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Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11
Autoren: Charlaine Harris
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nach
einer vermissten
    Person
suche«, sagte ich schlicht. »Das Übliche.« Sie mögen es lieber, wenn man von
»vermissten Personen« anstatt von »vermissten Leichen« spricht, was es
eigentlich wesentlich besser trifft.
    »Ja. Sie war
allerdings ein ziemlich wildes Mädchen. Vielleicht ist sie ja auch nur
weggelaufen. Wir wissen nicht genau - zumindest sind nicht alle der Auffassung
... dass sie tot ist.«
    Wie oft ich
das schon gehört habe! »Dann haben wir allerdings ein Problem.«
    »Und zwar?«
Sie wurde ungeduldig - wahrscheinlich war sie es nicht gewohnt, dass man ihr
widersprach.
    »Ich finde
nur Tote.«
    »Und das
wussten die auch!«, zischte ich Tolliver zu, als wir wieder auf unsere Zimmer
gingen. »Das wussten die. Ich finde keine Lebenden. Das kann ich
nicht.«
    Ich wurde
wütend, und das war dumm.
    »Natürlich
wissen sie das«, sagte er beruhigend. »Vielleicht wollen sie einfach nur nicht
wahrhaben, dass sie tot ist. Menschen sind nun mal so. Als brauchte man nur so
zu tun, als gebe es Hoffnung, und dann gibt es wirklich Hoffnung.«
    »Hoffnung -
für mich ist das reine Zeitverschwendung«, sagte ich.
    »Ich weiß«,
entgegnete Tolliver. »Aber sie können es nun mal nicht ändern.«
    Dritte
Runde.
    Paul
Edwards, Sybil Teagues Anwalt, hatte den Kürzeren gezogen. Deshalb saß er hier
in meinem Zimmer. Die anderen gingen wahrscheinlich schon wieder ihrem Alltag
nach.
    Tolliver und
ich hatten es uns in den beiden Sesseln am billigen Moteltisch bequem gemacht.
Und ich war gerade dabei gewesen, die Zeitung zu lesen. Tolliver arbeitete sich
durch einen Science-Fiction-Roman mit Schwertern und Hexen, den jemand in
unserem letzten Motel liegen gelassen hatte. Als es an unsere Tür klopfte,
sahen wir uns kurz an.
    »Ich tippe
auf Edwards«, sagte ich.
    »Branscom«,
meinte Tolliver.
    Ich grinste
ihn am Rücken des Anwalts vorbei an, während ich die Tür schloss.
    »Wenn Sie
nach dem vielen Gerede nichts dagegen haben«, sagte der Anwalt entschuldigend,
»würde ich Sie jetzt gern zu Ihrem Einsatzort bringen.« Ich sah auf die Uhr. Es
war neun. Sie hatten eine Dreiviertelstunde gebraucht, um sich zu einigen.
    »Und das ist
der Ort, wo...?« Ich ließ den Satz bewusst unvollendet.
    »Wo
vermutlich Teenie - Monteen - Hopkins ermordet wurde. Und wo der Mord oder
Selbstmord von Dell Teague, Sybils Sohn, stattfand.«
    »Soll ich
jetzt zwei Leichen finden oder eine?« Zwei würden sie teurer kommen.
    »Wo Dell
ist, wissen wir«, sagte Edwards überrascht. »Er liegt auf dem Friedhof. Sie
müssen nur Teenie finden.«
    »Reden wir
hier von einem Wald? Mit welchem Gelände haben wir es zu tun?«, fragte Tolliver
sachlich.
    »Bewaldetes
Gebiet, ja, teilweise ziemlich abschüssig.«
    Da wir
wussten, dass wir in den Ozarks arbeiten würden, hatten wir die entsprechende
Ausrüstung dabei. Ich zog meine Wanderstiefel und eine knallblaue Steppjacke an
und verstaute einen Schokoriegel, einen Kompass, eine kleine Flasche Wasser und
ein aufgeladenes Handy in meinen Taschen. Tolliver ging durch die
Verbindungstür in sein Zimmer. Als er zurückkam, war er ähnlich gekleidet. Paul
Edwards sah uns mit einer Mischung aus Neugier und Faszination zu. Er war so
gebannt, dass er für ein paar Minuten tatsächlich vergaß, wie gutaussehend er
war.
    »Sie machen
das wahrscheinlich ständig«, sagte er.
    Ich schnürte
sorgfältig die Wanderstiefel nach und machte einen Doppelknoten. Dann griff ich
nach den Handschuhen. »Ja«, sagte ich. »Das ist mein Job.« Ich schlang mir
einen knallroten Schal um den Hals. Bei schlimmer Kälte würde ich ihn
ordentlich zuknoten. Der Schal war nicht nur warm, sondern auch weithin sichtbar.
Ich warf einen Blick in den Spiegel. Das sollte reichen.
    »Finden Sie
das nicht deprimierend?«, fragte Edwards, so als könne er nicht anders. In
seinem Blick lag eine Wärme, die vorher noch nicht da gewesen war. Ihm war
wieder eingefallen, wie gut er aussah, und dass ich eine junge Frau war.
    Ich hätte
beinahe gesagt: »Nein, ich finde es lukrativ.« Aber ich weiß, dass es die
meisten geschmacklos finden, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Außerdem
wäre das ohnehin nur die halbe Wahrheit gewesen.
    »Es ist
immerhin etwas, das ich für die Toten tun kann«, sagte ich schließlich, was ja
auch stimmt.
    Edwards
nickte, so als hätte ich etwas unglaublich Geistreiches gesagt. Er wollte, dass
wir alle drei mit seinem Landrover fuhren, aber wir nahmen unseren eigenen
Wagen. (Das machen wir immer so, seit
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