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Haus des Blutes

Haus des Blutes

Titel: Haus des Blutes
Autoren: Bryan Smith
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nervöser Energie. Er war verstört. Er wütete gegen alles und jeden. Die Götter. Die Menschen von Unten. Seine eigene Sterblichkeit. Er war eine unbeständige Masse dunkler Energie. Ausgesprochen wütend.
    Und er hatte Angst.
    »Ich kann das nicht tun, du Schlampe! Ich kann das nicht!«
    Dream zuckte zusammen und hielt ihren Kopf gesenkt. Sie konnte es nicht ertragen, ihn anzusehen, sie fürchtete sich. Trotzdem schaffte sie es, erneut all ihren Mut zusammenzunehmen, und versicherte: »Doch, das kannst du.«
    Er blieb abrupt stehen, durchquerte den Raum innerhalb eines Herzschlags, packte sie an den Haaren und brüllte: »ICH KANN ES NICHT!«
    Dream zitterte. »Du kannst.«
    Er stieß erneut einen Schrei aus, ließ jedoch zumindest ihre Haare wieder los. »Du verstehst es einfach nicht, Dream. Du Schlampe, du bist einfach zu dumm, um es zu begreifen. Die Götter haben mich verlassen. Meine einzige Chance, ins Paradies zu kommen, ist ein Opfer, das ich nicht länger darbringen kann!«
    Seine Augen glänzten feucht. Die Tatsache, dass ihm die Tränen kamen, schien ihn gleichermaßen zu beleidigen und anzuwidern, und Dream fragte sich, ob diese Kreatur wohl jemals zuvor geweint hatte – ob sie jemals Traurigkeit empfunden hatte.
    Vielleicht durchlebte sie in diesem Moment eine Art der Trauer.
    Eine Trauer der selbstmitleidigen Art.
    »Etwas geht dort Unten vor sich. Etwas Bedeutendes. Etwas, das ich nicht aufhalten kann.« Er klang wie ein hilfloses Kind, das heulte, weil man ihm sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte. »Ich kann meinen Plan nicht in die Tat umsetzen. Es ist zu spät. Die Verbannten kommen an die Oberfläche.«
    Er schüttelte angesichts dieser absurden Vorstellung den Kopf.
    Dream kletterte aus dem Bett. Das fleckige blaue Negligé flatterte um ihre Taille und sie strich es mit einer entschlossenen Handbewegung glatt. Sie nahm all ihren Mut zusammen, zwang sich, ihre zitternden Beine ruhig zu halten, und ging zu ihm. Sie zog ihn in ihre Arme, streichelte seinen Rücken und flüsterte ihm die Dinge ins Ohr, die er hören musste.
    »Ersetze die Menschen von Unten durch mich.«
    Er legte seinen Kopf an ihre Schulter und schluchzte.
    »Opfere mich. Dann kannst du allein ins Paradies einziehen.«
    Sein Körper erbebte unter heftigen Schluchzern und er erinnerte Dream einmal mehr an ein untröstliches Kind.
    »Aber … aber ich liebe dich.«
    Blödsinn.
    Du elendes, selbstsüchtiges, bösartiges Stück verschissener Scheiße.
    »Ich liebe dich auch«, erwiderte sie. »Und … macht mich das denn nicht zu einem … wertvollen Opfer?«
    Er verharrte reglos in ihrer Umarmung.
    Dream lächelte.
    Sie konnte seine Gedanken beinahe hören.
    Chad und seine zusammengewürfelte Armee eilten durch den verlassenen Sicherheitsraum in die äußere Kammer, die im realen Haus nichts weiter als ein Kellerabteil war. Noch vor kurzer Zeit hatten die übersinnlichen Auswüchse des Meisters ihn in einen surrealen Hindernisparcours für einen verzweifelten Mann verwandelt, der sich auf der Flucht vor den Höllenhunden befand.
    Aber der Zauber war gewichen.
    Eine kurze Treppe führte zu einer Holztür hinauf, die einen Spaltbreit offen stand.
    Chad nahm zwei Stufen auf einmal.
    Und stand wenige Sekunden später in der Küche des Meisters.
    Wanda und der alte Sänger folgten dicht hinter ihm.
    Dann traten auch die Wachen in den Raum und schwärmten aus, die Waffen im Anschlag.
    Alicia erlebte einen flüchtigen Glücksmoment, als Miss Wickman sie von ihren Fesseln befreite.
    Das war die Chance, auf die sie gewartet hatte.
    Die Gelegenheit, um zurückzuschlagen.
    Dafür zu sorgen, dass diese miese Schlampe für ihre Sünden bezahlte.
    Aber dazu kam es nicht.
    Sämtliche Rachefantasien verblassten im selben Moment, als sie versuchte, sich zu bewegen. Die Schmerzen lähmten sie ebenso wirkungsvoll, wie es ein Betonklotz getan hätte. Jede einzelne ihrer offenen Wunden pochte und pulsierte unter den Anflügen einer ernsthaften Blutvergiftung. Also blieb sie vollkommen reglos an Ort und Stelle und weinte stumme Tränen der Hilflosigkeit. Sie wusste, dass die böse Frau zurückgekommen war, um ihr den Rest zu geben, und sie konnte nur hoffen, dass sie das Ende nicht qualvoll hinauszögern würde.
    Miss Wickman hievte sie aus dem Bett und trug ihren geschundenen Körper mit erstaunlicher Mühelosigkeit zu einem Sessel. Sie ließ Alicia mit sadistischer Gleichgültigkeit, was ihren empfindlichen Zustand betraf, in den Sessel donnern,
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