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Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Titel: Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)
Autoren: François Lelord
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aus«, sagte der alte François. »Er ist, wie soll ich sagen … geheimnisvoller. Für mich wird dieser Hügel, die Montagne Sainte-Geneviève, die im Grunde das Herz von Paris ist, immer die beiden anderen übertreffen, sowohl den von Chaillot als auch den von Montmartre.« Und zur Bekräftigung seiner Worte stampfte er auf die Steinplatte unter seinen Füßen.
    Und jetzt erst merkte Hector, dass er alle diese drei Erhebungen in kaum einem Monat besucht hatte. Sollte darin ein verborgener Sinn liegen?
    Auf dem Hügel von Chaillot, gegenüber vom Trocadéro, hatte ihm der alte François offenbart, dass er mit jemandem über seine Midlife-Crisis sprechen müsse.
    Auf dem Hügel von Montmartre hatte ihn Robert zum Zeugen von Denises Untreue werden lassen, und Hector hatte ihm sein eigenes Verhältnis mit einer jungen Bewunderin offenbart …
    Und heute, auf der Montagne Sainte-Geneviève, was würde ihm der alte François da offenbaren?

Hector ist traurig
    Hector und der alte François überquerten den gepflasterten Vorplatz des Pantheons und gingen rechter Hand in der Rue Soufflot einen Kaffee trinken. Von der Terrasse des Cafés, das passenderweise Café Soufflot hieß, konnte man das Pantheon bewundern, aber auch die Kirche Saint-Étienne-du-Mont, ein Wunderwerk der Gotik, das sich ein wenig im Hintergrund hielt und mit seiner erhabenen und zurückhaltenden Schönheit das Pantheon vergleichsweise ein wenig aufdringlich wirken ließ.
    Die Sonne hatte sich versteckt, und hin und wieder strich ein kühler Windstoß über die Terrasse. Hector fragte sich, ob der alte François nicht lieber drinnen sitzen würde, aber sein Freund sagte noch einmal »Mehr Licht!« und wollte auf der Terrasse bleiben. Hector bestellte ein Glas Saint-Émilion, der alte François ein Glas Chablis, und dazu nahm jeder noch ein Glas Wasser und ein Schälchen Erdnüsse, damit sie den Wein nicht zu schnell austranken.
    »Wie geht es Ihnen, lieber Freund?«, fragte der alte François und schaute Hector dabei nachdenklich an, um ihm zu zeigen, dass es nicht nur eine Höflichkeitsfrage war.
    Hector war hin und her gerissen: Einerseits hätte er sich dem alten François gern anvertraut, aber zugleich fürchtete er sich davor, seinen alten Freund traurig oder besorgt zu machen oder schlimmer noch: ihn zu erzürnen.
    »Quälen Sie sich nicht herum«, sagte der alte François, »ich weiß Bescheid.«
    Und Hector spürte, wie eine große Last von ihm wich, und im selben Augenblick verzogen sich die Wolken, und ein Sonnenstrahl ließ den Glockenturm von Saint-Étienne-du-Mont aufblitzen.
    Später sagte der alte François: »Eigentlich habe ich gleich begriffen, dass diese Geschichte unvermeidlich war, schon beim ersten Mal, als Sie und Ophélie einander begegnet sind, wissen Sie noch, im Lutetia? Wie zwei Asteroiden, deren Zusammenprall ein Astronom vorhersagt – und sehe ich nicht aus wie ein alter Astronom?«
    »So unvermeidlich war es gar nicht! Ich hätte ja widerstehen können.«
    »Ja, wenn Sie sie nicht wiedergesehen hätten …«
    Hector fand, dass der alte François recht hatte. Und führe uns nicht in Versuchung , sagte das Gebet, das er als kleiner Junge gelernt hatte. Vielleicht hatte er es seitdem nicht oft genug aufgesagt?
    Und plötzlich wurde ihm alles klar: Ophélies Interview mit ihm, das Abendessen nach dem Theater, der Besuch in der Ambulanz …
    »Aber Sie selbst haben unsere Begegnungen ja gefördert. Und dabei wussten Sie die ganze Zeit, dass …«
    Der alte François lächelte. »Sagen wir, dass ich ein wenig … zu Späßen aufgelegt war, nicht wahr? Ein alter Spaßvogel, wie man so sagt?«
    Hector konnte es kaum fassen. Der alte François konnte sich doch niemals damit amüsiert haben, mit seinem und Ophélies Leben zu spielen!
    »Na schön, Spaß beiseite, mein lieber Freund. Es ist eine ernste Stunde – wenn auch vielleicht wieder nicht so ernst, aber ich will es Ihnen erklären.«
    »Warten Sie … ich möchte selbst darauf kommen. Sie haben also das Verhältnis zwischen Ophélie und mir tatsächlich befördert?«
    »Natürlich«, erwiderte der alte François, »das gebe ich gern zu.«
    Und dann erklärte er seinem Freund, er habe von Anfang an gewusst, dass Hector seine Clara niemals verlassen würde und dass somit keine Gefahr für ihn bestand.
    Hector fand, dass dieser Punkt eine ausführlichere Diskussion verdiente; er wusste nicht einmal, in was für einem Zustand er sich bei Claras Rückkehr befinden
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