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Haus des Blutes

Haus des Blutes

Titel: Haus des Blutes
Autoren: Bryan Smith
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andere Weise zu verstehen. Entweder indem er sie schamlos mit Blicken auszog oder – meist im Falle älterer Männer – verstohlen gewisse Bereiche ihrer Anatomie begaffte. Da Chad nichts dergleichen tat – und abgesehen von ihr selbst oder ihren Freundinnen nie in Gesellschaft eines Mädchens zu sehen war –, musste er definitiv schwul sein. Diese falsche Schlussfolgerung war es auch, die zu einem der peinlichsten Momente ihrer Freundschaft führte: Am Wochenende nach der Abschlussfeier hatte sie ein Blind Date mit einem anderen Jungen für ihn eingefädelt.
    Es hatte dabei nur ein klitzekleines Problem gegeben.
    Chad stand nicht auf Männer.
    Erst gegen Ende seines ersten Collegejahres fing er an, sich mit Frauen zu verabreden, und seine Dates fielen stets in die Kategorie »schüchterne Streberin«. Dream fühlte sich zurückgewiesen. Sie hatte sich regelrecht in das mangelnde Interesse, das er ihr entgegenbrachte, hineingesteigert. Oh, sie fühlte sich nicht wirklich zu ihm hingezogen, jedenfalls nicht körperlich, aber die Tatsache, dass ein heterosexueller Typ sie verschmähte, machte ihr zu schaffen.
    Aufgrund dieser Überlegungen kam sie sich furchtbar oberflächlich vor, aber sie konnte es nicht ändern. Ein Leben als Sexobjekt rief bei einem Mädchen nun einmal gewisse Erwartungen hervor. Seither waren zehn Jahre vergangen, und sie verstand es immer noch nicht. Sie durchlebte Momente tiefer Depression, in denen sie an nichts anderes denken konnte. Dann schloss sie sich in ihrer Wohnung ein, betrank sich mit Wein und heulte dem einzigen Jungen nach, der nie versucht hatte, sie zu ficken. Und der, wie sie sich erst mit zunehmendem Alkoholpegel eingestehen konnte, der Einzige war, den sie wirklich begehrte.
    Sie musste vollkommen bescheuert sein. Wahnsinnig.
    Ja, vielleicht spielte Wahnsinn – oder etwas, das dem sehr nahe kam – tatsächlich eine Rolle. Das hätte zumindest im Ansatz den halbherzigen Selbstmordversuch vor zwei Jahren erklärt, von dem sie ihm nie etwas erzählte. Auch Alicia hielt diesbezüglich dankenswerterweise ihre Klappe. Dream wollte damals auch gar nicht wirklich sterben, aber der Versuch hatte sie immerhin in die Notaufnahme gebracht und einige Narben bei ihr hinterlassen. Normalerweise bedeckte sie diese mit Armbändern, aber manchmal, wenn sie nachts alleine im Bett lag und auf die kleinen weißen Linien an ihrem linken Handgelenk starrte, erinnerte sie sich wieder daran, wie es sich anfühlte, sich mit einer Klinge aufzuschlitzen.
    Nie wieder!, dachte sie in diesen Momenten für gewöhnlich.
    Aber jetzt war sie sich da gar nicht mehr so sicher.
    Von hinten erklang plötzlich ein Hicksen.
    Dream warf einen Blick in den Rückspiegel und sah, dass Karen Hidecki aus ihrem wodkabedingten Schlummer erwachte. Als Amerikanerin asiatischer Abstammung in der dritten Generation besaß sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Lucy Liu aus Ally McBeal . Sie schob ihren Cowboyhut nach hinten, blinzelte verschlafen und starrte ihre Mitfahrer an. »Sind wir schon zu Hause?«
    Chad grunzte. »Nein, du beschissene Säuferin. Wir sind immer noch eine Trillion Meilen entfernt.«
    Karens Kopf kippte zur Seite, während sie Chad mit glasigen Augen einen finsteren Blick zuwarf. »So redest du nicht mit mir, Chad. Es sei denn, du willst, dass ich dir einen kräftigen Tritt in den Arsch verpasse.«
    Chad, der eher schmächtig gebaut und absolut kein Gegner für die sportliche Karen war, ließ sich trotzdem nicht einschüchtern: »Tritt ruhig zu, Wodka-Girl. Ich hab keine Angst vor dir.« Er grinste. »Dauert sowieso noch mindestens zwölf Stunden, bis du nüchtern genug bist, um meinen Hintern mit deinem Fuß tatsächlich zu treffen.«
    »Dann übernehme ich das eben für sie«, mischte Shane sich ein. »Ich kann ziemlich gut zielen, Blödmann.«
    Dream stöhnte. »Hört auf.«
    Aber niemand beachtete sie. Ihre leise Bemerkung war ungehört verklungen. Das verbale Feuergefecht geriet allmählich außer Kontrolle und konfrontierte jeden, der in der Schusslinie saß, mit willkürlichen Beleidigungen. Niemand war mehr sicher. Dream befürchtete, dass sie bald einen Zustand kritischer Masse erreichen würden, der dann in einer körperlichen Auseinandersetzung gipfelte. Im schlimmsten Fall würden sie einen Unfall bauen. Ein Gefühl der Dringlichkeit überkam sie, das überwältigende Bedürfnis, etwas zu tun, um diese potenzielle Katastrophe zu verhindern.
    Aber was?
    Sie betete für ein Wunder, irgendeine
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