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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie
Autoren: Udo Tietz
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Satzes als dessen Bezug anzusehen, und wenn man schließlich auch noch davon absieht, daß Frege den Wahrheitswert als einen Gegenstand ansieht, also bedeutungsvolle Sätze als Namen von Wahrheitswerten, was sich aus der Tatsache erklärt, daß Frege nur zwei ontologische Grundkategorien kennt, nämlich Gegenstände und Funktionen, wenn man also von diesen Problemen einmal absieht, dann können wir feststellen, daß Freges Analyse des Gedankens, trotz des behaupteten Vorrangs des Gedankens gegenüber der Sprache, durch eine Analyse der Sprache effektiv bewerkstelligt wird, insofern der Begriff der Struktur des Satzes und der Begriff der Struktur des Gedankens zusammen entwickelt werden. Und daher ist es bei Frege auch ausgeschlossen, daß die Struktur des Gedankens ohne Bezugnahme auf sprachliche Ausdrücke, genauer auf Sätze, untersucht wird.
    Anders bei Heidegger. Zwar verstößt auch er den Gedanken aus dem Bewußtsein, denn der »Urteilssinn« ist analog zu Freges »Gedanken« kein Bestandteil des Bewußtseinsstroms. Zwar meint auch er, daß der »Urteilssinn« nicht privat, sondern objektiv ist, so daß uns der »Urteilssinn« nicht in der gleichen Weise gehört wie unsere je eigenen Vorstellungen – und da Heidegger, ebenfalls analog zu Frege, nur Objektives und Subjektives kennt, denn auch innerhalb der Phänomenologie verfügte man noch nicht über den Begriff der »Intersubjektivität«, wird der »Urteilssinn« als Geltendes bestimmt. Im [30] Gegensatz zu Frege jedoch geht Heidegger das Bedeutungsproblem mittels einer Theorie der intentionalen Akte an.
    Den frühen Heidegger und die Logistik verbindet also zunächst ein
antipsychologistischer Sinnbegriff
. Der Sinnbegriff stellt gewissermaßen die Klammer dar, die Heidegger, Frege und Wittgenstein im Kampf um eine antipsychologische Logikfundierung als Verbündete zusammenhält. Dieser Begriff wird aber auf unterschiedliche Weise erläutert: bei Heidegger über den Geltungsbegriff, bei Frege und Wittgenstein über den Wahrheitsbegriff – womit Frege und Wittgenstein den
linguistic turn
einleiten. 24 Während Frege und der frühe Wittgenstein eine
Theorie der Intentionalität
bei der Erklärung des Sinnes als psychologismusverdächtig zurückweisen, glaubt Heidegger das Bedeutungsproblem intentionalitätstheoretisch lösen zu können. Wie für Husserl steht auch für Heidegger das Axiom der Intentionalität der Bewußtseinsakte so unverbrüchlich fest, daß er keinerlei Notwendigkeit sieht, dieses Axiom in bedeutungstheoretischer Hinsicht an Einzelfällen unter Beweis zu stellen. 25 Gemäß der Grundthese der intentionalistischen Semantik geht Heidegger davon aus, daß das, was der Sprecher in einer gegebenen Situation mit einem verwendeten Ausdruck meint, als fundamental gegenüber einer intersubjektiv geteilten Sprache zu betrachten sei.
    Es ist der Primat der Bewußtseinsintentionalität, der Heidegger analog zu Husserls Bedeutungstheorie zu der mentalistischen Reduktion sprachlicher Bedeutungen auf eine nichtsprachliche Bewußtseinsintentionalität zwingt. Denn im Gegensatz zu Frege und dem frühen Wittgenstein, die von den Bedingungen ausgehen, unter denen ein Satz wahr ist, will Heidegger den Bedeutungsgehalt einer Äußerung allein durch die intentionalen Leistungen erklären, mit denen ein Sprecher einen Ausdruck in einer gegebenen Situation äußert. Geleitet von der Intuition, daß auch die Sprachverwendung nur eine Erscheinungsform der Souveränität eines solipsistisch autarken Bewußtseins darstellt, das auch für die ursprüngliche Konstitution allen sprachlich ausdrückbaren Sinns [31] verantwortlich zeichnet, wird so die Frage danach, was für die Begründung einer Bedeutungstheorie fundamentaler sei: die im Sinne einer intersubjektiven Praxis geteilten Bedeutungen oder die Bedeutungen, die den Zeichen durch eine vorsprachliche Bewußtseinsintentionalität verliehen werden, indem diese Bedeutungen mit dem physischen Zeichensubstrat verbunden werden, intentionalistisch beantwortet. Und indem der transzendentalen Subjektivität diese Souveränität zugeschrieben wird, eine Souveränität, die sich gegenüber den eingespielten Interaktionszusammenhängen, in denen sprachliche Ausdrücke eine praktische Funktion erfüllen, darin bekundet, daß sie den Gegenständen beliebig Namen zuordnet und den Zeichen Bedeutungen beilegt – denn genau dies besagt die These von den »bedeutungsverleihenden Akten« –, verliert die Sprache beim frühen
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