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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition)
Autoren: Alexandra Adornetto
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Offensichtlich wechselten sich meine Geschwister damit ab, ihre Wut herauszulassen. Jetzt, wo Gabriel außer sich war, wirkte Ivy so ruhig, als ob sie ihm etwas entgegensetzen wollte. «Streit bringt uns nicht weiter. Was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt müssen wir einen Weg finden, Xavier und Bethany zu helfen.»
    Ihre Gelassenheit ließ uns durchatmen. Gabriel sah sie mit gerunzelter Stirn an, und die beiden wechselten einen Blick, als teilten sie ein unausgesprochenes Geheimnis. Als Gabriel einen Moment später wieder zu sprechen begann, war sein Tonfall deutlich bedächtiger.
    «Ivy und ich müssen jetzt gehen, aber wir werden bald zurückkommen. Bis dahin versteckt ihr euch hier. Bethany, bleib weg von den Fenstern. Sonst finden sie dich zu leicht, diese …» Er verstummte.
    «Wer sucht mich?», fragte ich.
    «Später.» Sein gereizter Ton verriet, wie ernst die Dinge standen. Dann traf sein Blick meinen, und ich erkannte, dass seine Sorge aufrichtig war. Sofort meldete sich mein schlechtes Gewissen. Es war nicht Gabriels Fehler, dass er so gereizt war. Wie schon so oft musste er hinter mir herräumen, die höheren Mächte anrufen und sich für das Fehlverhalten einer anderen entschuldigen. Unser Beschluss, Hals über Kopf zu heiraten, hatte ein Drama ausgelöst, das wir jetzt, wo sich gerade alles wieder normalisiert hatte, absolut nicht gebrauchen konnten.
    «Eins noch», fügte Gabriel hinzu, die Hand schon auf der Türklinke. «Falls eure Selbstbeherrschung es zulässt, würde ich euch bitten … körperlichen Kontakt zu vermeiden.»
    Er sagte es, als wäre diese Bitte die natürlichste Sache der Welt! Als ob er uns daran erinnerte, bitte das Licht auszumachen.
    «Was?», fragte ich düster. «Dürften wir wenigstens erfahren, warum?»
    Gabriel runzelte zögernd die Stirn, unsicher, inwieweit er uns einweihen sollte.
    «Man wird euch vielleicht etwas freundlicher gesinnt sein, wenn die Ehe nicht vollzogen ist», antwortete Ivy für ihn.
    «Vielleicht spielt es auch keine Rolle», sagte Gabriel. «Aber mein Instinkt sagt mir, dass es klug von Xavier und Beth wäre, zu zeigen, dass sie …» Er stoppte, suchte nach Worten.
    Wieder beendete Ivy seinen Satz.
    «Dass sie bereuen?», schlug sie vor, und Gabriel nickte bestätigend.
    «Aber das wäre eine Lüge!», sagte ich, ohne nachzudenken. «Wir bereuen nichts.» Da kam mir Pater Mel wieder in den Sinn. «Auch wenn wir nicht wollten, dass jemandem etwas geschieht.»
    «Schalt deinen Kopf ein», mahnte Gabriel. «Es ist doch nur ein kleines Opfer.»
    Ganz offensichtlich hatte er nicht vor, sich auf eine Diskussion einzulassen.
    «Ich denke, das ist nicht deine Angelegenheit.» Xavier blitzte ihn trotzig an.
    «Wir wollen euch doch helfen», sagte Ivy müde. «Aber vorher müssen wir herausfinden, was vor sich geht.»
    Diese Erklärung schockte mich mehr als alles, was bisher geschehen war.
    «Ihr wisst gar nicht, was vor sich geht?», fragte ich fassungslos. Normalerweise kannten Ivy und Gabriel stets den himmlischen Willen.
    «Was ihr getan habt, ist ohne Beispiel», erklärte meine Schwester. «Nur ein einziges Mal ist etwas Ähnliches geschehen, und das ist sehr lange her.» Xavier und ich sahen sie fragend an. Wenn sie wollte, dass wir verstanden, musste sie deutlicher werden. Unerwartet sprang uns Gabriel zu Hilfe.
    «Ivy meint die Nephilim», sagte er frei heraus.
    «Ich bitte euch!», platzte ich hervor. «Das war doch etwas ganz anderes!»
    «Nephilim? Wer ist das denn?», hakte Xavier nach.
    «Die Nephilim haben vor langer Zeit gelebt. Damals sind Gottessöhne vom Himmel gekommen, die von der Schönheit der ‹Menschentöchter› verzaubert wurden», erklärte ich. «Sie schliefen mit ihnen und gebaren Wesen, die halb Mensch und halb Engel waren. Die Nephilim.»
    «Im Ernst?» Xavier sah mich erstaunt an. «Das habe ich im Religionsunterricht verpasst.»
    «Die Geschichte ist in der Theologie nicht unumstritten», sagte Gabriel trocken.
    «Und was hat das Ganze mit uns zu tun?»
    «Nichts», sagte ich entschieden. «Das war ein ganz anderer Fall. Diese Engel, die sich mit den Sterblichen eingelassen haben, waren in Ungnade gefallen. Sie hatten sich gegen Gott aufgelehnt. Das musste der Himmel als ernste Sünde bewerten … oder?»
    «Ich weiß nicht», sagte Ivy leise. «Auch du hast dich an die Welt der Sterblichen gebunden, genau wie sie.»
    Ich musste zugeben, dass Ivy recht hatte. Meine uneingeschränkte Treue galt mittlerweile der
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