Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Buchhalter, der Kassierer, der für den Bahnbetrieb Verantwortliche, fanden ihre Namenskarten an diesem Tisch, an den sich keiner setzen sollte, den Henry nicht dafür vorgesehen hatte. Daisy-Vicky kam und fragte nach den Wünschen der Herren. Joe bestellte für den ganzen Tisch.
    Als sich der Ingenieur nach den Gefährten seiner Pionierzeit und nach der übrigen Prominenz der Kundschafter und Prärieläufer umsah, stellte er fest, daß für diese an den nächsten beiden Tischen, der Saalmitte zu, gedeckt war. Bloody Bill hatte sich schon eingefunden und seine lange Lilly mitgebracht. Auch Charlemagne tauchte auf, und Red Jim ließ sich sehen, groß, breitschultrig, neu in Leder eingekleidet, mit allen Waffen, ausgenommen die Büchse. Auch die beiden anderen Männer hatten Messer und Revolver bei sich. Dann kam Mattotaupa. Er hatte das Haar glatt gelegt und neu geflochten, und die Schlangenhaut, die um die Stirn lief, hielt am Hinterkopf zwei Adlerfedern, die der ehemalige Häuptling nur sehr selten anlegte. Er hatte einen schön gestickten Rock angezogen, der lose über den Gürtel hing. Die Stickerei zeigte nicht die bei den Dakota gebräuchlichen Muster und Farbzusammenstellungen. Der Rock war in einem Panidorf für Mattotaupa angefertigt worden. Das wußten die wenigsten, von den Weißen wußte es keiner. Mattotaupa war sehr groß und eine würdige und stolze Erscheinung, nicht nur durch seine Kleidung, sondern auch durch eine gestraffte Haltung, die er an diesem Abend annahm. Red Jim beobachtete den Indianer aus einiger Entfernung und fragte sich: Was ist plötzlich wieder in ihn gefahren? Er schaut um sich wie ein Häuptling, der Gäste empfängt; nicht wie ein Indsman, der als alter Kampfgefährte trotz einiger Bedenken wohl oder übel noch eingeladen wird. Auch Harka zeigte sich, ein paar Schritte hinter dem Vater zurück. Er war kaum mehr kleiner, aber noch jugendlich-schlanker als der Vater. Er hatte keinen Rock an, da er einen Sommerrock überhaupt nicht besaß, sondern nur den im Winter unentbehrlichen Pelzrock. Mattotaupa hatte wohl empfunden, daß aus Harkas Weigerung, sich einen Festrock für den Sommer arbeiten zu lassen, seine Verachtung für die weißen Männer sprach. Harka hatte in diesem Punkte eigensinnig auf seinem Standpunkt beharrt. Sein nackter Oberkörper war sehr gut eingefettet, nicht nur für den Kundschaftsgang, den er hinter sich hatte, sondern nochmals für die bevorstehende Feier. Er war glatt wie eine Schlange; keine Hand konnte ihn so leicht festhalten. Die Büffelhautdecke, die mit den Taten seines Vaters als Kriegshäuptling der Bärenbande bemalt war, hatte er über die Schulter um Brust und Rücken geschlagen. Niemand konnte ohne weiteres sehen, was für Waffen sich unter der Lederdecke verbargen. Seinen Platz wählte der junge Indianer so, daß er den Tisch mit Joe Brown und den Ingenieuren im Rücken hatte und die Grenzer alle vor sich. Er setzte sich noch nicht, da die meisten anderen sich auch noch nicht gesetzt hatten. Aber er stellte sich so an den Tisch, daß ihm der gewünschte Platz gesichert blieb.
    Die Musik spielte; der Zigeunerprimas ging zu den Gästen in der Nähe des Podiums und sang zu seiner Geige. Die ersten fingen an zu lachen und zu trinken und mit ihren Bechern zu Joe hinüberzugrüßen. Dieser erhob sich und dankte. Eine Rede gedachte er nicht zu halten.
    Mattotaupa ging zu Joe Brown und sagte ein paar leise Worte zu dem Ingenieur. Brown hob rasch den Kopf, erstaunt, erfreut, und winkte die Kellnerin her, deren fettige Haut schon Schweißtropfen absonderte, ehe der Betrieb richtig begonnen hatte. »Daisy«, sagte er, »für dich und deine Kollegen: An den beiden Tischen vor uns wird auf Tops Kosten getrunken. Verstanden?«
    Das Mädchen schaute zweifelnd an dem Häuptling hinauf. »Wenn die das erst merken, an den zwei Tischen, Top, dann hast du morgen früh eine Rechnung, für die du dir eine Farm kaufen könntest! Kannst du so viel zahlen?«
    Der Indianer lächelte wohlwollend, überlegen, öffnete den Lederbeutel ein wenig und ließ das Mädchen einen Blick hinein tun.
    »Donnerwetter … Top … du … wer hätte das geahnt!« Daisy-Vicky wurde über und über rot, und ihre Augen strahlten, als ob sie ein Wunder gesehen habe.
    Mattotaupa gab ihr eine Münze im voraus. »Das ist für deine Arbeit«, sagte er.
    Das Mädchen war daraufhin sofort bei den beiden Tischen. Sie stellte sich neben Mackie, der Charlemagnes Nachbar geworden war. »Bestellen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher