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Heidenreich, Elke- Nero Corleone kehrt zurueck

Heidenreich, Elke- Nero Corleone kehrt zurueck

Titel: Heidenreich, Elke- Nero Corleone kehrt zurueck
Autoren: Unbekannt
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Romeo, der aus Mailand stammte, von einem Züchter
— dabei gab es so viele herrenlose, herumirrende Hunde, die ein gutes Zuhause brauchen
könnten, aber das war mit Clara nicht zu machen, es musste immer alles vom Besten
sein. Für die geplante Hochzeit wusste sie schon ganz genau, wo man die Betten und
wo die Küche kaufte, wie das Bad gekachelt werden müsste und welches Geschirr von
der Familie zu schenken sei, und das Wichtigste war natürlich das Brautkleid, bloß
nichts hier aus dem Ort, aus Mailand musste es sein, und Danilo verdrehte die Augen,
und Clara fragte: »Wie war dein Hochzeitskleid?«
    »Ich hatte keins«, sagte Isolde,
und Clara riss die Augen auf. Isolde erzählte von der Studentenhochzeit damals,
in einem lila Minikleid, mit allerdings silbernen Schuhen, Robert in schwarzer Lederjacke,
weißes Hemd, aber kein Schlips. »Boheme«, sagte Clara, und es klang wie eine Mischung
aus Abscheu und Bewunderung, und Danilo rief: »Siehst du, es geht ohne dieses ganze
Theater!«, und sie sagte streng: »Pass du lieber auf, dass du nicht von der Leiter
fällst«, und sie rollte die Augen: »Männer!«
    Romeo sollte zur Hochzeit eine
weiße Schleife kriegen, auch das war schon geplant, und dann war Danilo fertig,
drückte den Schalter, und der rote Glaslüster warf ein warmes, schönes Licht durchs
Zimmer.
    »So einen will ich auch«, sagte
Clara, »im Schlafzimmer! Damit es da romantisch ist!« Und Isolde erzählte, dass
der aus Berlin sei, aus einem ganz besonderen Kaufhaus mit verrückten Sachen. »Das
gibt es auch in Venedig«, sagte Clara. »Unsere Hochzeitsreise geht sowieso nach
Venedig, da kaufen wir einen.«
    Romeo rannte plötzlich zur Tür
und bellte und bellte und wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Clara schimpfte
mit ihm, und Isolde öffnete die Tür und rief hinaus ins Dunkle: »Ist da jemand?«
Aber da war nichts, vielleicht nur ein kleines Bauschen in den Büschen, und hatte
da etwas gemaunzt? Schon möglich, hier liefen viele Katzen herum. Allmählich beruhigte
sich Romeo wieder.
    Danilo setzte sich mit an den Tisch,
und beim nächsten Glas Wein rückten die beiden mit ihrer Bitte heraus: Würde Isolde
einer ihrer Trauzeugen sein? Der andere war Danilos Bruder Sebastiano, aber wenn
sie bereit wäre, jetzt, wo sie doch hier wohnte ...
    «Meine Schwestern sind so blöde«,
sagte Clara, »und alle so dick, wie sieht denn das aus. Aber du, mit einem schönen
Hut ... würdest du das machen?«
    Isolde war sehr gerührt und versprach,
es zu machen, sie freute sich über die Ehre und überlegte schon, was sie schenken
sollte, aber Clara kam ihr zuvor und hatte an alles gedacht:
    »Bei Montani, du weißt schon, in
diesem Haushaltswarenladen in der Via Garibaldi, liegen Listen aus, da kannst du
dich eintragen mit einem Geschenk. Wir haben alles genau aufgeschrieben.«
    Isolde kannte solche Listen: sechs
Küchenmesser, ein Fleischbeil, vier Siebe, zwölf Cognacschwenker, ein Badezimmerteppich,
weiß, zwölf Kuchengabeln, drei Fleischplatten, ein Dampfkochtopf. Es war immer
dasselbe, und am Anfang war alles neu und strahlend und schön, die Küche wurde eingerichtet
mit lauter frisch ausgepackten Sachen, und im Laufe der Zeit kamen Bisse und Sprünge
und erste Scherben, wie in der Küche, so in der Liebe. Robert und sie hatten damals
alles Nötige auf dem Flohmarkt zusammengekauft. Die Tassen waren noch da, die Liebe
nicht. In einem Lied hatte sie mal gehört:
     
    »All die Mauern und die Zäune
    waren mein Tagebuch.
    Mit Kreide vollgeschmiert,
    mit Herzen und mit Pfeilen.
    Ich war gerade zehn.
    Die Herzen sind verlöscht,
    die Pfeile blieben stehn.«
     
    Seit vielen Jahren gingen ihr Text
und Melodie im Kopf herum, Andre Heller hatte das gesungen, und in Andre Heller
und seine melancholische Eleganz war sie immer ein bisschen verliebt gewesen.
    »Woran denkst du?«, fragte Clara,
und Isolde sagte: »An Mauern mit Pfeilen«, und Clara verstand nicht und dachte,
dass Isolde jetzt, wo sie hier lebte, aber endlich mal richtig gut Italienisch
lernen müsse.
    Danilo schloss noch Computer und
Stereoanlage an, Romeo bekam den letzten Rest deutscher Fleischwurst, dann verabschiedeten
sich die beiden, und Isolde saß da unter ihrem roten Glaslüster und beschloss, Robert
zu fragen, ob er so einen noch mal auftreiben könnte, er kam öfter nach Berlin,
und sie hatte einfach keine Lust, zwölf Kuchengabeln zu schenken.
     
    In dieser Nacht konnte sie nicht
schlafen. Vielleicht war sie einfach nicht müde
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