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Haveljagd (German Edition)

Haveljagd (German Edition)

Titel: Haveljagd (German Edition)
Autoren: Jean Wiersch
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derart helles Licht ausstrahlte, dass niemand, der sich in seinem Kegel aufhielt, auch nur eine Armlänge weit sehen konnte.
    Dann sah er eine Gestalt an allen anderen vorbeirennen, ungeachtet der Bedrohung durch die zwei bewaffneten Personen. Das musste Bremer sein, denn an der rechten Hand schwang bei jedem Schritt eine rundliche Tasche hin und her. Bremer lief, was seine Beine hergaben, bis er in dem Gebüsch verschwand, in dem die beiden leblosen Körper lagen. Dann konnte Manzetti nichts mehr erkennen. Er öffnete den Mund und wollte Bremer etwas zurufen, aber das wäre sinnlos, bei dem Lärm. So saß er wie gelähmt auf seinem Sitz, zur Untätigkeit verurteilt.
    Plötzlich gingen unter dem Hubschrauber mehrere Taschenlampen an, und wie auf ein Kommando stürmten die Gestalten aus ihrer Deckung und hatten sehr schnell die Herrschaft über die Situation übernommen.
    Manzetti ließ sich in die Gurte sacken, schloss die Augen und überlegte, was er jetzt von hier oben tun konnte, um den Kollegen zu helfen?
    In diesem Moment knackte es in seinem Helm.
    »Andrea?« Es war Sonjas Stimme.
    »Ja«, sagte er mit großer Erleichterung. Trotz der Verzerrung durch die Funktechnik konnte er erkennen, dass sie gelöst und zuversichtlich klang.
    »Es ist alles gut. Wir haben zwar zwei verletzte Personen, aber alle leben. Der Notarzt ist unterwegs, und Bremer sagt, dass dein Freund stabil ist.«
    »Und Tim?«
    »Dem geht es den Umständen entsprechend. Keine äußeren Verletzungen und ansprechbar.«
    »Und die beiden anderen Personen?«
    »Eine ist Frau von Woltersbrück und die andere Karin Leffler. Frau Leffler hat eine Schusswunde in der Schulter, ist aber bei Bewusstsein.«
    Sonja ist ein Schatz, dachte er, und eine verdammt gute Polizistin.
    »Und?«, fragte der Pilot.
    »Fünfhundert Meter von hier ist ein Sportplatz. Könnt ihr mich da rauslassen? Ich muss ihnen helfen.«
    Der Pilot nahm seinen Blick wieder nach vorne und kippte dann zum dritten Mal die Maschine in Flugrichtung.

27
    Sie gingen schweigend nebeneinander her. Die tief stehende Sonne spiegelte sich im glatten Wasser des Bohnenländer Sees, keine Wolke zeichnete sich am Himmel ab, nur ein Flugzeug schrieb in großer Höhe einen weißen Strich.
    »Kannst du noch?«, fragte Manzetti und blieb an einer hohen Buche stehen.
    »Es geht schon«, antwortete Michaelis und ließ sich dann ins weiche Moos fallen. Er nahm einen dünnen Zweig vom Boden auf und drehte ihn gedankenversunken zwischen den Fingern. »Mir ging es schon viel schlechter.«
    Das stimmte wohl, war aber nun bereits zwei Wochen her. Die Ärzte im Klinikum hatten alle Hände voll zu tun gehabt, konnten Michaelis aber mit Prellungen im Gesicht, einem Jochbeinbruch und vier gebrochenen Rippen nach Hause entlassen, auch wenn das ein wenig auf seinen eigenen Wunsch hin passiert war.
    »Als ich damals hierher kam, hätte ich nicht gedacht, in eine solch brisante Geschichte zu schliddern.«
    Manzetti setzte sich neben ihn. »Wenn man das immer vorher wüsste, bliebe man doch besser zu Hause, oder?«
    »Ja, wenn! Was hat Karin eigentlich bewogen …« Er schwieg und warf den Stock in den See. »Ach, ist mir jetzt irgendwie auch egal.«
    Manzetti sah ihn amüsiert an. »Alte Liebe rostet nicht, oder?«
    »Meinst du? Ich hätte doch nie und nimmer gedacht, dass sich hinter einer derart liebreizenden Person eine solche Bestie verbirgt.«
    »Ob sie eine Bestie ist, kann ich nicht beurteilen. Aber liebreizend ist sie mit Sicherheit nicht.«
    Michaelis wog den Kopf hin und her. »Du hättest sie mal im Bett erleben müssen.«
    »Habt ihr da eigentlich auch …« Manzetti tippte ganz behutsam an Michaelis’ lädierte Rippen.
    »Das war ja nicht Karin.«
    »Nicht direkt. Aber immerhin hatte sie Kutzner damit beauftragt, dich zusammenzuschlagen.«
    »Ja«, musste er zugeben. »Wie kam sie eigentlich zu diesem Typen?«
    »Kutzner ist ein Psychopath. Und sie hat vor Jahren in ihrer Eigenschaft als Psychologin, das war noch vor dem Verlust ihrer Approbation, im Auftrag der Staatsanwaltschaft ein Gutachten über ihn geschrieben. Und das hat sie positiver ausfallen lassen, als es objektiv geraten wäre.«
    »Und damit war er ihr dann hörig.«
    »So in etwa.«
    »Dass die Staatsanwaltschaft das Ergebnis ihres Gutachtens überhaupt anerkannt hat? Die bestellen doch sonst gleich ein zweites, wenn es nicht in die Argumentationskette passt.«
    »Der damalige Staatsanwalt war von Woltersbrück, und damit hatte Karin freie
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