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Hebt die Titanic

Hebt die Titanic

Titel: Hebt die Titanic
Autoren: Clive Cussler
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zehn Jahre alt war. Daraus ziehst du als Möchtegern-Psychiater deine Schlüsse.«
    »Nicht nur daraus«, sagte er so sanft wie zuvor. »Deine Mutter spielt dabei auch eine Rolle. Ihr Leben hinter der Bar und ihre Männergeschichten. Du und dein Bruder sind sehr vernachlässigt worden, und schließlich seid ihr von daheim durchgebrannt. Ihm ist das schlecht bekommen.«
    »Du brauchst mich nicht daran zu erinnern, daß mein Bruder jetzt lebenslänglich hinter Gittern sitzt.«
    »Das habe ich nur erwähnt, weil ich stolz darauf bin, was du aus deinem Leben gemacht hast.« Er strich besänftigend über ihr Haar. »Du hast dich ohne fremde Hilfe durch College und Hochschule gebracht. Ja, deine Kindheit war schrecklich, Dana, und deshalb schreckst du davor zurück, ein Baby zu bekommen. Aber begreif doch: ich spreche von der Zukunft – nicht von der Vergangenheit. Warum willst du nicht einem Sohn oder einer Tochter einen schöneren Weg ins Leben ebnen?«
    »Weil ich nicht an solche schönen Zukunftsvisionen glaube«, sagte sie hart und schüttelte seine Hände ab. Seagram ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken, als er sich abwandte. Ihre innere Abwehrmauer war zu stark, sagte er sich – wie schon so oft zuvor. Mit Worten war diese Mauer nicht zu durchbrechen.
    »Mach dich schön«, sagte er mit gespielter Heiterkeit. »Wenn du mir schon kein Baby schenken willst, dann schenk mir wenigstens die Genugtuung, nachher eine besonders hübsche Frau zur Party des Präsidenten zu führen.« Er war gerade dabei mit ungeschickten Fingern seine Smokingfliege zu binden, als das Telefon in der Diele läutete. Donner war am Apparat.
    »Schlechte Neuigkeiten, Gene«, sagte er ohne Umschweife. »Die First Attempt hat vor fünf Tagen Oslo passiert.«
    »Was hat das zu bedeuten? Kopiin sollte doch das Schiff verlassen und mit einer Linienmaschine heimfliegen.«
    »Das ist es ja. Und laut deiner Anweisung hat das Schiff Funkstille.«
    »Da ist irgend etwas schiefgegangen.«
    »Anzunehmen«, sagte Mel Donner lakonisch. »Bis gegen dreiundzwanzig Uhr bin ich auf der Party des Präsidenten. Falls du noch etwas hörst, gib mir Bescheid.«
    »Klar. Inzwischen viel Vergnügen.«
    Seagram hängte gerade ein, als Dana in ihrem tief ausgeschnittenen weißen Abendkleid und mit der Nerzstola überm Arm aus dem Wohnzimmer kam »Schlechte Nachrichten?« fragte sie, als sie seinen Gesichtsausdruck sah.
    »Ich weiß es noch nicht genau.«
    Sie gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange. »Behalte deine Geheimnisse für dich.«
    Das werde ich leider tun müssen, dachte er verdrossen, während er die Nerzstola um ihre bloßen Schultern legte.
6
    Die Seagrams schlossen sich vor dem Eingang des East Room den Gästen an, die auf den Empfang beim Präsidenten warteten. Während sie langsam vorrückten, stellte Dana fest, daß der Präsident mit Anfang Fünfzig noch die erotische Ausstrahlung eines viel jüngeren Mannes hatte. Wahrscheinlich wurde dieser Eindruck noch dadurch verstärkt, daß Ashley Fleming an seiner Seite die Rolle der Gastgeberin spielte. Denn Ashley Fleming galt als die eleganteste und gescheiteste geschiedene Frau von ganz Washington.
    Endlich waren sie beide an der Reihe. »Gene, freut mich, Sie zu sehen.« Der Präsident lächelte höflich.
    »Vielen Dank für die Einladung, Mr. Präsident«, antwortete Seagram ebenso förmlich. In der Öffentlichkeit betonten sie immer den gesellschaftlichen Abstand, und er hielt sich auch jetzt an die Regel, als er ohne jeden Anflug von Vertraulichkeit hinzufügte: »Ich hoffe, daß Ihnen meine Frau Dana noch in Erinnerung ist, Mr. Präsident.«
    »Aber natürlich.« Der Präsident lächelte ungezwungen, während er Danas Hand länger als üblich hielt. »Eine schöne Frau vergesse ich nie.«
    »Vielen Dank, Mr. Präsident.« Dana sah ihm voll in die Augen, und einige Sekunden floß da ein Strom von Signalen zwischen ihnen, die viel deutlicher waren als alle Floskeln gesellschaftlicher Höflichkeit.
    Dann war das vorbei. Der Präsident machte die beiden mit Ashley Fleming bekannt, wie er es an diesem Abend schon so oft mit denselben Worten bei anderen Gästen getan hatte. Und die Reihe rückte weiter.
    »Er hat mir den Hof gemacht«, flüsterte Dana ihrem Mann zu, als sie außer Hörweite waren. »Der Präsident der Vereinigten Staaten hat richtig altmodisch mit mir geflirtet. Was sagst du dazu, Gene?«
    »Daß auch ein Präsident unter anderem ein Mann mit den üblichen Trieben ist.« Er
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