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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne
Autoren: Nigel Findley
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war einleuchtend: Mit einer Datenbuchse hätte ich sogar die Art von Datenschieberei, die ich heute abend erledigte, wesentlich schneller bewältigen können. Finger auf einer Tastatur können sich nun mal nicht mit direkten neuralen Verbindungen messen.
    Aber ich konnte es nicht. Nicht etwa deshalb, weil ich das große Zittern vor der Operation hatte, was wohl ihre Interpretation war. Meine Vorbehalte waren viel konkreterer Natur, obwohl ich niemandem davon erzählen konnte: Ich traute mir einfach nicht genug. Obwohl ich versucht hatte, mich von dieser Facette der Schatten fernzuhalten, hatte ich schon früh erfahren, daß einige Chip-Dealer in Cheyenne in 2XS-Chips machten. Eine Quelle für 2XS-Chips und eine Direktleitung zu meinem Hirn? Ich war immer stolz auf meinen starken Willen, Chummer, aber so stark bin ich nun auch wieder nicht...
    Wiederum schüttelte ich den Kopf, und zum Teufel mit den Kopfschmerzen. Das schien mein Abend für morbide Gedanken zu sein. Ich ging meine Code-Schöpfung noch einmal durch, ließ sie auf die Matrix los und gab das elektronische Äquivalent für ›Faß!‹ ein.
    Und damit war der erste Teil meines Kontrakts mit Sharon Young erledigt. Ich konnte nicht viel tun, bis mein Smartframe - das ich aus verschiedenen persönlichen Gründen Naomi getauft hatte - mit den Korrelationen zurückkam, die es hergestellt hatte. Das würde vielleicht eine Stunde dauern, schätzte ich - was für Nicht-programmierer vermutlich lächerlich klang: vier Stunden für das Schreiben eines Programms, das eine Stunde läuft und das ich nie wieder benutzen würde. Normalerweise würde ich zustimmen. Eine Mahlzeit, deren Zubereitung länger dauert als ihr Verzehr, habe ich schon immer für eine schlechte Verteilung von Ressourcen gehalten. Diesmal war es jedoch der einzig sinnvolle Weg. Dieselbe Suche manuell auszuführen hätte ein Vielfaches dieser fünf Stunden - vier für das Codieren, eine für das Warten - gedauert, die ich in das Smartframe investierte. Arbeiten Sie nicht härter, wie mich einer meiner alten Profs an der U-Dub einmal angeschrien hatte, arbeiten Sie cleverer.
    Ein guter Rat. Ich ging ins Bett.

3
    Gottverdammt, es war wieder Der Traum - ›lichtes Träumen ‹ - , ich glaube, das ist der Fachausdruck, wenn man tatsächlich weiß, daß man träumt, aber trotzdem nichts dagegen tun kann.
    Ich dachte, ich hätte Den Traum überwunden. Ich dachte, ich sei so weit weggezogen, daß mein Unterbewußtsein nicht mehr die Notwendigkeit verspürte, alte Ängste und Leiden hochzuspülen. Falsch gedacht. Zugegeben, ich erlebte Den Traum nicht mehr so häufig und regelmäßig wie in den Schlechten Alten Zeiten. In den ersten Monaten, nachdem ich meinen Cyberarm erhalten hatte, war Der Traum ein regelmäßiger Besucher meines Schlafs. In jeder verdammten Nacht kam er wieder wie ein Geist, um mich zu verfolgen.
    Vielleicht wäre ich leichter damit zurechtgekommen, wenn Der Traum immer gleich gewesen wäre - wenn mich die ständige Wiederholung abgestumpft hätte -, aber er war es nicht. Der generelle Ablauf der Ereignisse war in jeder Nacht gleich. Aber die Details änderten sich - in erster Linie unwichtige Dinge, wie zum Beispiel die Reihenfolge, in der die Leute umgebracht wurden, oder der Zeitpunkt, an dem gewisse Ereignisse eintraten -, so daß ich nie wußte, was ich zu erwarten hatte.
    Mit der Zeit, als der Grad des Stresses in meinem System abnahm, trat Der Traum immer seltener auf: jede dritte Nacht, einmal in der Woche, zweimal im Monat... Dann wurden die Abstände immer größer. Vor heute nacht hatte mich der Traum zum letztenmal vor drei Monaten heimgesucht, und ich hatte gedacht, meine angegriffene Psyche hätte sich endlich selbst geheilt. Wie ich schon sagte, falsch gedacht.
    Der Schauplatz war wie immer derselbe: der geheime Laborkomplex unter dem Gebäude E von Yamatetsus Forschungsanlage für Integrierte Systemprodukte in Fort Lewis. Hawk hatte die beiden Höllenhunde vertrieben, die die Anlage bewachten, Toshi hatte das Magnetschloß an der Haupttür geknackt, und Rodney war neben mir, während wir langsam über die breite spiralförmig gewundene Rampe gingen, die abwärts in die Eingeweide des Komplexes führte. Die Trauer war ein dumpfer Schmerz in meiner Brust und meiner Kehle, als ich die stummen Gestalten musterte, die sich durch die Traumlandschaft bewegten. Alle waren sie tot: Hawk der Schamane, Toshi der Samurai und Rodney Greybriar der Magier... Tot, weil ich sie in
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