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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete
Autoren: Agnes Kottmann
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sah man an Mike.
    Jetzt ging endlich die Tür vom Haupteingang auf und Mike kam mit ein paar anderen die Treppen runter und mir über den Schulhof entgegen. Er hatte diesen supercoolen Gang, den Eastpak lässig über die Schulter geworfen und dazu eine ziemlich stylische Lederjacke, die immer so gut roch, wenn er mich ab und an in den Arm nahm. Mike war mindestens genauso lang in mich verknallt wie Robin, aber im Unterschied zu ihm hatte er das nie zugegeben. Die Zeichen, dass er was von mir wollte, waren allerdings eindeutig. Er hatte mehrmals versucht, mich zu küssen, aber ich hatte ihn immer nur instinktiv zurückgestoßen. Ich war mir einfach nie sicher, ob er es wirklich ernst meinte oder nur seinen Spaß haben wollte.
    Jetzt blieb er vor mir stehen, strich sich lässig eine dunkelbraune Haarsträhne aus der Stirn und sagte: »Hi! Du hast auf mich gewartet!«
    »Ja, sieht so aus.« Ich grinste.
    Er lächelte und betrachtete mich. Seine Augen waren noch dunkler als die eines Rehs. Trotzdem hatte Mike keine sanften Rehaugen. Sie waren so dunkel und tief, dass sich alles dahinter verbergen konnte und man nie genau wusste, was hinter ihnen vorging. Mike war ein Rätsel. Ein Rätsel, das mich anzog und abstieß zugleich.
    Bund und Gürtel seiner Jeans sahen aus, als wären sie in seine vorstehenden Hüftknochen eingefräst. Er war extrem lang und dünn, aber total drahtig, sehr sportlich und mit viel Power. Sein eng anliegendes T-Shirt betonte seine »Hühnerbrust«, wie meine Mutter es nannte.
    Mikes Handy klingelte, er zog es aus der Jackentasche und warf lässig einen Blick darauf. Sein spöttisches Grinsen verriet, dass es sich nur um seine Mutter handeln konnte – oder um Janni, die seit mindestens einem Jahr hinter ihm her war und dabei anscheinend nicht merkte, dass sie sich ständig zum Affen machte. Er wollte nichts von ihr, aber sie checkte das einfach nicht.
    »Kennst du einen Tsunami?«, fragte ich ihn, während Mike schnell eine Nachricht in sein Handy tippte
    »Nee. Wer soll das sein?«, fragte er zurück.
    »Tsunami ist kein Mann hat Robin zu jemandem am Telefon gesagt.«
    Mike sah mich an und biss sich auf die Unterlippe. Es war seine Idee gewesen, die Sache an der Berkel.

    Vernehmungsprotokoll Akte 1351-DA
    Zeuge 6
    Ort: Polizeipräsidium Scheinfurt, Wache 3
    Datum: 30. Juni 2011
    Zeit: 09:52

    Entschuldigung, aber ich bin absolut freiwillig hier. (. . .)
    Ja, ich wollt’s ja nur noch mal sagen. Sie tun ja so als ob ich …(. . .)
    Weil ich vielleicht weiß, wie es passiert sein könnte. (. . .)
    Die Wahrheit? Was ist schon die Wahrheit? (. . .)
    Jaja, am besten der Reihe nach, also von Anfang an. Ich hab ja mit fast allen geredet. (. . .)
    Weil mich das so fertiggemacht hat. Erst die Sache mit Robin und dann auch noch … Was?
    Entschuldigung, aber … (. . .)
    Sie wissen ja nicht, was das bedeutet! Es ist alles so schrecklich. Jetzt sind schon Wochen vergangen und es gibt immer noch keine richtige Erklärung. Vor allem, warum? Warum? (. . .)
    Ja dieser Tsunami ist ja lange in allen Köpfen herumgespukt. Irgendwie hatte niemand eine Idee, wen Robin damit wirklich gemeint haben könnte. Ein Junge wahrscheinlich, weil Robin ja anscheinend behauptet hat, Tsunami sei kein Mann. Vielleicht einer aus der Klasse oder so. Oder eine Frau. Oder ein Mädchen. (. . .)
    Tja, Michelle war … weiß nicht. Manchmal hatte man den Eindruck, dass Robin Angst vor Michelle hatte. Und diese Sache an der Berkel, die saß wohl ganz schön tief bei Robin. (. . .)
    Michelle war halt immer cool und tough und hat niemanden so wirklich an sich rangelassen … und manchmal war sie ganz schön knallhart.
    Vielleicht kann man es so sagen!?: Robin hatte seinen Panzer auf dem Rücken, Michelle war ein Panzer. (. . .)
    Klar hat Robin gesagt, dass er Angst vor Wasser hat. Deshalb hat er ja so geschrien! (. . .)
    Ich weiß nicht, ob Michelle es deshalb extra gemacht hat? Vielleicht!? (. . .)
    Noch mal, Michelle hat nicht nur cool getan, sie war cool. Das hat sich erst geändert, nachdem das alles passiert war. (. . .)
    Weicher Kern!? Weicher Kern!? Den hat doch jeder! Aber das ist wie mit einem Samenkorn: Es geht nicht immer auf. (. . .)

3
    Plötzlich tauchte Robin mit seinem Bike am Fahrradständer auf. Er hatte seine Jacke jetzt offen, das dünne weiße Innenfutter war zu sehen. Er war fast der einzige Junge an unserer Schule der seine Jeans »normal« anhatte und keine Baggy Pans besaß. Nur Daniel trug seine Hosen auch so,
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