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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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2010. „Das ist zweifellos ein Indiz dafür, wie groß die Wissenslücken über die Grundlagen der Physik noch sind, besonders hinsichtlich der Quantengravitation.“
    Ende Oktober 2010 veröffentlichte Roger Penrose dann ein provokantes Buch: Cycles of Time . Darin entwickelte er ein Modell des Universums, das sich drastisch von anderen Weltmodellen unterscheidet und offerierte einen unorthodoxen Lösungsvorschlag für das Rätsel der Zeitrichtung: In der fernsten Zukunft, so spekuliert er, löst sich die gesamte Materie auf. Auch Schwarze Löcher verdampfen restlos, wie Hawking es berechnet hat. Im Gegensatz zu diesem meint Penrose allerdings, dass sich dabei alle einst im Loch verschwundenen physikalischen Informationen auflösen und sogar die Entropie reduziert wird. Selbst die Zeit und ihre Richtung verschwinden dann, weil es nichts mehr gibt, das sie messen könnte. Doch genau diese vollkommene Entleerung entspricht der Fülle eines neuen Urknalls mit niedriger Entropie, mit dem alles wieder von vorn beginnt, so Penrose. Gemäß seiner „Konformen Zyklischen Kosmologie“ oszilliert das Universum also gleichsam zwischen Zeit und Zeitlosigkeit, und die „entleerte“ Zukunft ist der brachiale Urknall im nächsten Zyklus.

Teil VII
Rückwärtszeit
    Die Welt ist seltsamer, als wir wissen.
Ja, sie ist seltsamer, als wir wissen können.
     
    John B. S. Haldane (1892–1964),
britischer Genetiker

Krisen und Konsequenzen
    „Die große Tragödie der Wissenschaft: die Ersetzung einer schönen Hypothese durch eine hässliche Tatsache.“ Diese markante Bemerkung des britischen Biologen Thomas Henry Huxley in einem Vortrag 1870 hat nichts von ihrem Charme verloren. Die Tatsache, dass wissenschaftliche Aussagen im Gegensatz zu Dogmen und Ideologien falsch sein können, ist – um die Bemerkung hier umzudrehen – nämlich außerordentlich hübsch. Darin liegt das Erfolgsrezept und Fortschrittspotenzial der Wissenschaft begründet. Denn aus Fehlern kann man lernen. Und die Möglichkeit von Überprüfungen, die die wissenschaftliche Methode insgesamt auszeichnet, birgt die Gefahr von Widerlegungen in sich, was aber zugleich ein Vorteil ist, denn so werden Irrtümer ausgeräumt und Sackgassen vermieden. Schade um eine schöne Theorie mag es trotzdem sein, und ihre Schöpfer fühlen sich oft nicht gerade glücklich dabei.
    Kosmische Giganten: Auf der Konferenz „The Very Early Universe – 25 Years On“ in Cambridge trafen sich im Dezember 2007 die führenden Forscher. Stephen Hawking stellte dort sein neues Weltmodell vor. Hinter ihm steht sein früherer Mitarbeiter Neil Turok, im Vordergrund sitzt Alan Guth, der die Kosmische Inflation entdeckt hat.
    Vier Weltmodelle: Das Universum begann im Rahmen plausibler Annahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie mit einer ominösen Urknall-Singularität (links) – wie Stephen Hawking und Roger Penrose zwischen 1965 und 1970 bewiesen haben. 1983 gelang es Hawking mit James Hartle, diese Singularität in einem geschlossenen quantenkosmologischen Modell durch ein „Instanton“ mit imaginärer Zeit als Beginn zu ersetzen (Mitte links). Damit wäre der Urknall erklärbar. Das Modell hatte jedoch Probleme. 1998 schlug Hawking mit Neil Turok deshalb ein neues Instanton-Modell vor, das offene Universen beschreibt (Mitte rechts), aber auch nicht mehr zu astronomischen Beobachtungen passt. 2007/8 entwickelten Hawking und Hartle mit Thomas Hertog ein realistischeres Modell (rechts): Auch dieses beschreibt den Urknall mithilfe eines Instantons – doch zuvor existierte möglicherweise ein kollabierendes Universum. Der Urknall wäre dann ein Übergang (Bounce) zu diesem Vorläufer, in dem die Zeit kurioserweise die umgekehrte Richtung hat.
    Als Stephen Hawking und Jim Hartle den Urknall mithilfe der imaginären Zeit zu erklären vorschlugen, gingen sie von einem geschlossenen Universum mit sphärischer Metrik und einem künftigen Kollaps im Endknall aus. Das hatte mehr theoretische und ästhetische als empirische Gründe. Denn für eine hinreichend hohe Materiedichte von umgerechnet mehr als etwa fünf Wasserstoff-Atomen pro Kubikmeter – die Voraussetzung für einen Kollaps –, gab es keine guten Indizien. Aber mit sphärischen Weltmodellen lässt sich besser rechnen, da der Raum hier nicht unendlich groß ist. In den 1990er Jahren mehrten sich jedoch die Messdaten, die für ein offenes Universum sprachen mit einer Materiedichte von nur etwa einem Drittel des kritischen Werts. Ein
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