Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Autoren: Edmund Crispin
Vom Netzwerk:
darüber) und kämpfte sich zur Theke durch, an die er sich mit der Entschlossenheit eines schiffbrüchigen Matrosen klammerte, der das rettende Ufer erreicht hat. Die dahinter lauernden Sirenen erfreuten sich relativer Bewegungsfreiheit und führten gerade eine freundliche Unterhaltung mit Stammgästen. Aufmerksamkeit heischende, bohrende Blicke und verzweifelte Rufe blieben meistenteils erfolglos. Manche spielten auffällig mit Münzen, in der Hoffnung, daß die Zurschaustellung von Wohlstand und Zuversicht diese Gestalten in Bewegung setzen würde. Geoffrey stand neben einem zwergwüchsigen Handelsvertreter, der eines der Barmädchen in den Genuß einer weitschweifigen Geschichte über die Nachteile früher Vermählung kommen ließ, wobei er offenherzig sich selbst und viele Freunde und Verwandte als Beispiel anführte. Indem Geoffrey ihn rüde beiseite schob, gelang es ihm schließlich, etwas zu trinken zu ergattern.
    Fielding tauchte so unvermittelt wieder auf, wie er verschwunden war, in Sportsakko und Flanellhose gekleidet und mit einem Koffer in der Hand. Er erklärte ganz außer Atem, daß er rasch in seine Wohnung gefahren war, und verlangte ein Bier. Erneut wurde das Ritual des inbrünstigen Flehens inszeniert. » Reisen «, sagte Fielding nachdrücklich.
    »Ich hoffe, wir müssen nicht in ein Abteil, wo kleine Kinder sind«, sagte Geoffrey düster. »Wenn sie nicht gerade kreischen und auf mir herumklettern, müssen sie sich garantiert übergeben.«
    Es waren kleine Kinder da – zumindest eines –, aber das Erste-Klasse-Abteil, in dem es sich befand, war das einzige mit zwei freien Plätzen – einer davon in der äußersten Ecke, auf den Geoffrey sogleich zum Zeichen, daß er besetzt war, sein Gepäck warf. Dann machte er sich daran, mit Hilfe von Fielding und unter den interessierten Blicken der anderen Leute im Abteil, Fens Schmetterlingsnetz auf das Gepäcknetz zu befördern. Es war einfach zu lang. Geoffrey beäugte es mit Abscheu: Es wuchs in seinen Augen zu einem monströsen Symbol für die Lästigkeit, Schande und Absurdität dieses grotesken Unternehmens.
    »Lehnen Sie’s doch aufrecht ans Fenster«, sagte der Mann, der Geoffrey in der Ecke gegenübersaß. Er war noch dicklicher und rotgesichtiger als Fielding. Als Geoffrey ihn betrachtete, kam er sich vor wie ein Mann, der stolz mit seiner Amati angibt und plötzlich eine Stradivari vor die Nase gehalten bekommt.
    Sie befolgten seinen Rat; jedesmal, wenn einer die Füße bewegte, fiel das Netz um.
    »Wie kann man nur so ein Ding mit in den Zug bringen«, sagte die Frau mit dem Kind sotto voce .
    Schließlich wurde beschlossen, daß Netz quer durchs Abteil zu legen, von einem Gepäcknetz zum anderen. Alle standen auf – nicht gerade mit Begeisterung, da es so heiß war –, um diese Idee in die Tat umzusetzen. Eine Frau, die in einer anderen Ecke saß, mit einem Gesicht so weiß und pockennarbig wie eine gerupfte Hühnerbrust, schob nörgelnd ihr Gepäck beiseite, um Platz zu machen. Dann nahm sie wieder Platz und schirmte sich unnötigerweise gegen die Menschen um sich herum mit einer wollenen Reisedecke ab, so daß Geoffrey allein schon vom Hinsehen ins Schwitzen geriet. Mit einer gehörigen Portion teils unverständlichen gegenseitigen Aufmunterungen und Ermahnungen wie »Rauf damit« und »Jetzt ganz vorsichtig« hievten Geoffrey, Fielding, der dicke Mann und ein junger Geistlicher, der den letzten Eckplatz in Beschlag genommen hatte, das Netz an Ort und Stelle. Das Kind, das bis dahin ruhig gewesen war, wachte auf und begann, einen laufenden Kommentar aus Schnaufern und Gekreische von sich zu geben; es grunzte wie das Ferkel-Baby in Alice im Wunderland , bis sie schon damit rechneten, daß es vor ihren Augen seine Gestalt ändern würde. Die Mutter rüttelte es unbarmherzig durch und funkelte die Unruhestifter böse an. Leute auf der Suche nach einem Platz spähten in das Abteil und versuchten die Zahl derjenigen abzuschätzen, die an dem Durcheinander beteiligt waren. Einer öffnete sogar die Tür und fragte, ob noch ein Platz frei sei, ging aber weiter, als er mit Mißachtung gestraft wurde.
    »Unmöglich!« sagte die Frau mit dem Kind. Sie schaukelte es noch heftiger auf und ab und verstärkte dessen Geräusche noch, indem sie beruhigende Gurrlaute machte.
    Das Netz lag inzwischen an beiden Enden sicher auf und war mehr oder weniger praktisch verstaut, nur daß jeder, der unvorsichtigerweise aufstand oder das Abteil betrat, sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher