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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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umgekehrter Zeitrichtung besitzt.
    Ende November 2007 veröffentlichten die drei Kosmologen einen kurzen, bis zum Februar 2008 noch mehrfach überarbeiteten Artikel in der einschlägigen Internet-Datenbank arXiv mit dem Titel The No-Boundary Measure of the Universe , der dann gedruckt im 100. Band der Fachzeitschrift Physical Review Letters erschien. Im Dezember 2007 stellten sie ihre Überlegungen auf der hochkarätigen The Very Early Universe -Konferenz in Cambridge der Fachwelt vor. Und im März 2008 folgte die 46-seitige Abhandlung The Classical Universes of the No-Boundary Quantum State mit ausführlichen Berechnungen. Darin wird gezeigt, wie sich ein Universum mit Kosmologischer Konstante, Materie und klassischer Raumzeit mit der Kosmischen Inflation und einem Instanton vereinbaren lässt. Mehr noch: Die klassische Raumzeit heute, die mit der Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben wird, macht die Inflation sogar zwingend notwendig, wenn man eine von Hawking eingeführte statistische Gewichtung der Beobachtungsdaten in den Top-down-Ansatz einspeist. „Was wir fanden ist, dass Entwicklungsgeschichten mit Inflation die höchste Wahrscheinlichkeit besitzen“, fasst Thomas Hertog eines der Hauptresultate zusammen. (2010 schrieb er mit Hawking und Hartle dann, dass dies sogar mit der Ewigen Inflation vereinbar ist.)
    Das ist schon für sich ein bemerkenswertes Ergebnis. Aber die neuen Rechnungen zeigen noch mehr.
Der Urschwung
    Im Gegensatz zu dem Hawking-Hartle-Instanton-Modell von 1982 gibt es jetzt auch Modelle, bei denen das Instanton eine Art Übergang beschreibt – einen Urknall als „Brücke“ zwischen einem kontrahierenden Vorgängeruniversum und unserem expandierenden All. Ein solcher Übergang wird in der Kosmologie traditionell „Bounce“ genannt, was sich im Deutschen mit „Umschwung“ oder sogar „Urschwung“ (in der Entsprechung zu „Urknall“) wiedergeben lässt.
    Solche singularitätsfreien Bounce-Modelle existieren auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Wolfgang Priester von der Universität Bonn hat mit Hans-Joachim Blome, der heute an der Fachhochschule Aachen lehrt, schon in den 1990er-Jahren argumentiert, dass eine hinreichend große positive Kosmologische Konstante ein solches Modell nahe legt. Damals war die Dunkle Energie noch nicht entdeckt, obwohl Priester und seine Mitarbeiter trotz mancher Widerstände bereits verschiedene Gründe für eine Kosmologische Konstante anführten – sie waren ihrer Zeit um einige Jahre voraus. Allerdings ist die Energiedichte des Vakuums zu klein, um lediglich damit den Urknall mit einem Bounce ohne Quantengravitation zu erklären, also allein im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie. (Das ist kein absolutes K.o.-Argument, denn vielleicht war die Kosmologische Konstante einst größer – und dass zumindest die Vakuumenergie viel größer war, muss sowieso jeder akzeptieren, der die Inflation annimmt.)
    Wenn das Universum beim Urschwung eine gewisse Mindestgröße besaß – freilich viel kleiner als der Durchmesser eines Atomkerns –, haben quantengravitative Effekte also möglicherweise gar keine Rolle gespielt. Das würde den Kosmologen das Leben sehr erleichtern. Sie könnten dann viel einfacher überprüfbare Voraussagen ableiten und wären nicht unbedingt auf eine „Weltformel“ angewiesen, wie sie beispielsweise mit der String- oder M-Theorie angestrebt wird. „Die Stringtheorie wäre dann nicht nötig für die Kosmologie“, sagt Stephen Hawking. Dennoch wäre eine Theorie der Quantengravitation keineswegs überflüssig, wie er auch betont. Denn ohne sie bleibt unerklärlich, was im Zentrum der Schwarzen Löcher geschieht oder im Endstadium ihrer Zerstrahlung. Und davon hängt auch ab, was aus der physikalischen Information der verschluckten Materie wird – ein Problem, das Hawking schon seit Jahrzehnten beschäftigt und das er nun mit der Pfadintegral-Methode lösen möchte.
    Aber auch im Rahmen der Quantenkosmologie und -gravitation haben einige Kosmologen seit Ende der 1980er-Jahre Bounce-Modelle vorgeschlagen. Solche Szenarien, obgleich im Detail sehr verschieden, scheinen sogar aus sehr vielen unterschiedlichen theoretischen Annahmen und Grundlagen zu folgen. (Für Experten: Prominente aktuelle Beispiele sind das Pre-Big-Bang-Modell von Gabriele Veneziano und Maurizio Gasperini im Rahmen der Stringtheorie und die Loop Quantum Cosmology von Martin Bojowald, Abhay Ashtekar und anderen im Rahmen der
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