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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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solches Universum ist aber unendlich groß und dehnt sich ewig aus. Und wenn seine Geometrie nicht flach, sondern hyperbolisch (sattelförmig) ist, haben auch die Inflationsmodelle Schwierigkeiten, weil es einiger Tricks oder unplausibler Annahmen bedarf, um die Kosmische Inflation mit einer hyperbolischen Geometrie zu vereinbaren.
    Hawking war sich dieser Schwierigkeiten bewusst und fand mit Neil Turok einen engagierten Mitstreiter. Turok, 1958 in Südafrika geboren, hatte in London promoviert und war nach diversen Stationen in England und den USA 1997 nach Cambridge gekommen, wo er 1998 Professor für Mathematische Physik wurde. Im selben Jahr veröffentlichte er mit Hawking den Artikel Open Inflation without false vacua in der Fachzeitschrift Physics Letters B . Damit versuchten die beiden Kosmologen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Sie zeigten, dass ein sich ewig ausdehnendes, massearmes Universum sowohl mit der Vorstellung von der Kosmischen Inflation als auch mit der Keine-Grenzen-Annahme kompatibel sein kann. (Eine unschöne Singularität hat das Modell zwar, aber diese sei relativ harmlos, weil einerseits unbeobachtbar weit entfernt sowie andererseits nur ein Punkt im Raum und somit nicht der Anfangspunkt von allem oder die Urknall-Singularität, so Hawking und Turok, und durch eine geeignete Wahl bestimmter Variablen verschwinde sie sogar.)
    Die beiden Forscher mussten allerdings das Anthropische Prinzip bemühen – eine mathematische Notlösung, wie sie zugaben –, um die Fülle der möglichen Randbedingungen der Inflation auf ein Modell für ein lebensfreundliches Universum einzugrenzen. „Wer akzeptiert, dass die Anzahl der Beobachter der limitierende Faktor ist, kann sagen, dass eine Inflation zu einem offenen Universum unendlich viel wahrscheinlicher ist, weil sie zur Existenz unendlich vieler Galaxien führt“, schrieben Hawking und Turok. „Wir sind mit dieser Argumentationslinie jedoch nicht einverstanden, denn dann könnte man auch sagen, dass es viel wahrscheinlicher ist, dass wir Ameisen sind, weil es viel mehr Ameisen als Menschen gibt.“ Deshalb hatten sie nicht die Anzahl der Galaxien, sondern die Wahrscheinlichkeit ihrer Entstehung in einer bestimmten Region der Raumzeit als Ausgangspunkt für ihre Überlegungen gewählt. Allerdings hatte dieses Weltmodell allenfalls ein Zwanzigstel der Gesamtmasse des beobachtbaren Universums. Doch Hawking und Turok sahen in ihrer Arbeit zunächst einen theoretischen Durchbruch und waren davon überzeugt, dass sich dieses Problem mit ausgereifteren Inflationstheorien beheben ließe: „Die Masse dürfte sich mit Berücksichtigung weiterer Felder oder zusätzlicher Dimensionen noch erhöhen.“
    Die Fachkollegen reagierten eher zurückhaltend. „Ich bin noch immer davon überzeugt, dass die Dichte des Universums exakt den kritischen Grenzwert zwischen ewiger Expansion und Kollaps besitzt“, beharrte Alan Guth – aus heutiger Sicht völlig korrekt. Andrei Linde machte den Einwand, dass die Galaxien in dem Modell so weit voneinander entfernt sein müssten, dass wir eigentlich gar keine mehr sehen dürften. „Ein solches Universum wäre praktisch strukturlos“, erklärte er und bot in einem Artikel der Fachzeitschrift Physical Review einen alternativen Ansatz an. Außerdem polemisierte er in seiner lustigen Art, indem er das Modell, das grafisch dargestellt eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Hochseedampfer hat, in einer Karikatur unter der Golden Gate Bridge durchfahren ließ. Hawking und Turok hielten Lindes Ansatz für verwirrend und „mathematisch inkonsistent“ und hatten ihn in einem weiteren Artikel zu entkräften versucht. Doch mangels einer Theorie der Quantengravitation sind die Annahmen dieser Modelle und Gegenmodelle schwer zu bewerten. „Das ist alles noch sehr, sehr spekulativ und unvollständig“, sagte Hermann Nicolai, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam. „In diesem Formelwerk kann man an vielen Schrauben drehen. Am Ende bleiben wieder alle Fragen offen und von konkreten Überprüfungen sind wir noch weit entfernt.“ Und Gerhard Börner vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München sprach sogar von einem „Herumstochern in unbekanntem Gelände“ und „zweifelhaften mathematischen Tricks – solange eine Theorie der Quantengravitation fehlt, bleiben je nach Temperament Unbehagen oder wohlwollendes Interesse.“
    Die Theorie war immerhin testbar, und tragischerweise
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