eher an Dehydrierung sterben? Eigentlich ganz egal, nur das Ergebnis zählte. Vor lauter Schreck, sich selbst bei solch verwerflichen Gedanken ertappt zu haben, setzte ihr Herz für einen Schlag aus. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen: eine Jüngere. Natürlich. Hermann hatte eine Geliebte.
    Das saß. Eva war nicht mehr blutjung, aber zählten die gemeinsamen Erlebnisse während der langen Ehe denn gar nichts? Was sollte sie nur machen, wenn Hermann sie durch eine andere ersetzen wollte? Ihn umbringen? Sie erschrak bei diesem Gedanken.
    So weit wollte Eva nun doch nicht gleich gehen. Aber was sollte sie tun? Ihn mit diesem ekelhaften Haar konfrontieren oder Stillschweigen darüber bewahren? Es graute ihr, ihren Fund noch einmal zwischen die Finger zu nehmen. Sie war indes nicht mehr in der Lage, die Kleidung weiterzusortieren und legte sie weg, um sich auf die Lösung für ihr haariges Problem zu konzentrieren. Wie sollte sie das anstellen? Es kam lediglich eine Vorgehensweise infrage. Die musste allerdings gut vorbereitet werden.
    Geschickt wollte sie Hermann in ein scheinbar harmloses Gespräch verwickeln. Schon oft hatte Eva es verstanden, die Entscheidungen ihres Mannes zu lenken, um ihre Ziele zu erreichen, ohne dass er ihre Manipulation durchschaute. Sie nannte das ›mit den Waffen einer Frau gut umzugehen‹.
    Um mehr Informationen über den
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