Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus des Blutes

Haus des Blutes

Titel: Haus des Blutes
Autoren: Bryan Smith
Vom Netzwerk:
sie für absolut bemerkenswert.
    Ein wahres Wunder.
    Es war, als wäre der alte Chad, jener Chad, an den sie sich aus High-School-Zeiten erinnerte, auf magische Weise zu ihr zurückgekehrt. Aber das hier war keine simple Verwandlung. Er wirkte wie neugeboren. Mitfühlender. Empathischer. Es war gar nicht nötig, dass er mit ihr darüber redete. Dass er ihr versicherte, er habe sich verändert. Sie hätte dazu noch nicht einmal den besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht sehen müssen.
    Sie konnte die Änderung regelrecht spüren.
    Konnte in ihn hineinfassen und sie ertasten.
    Dieses Wissen überraschte sie nur einen Moment lang. Die fremdartige Kreatur jenseits menschlicher Erkenntnis, die über diesen Ort geherrscht hatte, war ein meisterhafter Schöpfer von Illusionen gewesen. Die Macht, die diese Illusionen erschuf, besaß jedoch einen ungleich realeren Ursprung. Er hatte die Wahrheit über ihre besonderen Fähigkeiten gesagt: Dream spürte, wie sie in ihr vibrierten. Fühlte, wie sie zum Leben erwachten, stärker wurden und danach strebten, sich in etwas … Neues zu verwandeln.
    Dream beabsichtigte, diese Talente weiterzuentwickeln.
    Und sie für positive Zwecke einzusetzen.
    Das war sie Alicia schuldig, fand sie – und ihren anderen toten Freunden. Eine frühmorgendliche Durchsuchung der Zimmer unter dem Dach hatte eine Reihe schockierender, abstoßender Dinge zutage gefördert. Es waren so viele, dass man sich an all die Verderbtheit beinahe hätte gewöhnen können. Aber ein einziger Blick in den Raum, in dem ihre Freundinnen umgekommen waren, hatte genügt, um diesen Gedanken für immer auszulöschen. Karens abgetrennter Kopf auf einem Tablett war schon schlimm, aber die Art und Weise, wie Alicia gestorben war, verstörte Dream ungleich mehr.
    Durch ihre eigene Hand nämlich.
    Mit Shanes Glock.
    So, wie sie sich selbst noch vor kurzer Zeit ihren Tod ausgemalt hatte. Die rohe, unumstößliche Tatsache von Alicias Selbstmord widerte Dream an, beleidigte etwas ganz Ursprüngliches in ihr. Eine lebendige, einfühlsame Frau – eine Macht des Guten – war von dieser Erde abgetreten, und sie würde nie wieder zurückkehren. Konnte nie wieder zurückkehren.
    Es war nicht richtig. Es hätte niemals passieren dürfen, und es gab keine Möglichkeit, etwas daran zu ändern. Es gab Dream das Gefühl, vollkommen einflusslos zu sein. Ohnmächtig. Und vielleicht war sie sogar ein wenig wütend auf ihre Freundin, die nie die Chance erhalten würde, ihr vielversprechendes Leben auszukosten. Die Frustration, die Dream deswegen empfand, war immens, und sie spürte, dass sie diese Erfahrung später als entscheidenden psychologischen Wendepunkt für sich einstufen würde.
    Es würde sehr lange dauern, bis sie ihre Trauer verarbeitet hatte – vielleicht tauchte sie ja nie wieder aus diesem endlos tief erscheinenden Meer des Verlustes und des Bedauerns auf – aber sie bezweifelte, dass sie je wieder Selbstmordgedanken hegen würde.
    Sie hatte überlebt.
    Sie hatte Chad.
    Und eine neue Bestimmung für ihr Leben gefunden: Gutes tun und die Welt zu einem besseren Ort machen.
    Das musste doch etwas wert sein.
    Als der Morgen voranschritt und die Sonne am Horizont emporstieg, brachen die Menschen von Unten, die ehemaligen Verbannten, zu ihrer langen Wanderung den Berg hinab auf. Ein jubilierender Lazarus führte sie an, und er sang in seinem kräftigen Bariton den Himmel an – ein glorreicher, seelenvoller Klang, eine bluesartige Botschaft an die Adresse der Engel.
    Ein Triumphgesang.
    Er jagte Chad einen Schauer über den Rücken.
    Es war der Klang der Freiheit.
    Der Klang grenzenloser Möglichkeiten.
    Arm in Arm mit Dream folgte er dem alten Sänger den Pfad entlang.
    Er fing den Blick eines bandagierten, ziemlich angeschlagenen Jack Paradise ein, der von der tüchtigen Wanda Lewis, besser bekannt als Wütende Wanda, gestützt wurde.
    »Was, glaubst du, ist mit diesem Mädchen passiert, der Stummen?«
    Der ehemalige Soldat zuckte mit den Schultern. »Scheiße, ich habe echt nicht die geringste Ahnung. Aber ich hätte sie wirklich gern zwischen die Finger gekriegt – die kleine Schlampe hat kurz nach meiner Ankunft ’ne ziemlich miese Nummer mit mir abgezogen.«
    Auch einige der früheren Verstoßenen verbanden keine allzu angenehmen Erinnerungen mit der stummen Meisterin. Sie war zusammen mit dem Mann spurlos verschwunden, dessen äußere Erscheinung der Meister am letzten Tag seines Lebens nachgeahmt hatte. Eddie. Aber auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher