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Hashimoto und Basedow

Hashimoto und Basedow

Titel: Hashimoto und Basedow
Autoren: Berndt Rieger
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wegen eines Basedow zu mir kommen, erzählen mir, dass ihnen als erstes Krankheitszeichen ihr veränderter Blick auf Fotos aufgefallen sei. Die »EO« ändert den Blick, das Sehvermögen, aber auch das Aussehen des Gesichts. Bald ist dann auch das »Gräfe-Zeichen« registrierbar: Wenn Basedow-Erkrankte bei normal geöffneten Augen auf den Boden schauen, dann sieht man am Augapfel über der Pupille bereits das Weiße. Bei fortgeschrittener Krankheit sieht man die Pupille an allen Seiten von Weiß umgeben. Trotzdem ist es gut, eine gründliche Vermessung durchzuführen, denn auch Ängste und Hektik können dazu führen, dass Menschen mit Basedow wie von Schreck geweitete Lidspalten haben, die noch keine »EO« darstellen. Die Augen sind nämlich nicht hervorgetreten, nur die Lider sind weiter aufgezogen. Man kann die »EO« auch im Ultraschall des Augapfels oder in der Kernspintomografie sehen. Auch die daraus resultierende Veränderung der Augenbewegungen ist objektivierbar. All das zu messen ist auch deshalb wichtig, weil vor allem die Augenveränderungen entscheiden, wie man mit einem Basedow therapeutisch umgeht. Denn eine fortschreitende Erkrankung des Auges kann zur Beeinträchtigung des Sehens bis hin zur Blindheit führen. Letzteres kommt fast nie mehr vor, weil man es eben nicht so weit kommen lässt und rechtzeitig radikale Therapien wie Cortison, Cyclosporin oder Bestrahlung anwendet.
    Entzündliche Vorgänge im Bindegewebe
    Untersucht man das bei Basedow befallene Gewebe hinter dem Augapfel unter dem Mikroskop, findet man kleine weiße Blutkörperchen, die Lymphozyten, die jedem Menschen mit Autoimmunerkrankungen bekannt sind. Wenn es irgendwo schmerzt und man die Stelle unter dem Mikroskop untersucht, kann man die weißen Blutkörperchen dort finden. Lymphozyten werden immer dann aktiv, wenn irgendwo im Körper ein Entzündungsreiz auftritt, beispielsweise durch eine virale Infektion. Unter den weißen Blutkörperchen gibt es große, die Granulozyten, die Gewebe auffressen, wobei oft Eiter entsteht. Das ist nicht der Fall bei den Lymphozyten, die entweder Antikörper bilden, die wie Pfeile die Körperzellen markieren, oder Lymphokine, also Botenstoffe, die diese Körperzellen abtöten. Dabei entsteht dann keine innere Höhle mit Eiter, die sich entleeren soll, sondern was tot ist, wird mit Schleim zugekleistert, den Mucopolysacchariden, bevor es mit Bindegewebszellen ausgemauert wird. Das Endergebnis einer über Lymphozyten vermittelten Entzündung kann also eine harte Bindegewebeplatte sein, wo vorher ein lebendiges Organ war. Sehr dramatisch sieht man solche Folgen bei einer Autoimmunerkrankung des Bindegewebes, der Sklerodermie, die den Menschen durch dauernde Lymphozytentätigkeit im Bindegewebe über Jahre zunehmend in eine Art Marmorstatue verwandelt, die sich nicht mehr bewegen kann. Diese schleichenden Entzündungen bei Autoimmunkrankheiten verlaufen oft lange unbemerkt. Wenn sie allerdings in der Augenhöhle stattfinden, drücken sie das Auge bald hervor, weil hier einfach durch die knöcherne Umwölbung der Augenhöhle kein Platz mehr ist. In manchen Fällen eines Basedow können diese entzündlichen Vorgänge übrigens auch im Bindegewebe beispielsweise von Fingern oder Zehen beobachtet werden oder auch im Bereich des Schienbeins, wo sie Verquellungen hervorrufen, die man »Myxödem« nennt, ein Krankheitssymptom, das übrigens auch bei der Schilddrüsenunterfunktion aufgrund verschiedener anderer Ursachen vorkommt.
    Eine scharfe Abgrenzung zwischen Basedow und Hashimoto einerseits und den anderen Autoimmunkrankheiten, den »Kollagenosen« – dem Lupus erythematodes, der Sklerodermie, der Dermatomyositis oder der rheumatoiden Arthritis –, gibt es übrigens nicht. Alle Autoimmunerkrankungen sind miteinander verwandt, es gibt Mischformen und ein Krankheitsbild kann ins andere wechseln.
Die »Struma«
    Der »Kropf« ist seltener geworden
    Was ist eigentlich eine Struma? Sie werden dieses Wort häufig in Befunden lesen. Gemeint ist damit eigentlich eine von außen wulstig am Hals sichtbare Schilddrüse. Natürlich kann sowohl bei der Hashimoto als auch beim Basedow ein Kropf auftreten, weil diese Krankheiten die Schilddrüse voller Lymphozyten stopfen und sich auch Schleim und Bindegewebe bildet. Das Wort »Kropf« bezeichnet eigentlich sehr schwere Krankheitsverläufe mit riesigen Schilddrüsen. »Kropf« kommt aus der gleichen indogermanischen Wurzel wie das Wort Krampfadern. Kropf ist das
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