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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn
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Finanzberater«.
    Genau, und weiter im Süden bedeutet es »von Geistern besessener Heiliger«, oder »Kanalisationsabfluss«. Genug von dieser Detektivscheiße. Du hast gehört, was der Mann gesagt hat – du bist spät dran.
    Ich legte einen Handballen unter den Rollladen, schob ihn hoch und unterdrückte eine Welle reißender Schmerzen in meiner Wunde, so weit das synthetische Nervensystem meines Sleeves es zuließ. Der Rollladen ratterte geräuschvoll nach oben. Licht fiel auf die Straße und hüllte mich ein.
    »N’Abend.«
    »Lieber Himmel!« Der mit dem Millsport-Akzent fuhr einen Schritt zurück. Er hatte nur ein paar Meter vom Rollladen entfernt gestanden, als er hochgegangen war.
    »Tak.«
    »Hallo, Plex.« Ich wandte den Blick nicht vom Unbekannten ab. »Was ist das für ein tan?«
    Im selben Moment wurde mir die Antwort auf meine Frage klar. Ein bleiches, maßgeschneidert gut aussehendes Gesicht wie aus einem billigen Experia-Film, irgendwo zwischen Micky Nozawa und Ryu Bartok. Wohlproportionierter Kampfsleeve, kräftige Brust und Schultern, lange und bewegliche Gliedmaßen. Aufgestelltes Haar in jenem Stil, den man derzeit auf den Bioware-Laufstegen pflegte: Dieser hochgezwirbelte Statik-Look, der aussehen soll, als wäre der Sleeve gerade aus einem Klontank gezogen worden. Seine Anzugtaschen und die Art, wie er sich in seiner Kleidung bewegte, ließen auf versteckte Waffen schließen. Seine Körperhaltung verriet, dass er nicht darauf vorbereitet war, irgendeine dieser Waffen einzusetzen. Eine Kampfstellung, die mehr nach Bellen als nach der Bereitschaft zum Beißen aussah. Er hielt immer noch die leere Mikropfeife in der halb geschlossenen Hand, und seine Pupillen waren bis zum Anschlag aufgerissen. Als Zugeständnis an alte Traditionen hatte er Illuminiumschnörkel auf eine Stirnhälfte tätowiert.
    Ein Millsport-Yakuza-Lehrling. Straßenschläger.
    »Nennen Sie mich nicht einen tani«, zischte er. »Sie sind hier der Außenseiter, Kovacs. Sie sind der Eindringling.«
    Ich hielt einen Teil meiner Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet und blickte zu Plex, der bei den Werkbänken stand, an einem Knäuel aus Halteriemen herumfummelte und sich um ein Lächeln bemühte, das auf seinem gelangweilten Aristogesicht einfach nicht haften wollte.
    »Hör zu, Tak…«
    »Das hier sollte eine reine Privatparty werden, Plex. Ich habe dich nicht gebeten, irgendwelche Subunternehmer einzustellen.«
    Der Yakuza-Typ zuckte ungehalten. Offenbar hielt er sich nur mit Mühe zurück. Ein rauer Laut kam tief aus seiner Kehle. Plex sah aus, als stünde er kurz vor einer Panikattacke. »Warte, ich…« Mit sichtlicher innerer Anstrengung legte er das Riemenbündel weg. »Tak, er ist wegen etwas anderem hier.«
    »Er ist in meiner Zeit hier«, gab ich ruhig zurück.
    »Hören Sie zu, Kovacs. Sie verdammter…«
    »Nein.« Ich blickte wieder den Yakuza-Schläger an und hoffte, dass er die Intensität meines Tonfalls richtig interpretierte. »Wenn Sie mich kennen, sollten Sie mir lieber nicht in die Quere kommen. Ich bin hier, um mich mit Plex zu treffen, nicht mit Ihnen. Und jetzt hauen Sie ab.«
    Ich wusste nicht, was ihn abhielt – mein Envoy-Ruf, jüngste Nachrichtenmeldungen aus der Zitadelle – davon dürften die Kanäle jetzt voll sein, bei der verdammten Schweinerei, die du da oben angerichtet hast – oder einfach nur ein kühlerer Kopf, als sein schlecht gekleidetes Punk-Image vermuten ließ. Einen Moment lang zögerte er angespannt am Rande eines Wutausbruchs, dann zog er sich zurück und schob das Gefühl beiseite, ließ es in einem kurzen Blick auf die Fingernägel seiner rechten Hand und in einem Grinsen aufgehen.
    »Klar doch. Bringen Sie hier erst mal Ihr Geschäft mit Plex zu Ende. Ich warte draußen. Dürfte ja nicht allzu lange dauern.«
    Er ging sogar die erste Stufe in Richtung Straße hinunter. Ich blickte mich zu Plex um.
    »Was, zum Henker, hat er damit gemeint?«
    Plex zuckte zusammen.
    »Wir… äh… wir müssen da was umorganisieren, Tak. Wir können nicht…«
    »O nein.« Aber als ich mich in der Halle umsah, konnte ich die Wirbelmuster im Staub erkennen, wo jemand einen Gravheber benutzt hatte. »Nein, du hast gesagt…«
    »Ich… ich weiß, Tak, aber…«
    »Ich habe dich bezahlt.«
    »Ich gebe dir das Geld z…«
    »Ich will mein Scheißgeld nicht zurück, Plex.« Ich starrte ihn an und kämpfte den Drang nieder, ihm die Kehle aufzureißen. Ohne Plex gab es keinen Upload. Und ohne Upload… »Ich
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