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Hard News

Hard News

Titel: Hard News
Autoren: Jeffery Deaver
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war.«
    Sutton winkte ungeduldig mit der Hand ab, als wolle sie gerade ein Pfund Bonbons kaufen und verlange von Rune, sie solle noch etwas zulegen. »Ach was, nachdenken, nachdenken, nachdenken. Ich sagte Ihnen, ich sei auf dem Weg zu Lee. Er fragte mich, ob Sie eine Kopie gemacht haben. Ich sagte ihm, sie hätten eine gemacht und in ihr Regal gelegt. Er ist derjenige, der sie gestohlen hat.«
    »Außerdem haben Sie meinen Schreibtisch durchsucht, nachdem Boggs abgehauen war. Danny hat Sie gesehen – der Elektriker.«
    »Ich wollte nicht, dass irgendetwas von dem Material herumliegt. Sie waren übrigens sehr unvorsichtig. Sie vertrauen zu vielen Menschen. Sie …« Ihr wurde klar, dass sie eine Standpauke hielt, und riss sich zusammen.
    Ein paar Minuten lang schauten sie dem Schlepper nach, bis er verschwunden war. »Wenn Sie Ihren Job wiederhaben wollen, können Sie ihn haben«, sagte Sutton dann unvermittelt.
    »Ich weiß nicht«, sagte Rune. »Ich glaub nicht, dass ich für so ein Unternehmen geeignet bin.«
    Ein kurzes Lachen. »Natürlich sind Sie das nicht. Sie werden wieder rausfliegen. Aber bis dahin wäre es ein lockerer Job.«
    »Beim Lokalfernsehen oder beim Sender?«
    »Ich hatte an Current Events gedacht.«
    »Und als was? Als Scriptgirl irgendwie?«
    »Produktionsassistentin.«
    Rune verstummte und ließ dann ein Paar versengter Jeans auf den Müllhaufen fallen. »Ich würde die Story gerne machen. Die ganze Sache. Über den Mord an Hopper. Und diesmal müsste ich Lee mit einbeziehen.«
    Sutton wandte sich wieder vom Wasser ab, stand auf und blickte über das Riesenpanorama der Stadt. »Das ist ein Problem.«
    »Wie meinen Sie das?«
    » Current Events wird keinerlei Berichte über den Mord an Hopper bringen. Oder über Boggs.«
    Rune schaute sie an.
    »Darüber hat schon Network News berichtet«, sagte die Frau.
    »Oh, stimmt ja«, sagte Rune trocken. »Den Bericht hab ich gesehen. Er war ungefähr sechzig Sekunden lang, stimmt’s? Und er kam gleich nach dem Bericht über den neugeborenen Panda im Nationalzoo.«
    »Die derzeitigen Mächtigen – die der Muttergesellschaft – haben entschieden, dass die Story verschwinden soll.«
    »Das ist doch Blödsinn!«
    »Können Sie es ihnen verdenken?«
    »Ja«, sagte Rune.
    »Das hatte nicht ich zu entscheiden«, fauchte Piper Sutton in ihrer prototypischen Piper-Sutton-Stimme.
    »Wirklich nicht?«
    Sutton holte Luft, um zu sprechen, tat es aber nicht. Sie schüttelte langsam den Kopf, wobei sie Runes Blick auswich.
    »Wirklich nicht?«, wiederholte Rune. Und hörte erneut überrascht, wie ruhig sie sich anhörte, wie unerschütterlich sie jetzt in Gegenwart dieser Frau war – einer Frau, die Wildleder und Seide und leuchtend rote Kleider trug, einer Frau, die reicher und klüger war, als sie es je sein würde. Einer berühmten Kommentatorin, der gerade die Worte zu fehlen schienen. »Wäre es Ihnen lieber, wenn die Konkurrenz die Story bringt? Prime Time Tonight oder Pulse of the Nation ?« , fragte Rune.
    Sutton trat auf eine mit Kreosot behandelte Eisenbahnschwelle, die als Autobarriere in den Pier eingelassen war. Sie blickte ins Wasser; ihr Ausdruck verriet, dass ihr nicht gefiel, was sie sah. Rune fragte sich, ob es ihr Spiegelbild war.
    »Die Story wird nicht bei Current Events laufen«, sagte sie schlicht.
    »Was würde passieren, wenn doch?«
    »Wenn Sie’s genau wissen wollen, ich habe exakt die gleiche Frage gestellt. Und die Antwort lautete, dass die Muttergesellschaft dann das ganze Programm absetzen würde.« Dann fügte sie hinzu: »Und ich wäre arbeitslos. Brauchen Sie eine bessere Begründung?«
    »Ich glaub nicht, dass ich meinen Job zurückhaben will, nein«, sagte Rune. Sie hatte ein paar ihrer alten Comicbücher gefunden; wunderbarerweise hatten sie sowohl das Feuer als auch das Wasser überlebt. Sie betrachtete den Einband eines Klassikers von 1953 – ›Sheena, Königin des Dschungels‹, die sich aus einem Baum einem verdatterten Löwen entgegenschwang. Die Katze starrte auf ihren Speer, die strahlend blonden Haare und die in Leopardenfell gekleidete, sanduhrförmige Gestalt – ein Körperbau, der einzig in der ausschweifenden Phantasie von Illustratoren existierte. »Das bin ich.« Rune hielt das Buch hoch. »Die Königin des Dschungels.«
    Sutton schaute auf das Bild.
    Rune legte die Bücher auf den kleinen Ist-noch-zu-retten-Haufen. »Haben Sie jetzt Gewissensbisse?«
    »Ich habe noch nie schlecht geschlafen. In den ganzen
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