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Haus der bösen Lust (German Edition)

Haus der bösen Lust (German Edition)

Titel: Haus der bösen Lust (German Edition)
Autoren: Edward Lee
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gewesen.
    »Und das?«, fragte er.
    ASCHEQUADER – 1858 .
    »Aschequader hat man damals statt Seife verwendet«, erläuterte Mrs. Collier. »Das war noch etwas anderes als Marken wie Dove oder Lux.«
    Der graue Riegel wies die Größe eines Eishockeypucks auf. »Wie wurde das hergestellt?«
    »Man warf einen Haufen Tierfett in einen Kessel mit kochendem Wasser. Hauptsächlich Pferdefett. Nie das von Schweinen oder Rindern, denn das konnte man essen. Das Fett wurde also gekocht, und gleichzeitig wurde langsam Asche dazugemengt – irgendwelche: von Laub, von Gras, von Pflanzen. Weiterkochen, mehr Asche dazu, weiterkochen, mehr Asche dazu, den ganzen Tag lang. Wenn das gesamte Wasser verdampft war, hatte sich das Fett zersetzt und mit der Asche vermischt. Dann schnitt man aus der Masse Riegel und ließ sie trocknen.« Ihre alten Finger klopften auf das Glas. »Funktioniert genauso gut wie alles, was heute in aufwendigen Fabriken hergestellt wird. Ist zwar rau, aber man wird damit blitzsauber. Wissen Sie, damals wuschen sich die Leute nicht oft, nur jeden Samstag vor dem Ruhetag, und im Winter noch weniger – zu der Zeit konnte man sich durch ein Bad eine Lungenentzündung holen. Damen pflegten sich ein wenig mehr als Männer, mit Sitzbädern.«
    »Sitzbädern?«
    »Eine kleine Wanne mit Aussparungen für die Beine. Man setzte sich mit den Genitalien rein. Wir haben eines hier – tatsächlich sogar direkt neben Ihrem Zimmer oben. Ich zeige es Ihnen später.«
    Collier konnte es kaum erwarten, das Sitzbad zu sehen.
    »Über so vieles aus den alten Zeiten haben die Leute eine völlig falsche Vorstellung. Und über den Süden generell.«
    Die nächsten Gegenstände in der Vitrine wirkten bizarr: fünfzehn Zentimeter lange Metallvorrichtungen mit Spannfedern an einem Ende. Klammern für unartige Mädchen – 1841 . »Was um alles in der Welt ist das? Sieht aus wie Wäscheklammern.«
    Mrs. Butler lächelte und griff in die Vitrine.
    Colliers Augen weiteten sich, als sie sich vorbeugte. Er konnte den Blick einfach nicht von ihrem Busen lassen ...
    »Strecken Sie einen Finger aus, Mr. Collier«, forderte sie ihn auf.
    »Was?«
    »Los doch. Strecken Sie einen aus.«
    Collier kicherte, tat es dann aber.
    Die Enden drückten sich zusammen und verursachten auf Anhieb Schmerzen.
    »Wissen Sie, wenn kleine Mädchen unartig waren, steckten ihnen ihre Väter eines dieser Dinger an einen Finger.«
    Erst fünf Sekunden waren verstrichen, und Collier krümmte sich bereits.
    »Wie lange die Klammer angebracht blieb, hing davon ab, wie schlimm das kleine Mädchen war. Hatte es beispielsweise seine morgendlichen Haushaltspflichten nicht verrichtet, bekam es die Klammer für fünfzehn Sekunden.« In den Augen der alten Frau lag ein Lächeln. »Tut es schon weh, Mr. Collier?«
    »Äh, ja«, gestand er. Es fühlte sich an, als steckte sein Finger in einer Zange.
    »Oder sagen wir, das Mädchen stahl ein Stück Kandiszucker aus dem Gemischtwarenladen – dann war die Strafe vermutlich eine Minute ...«
    Colliers Finger pochte vor Schmerzen, dabei waren es bislang immer noch erst zwanzig Sekunden.
    »Und wenn es das Mädchen wagte, der Mutter oder dem Vater zu widersprechen – mindestens zwei Minuten.«
    Collier kaute noch einige Sekunden auf seiner Unterlippe, dann bat er eindringlich: »Nehmen Sie mir das Ding ab!«
    Mrs. Butler tat es unverkennbar belustigt. Colliers gequetschter Finger war über dem Gelenk gerötet. »Also, das waren kaum dreißig Sekunden, Mr. Collier.«
    Er schüttelte die Hand. »Das hat verdammt wehgetan ...«
    »Und ob. Deshalb waren kleine Mädchen in der guten alten Zeit selten aufsässig. Ein paar Minuten mit der Klammer, und schon herrschte wieder Disziplin. Es kam durchaus vor, dass ein Mädchen die Klammer fünf Minuten lang tragen musste, wenn es Schimpfwörter benutzte oder von der Schule nach Hause geschickt wurde.«
    »Fünf Minuten?«, fiel ihr Collier ins Wort. »Heutzutage würde man das als Kindesmisshandlung bezeichnen.«
    »M-hm. Aber ich wage zu behaupten, würden unsere Lehrer diese Klammern heute in der Schule verwenden, hätten wir nicht all die Probleme, die man in den Nachrichten sieht.« Sie legte die bizarre Klammer zurück in die Vitrine. »Bestimmt sehen Sie das genauso.«
    Collier konnte sich nicht zu einer Antwort durchringen. »Und diese Klammern wurden nur für Mädchen verwendet?«
    »Genau.«
    »Was war mit den Jungs?«
    Ein selbstgefälliges Kichern. »Wenn sich Jungs nicht zu
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