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Hard News

Hard News

Titel: Hard News
Autoren: Jeffery Deaver
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bezahlt’s.«
    Und da war Rune klar, dass es keinen Sinn hatte, weiter dagegen anzukämpfen. Sie hatte verloren. Sie holte tief Luft und sagte: »Na dann, ciao, ihr beiden.«
    »Och, komm schon«, sagte Claire. »Bleib doch noch ’ne Weile. Schau dir die Ärzte an. Da ist ein hübscher dabei. Mit Locken, du glaubst’s nicht.«
    Rune schüttelte den Kopf und ging in Richtung Tür.
    »Rune«, sagte Courtney, »können wir in den Zoo gehen?«
    Sie blieb stehen, um das Mädchen kurz zu umarmen, und schaffte es irgendwie, mit fester Stimme zu sprechen und die Tränen noch zurückzuhalten. »Ehe du gehst, mein Schatz, gehen wir in den Zoo. Ich versprech’s dir.«
    Rune blieb noch die wenigen Sekunden, die sie brauchte, um dies zu sagen und durch die Tür zu gehen, ruhig und gefasst.
    Aber keine Sekunde länger. Und als sie durch den Flur auf den Ausgang zuging, strömten die Tränen, und ihr stummes Schluchzen nahm ihr den Atem, als werde sie, ertrinkend und überall taub, von einem Sturzbach geschmolzenen Schnees hinweggeschwemmt.
     
    »Schauen Sie. Als ob mich so ein verfluchter Drache abgefackelt hätte.«
    Piper Sutton schaute sie an. »Sie mit Ihren Drachen.«
    Sie standen an dem Pier, wo im öligen Wasser des Hudson der glitzernde, verkohlte Rumpf des Hausbootes dümpelte.
    Rune bückte sich und hob ein durchnässtes Kleid auf. Sie musterte den Stoff. Der Kragen war ein wenig angesengt, aber das ließe sich vielleicht mit Farbe überdecken. Sie dachte an den Anwalt, Fred Megler, einen Experten, wenn es darum ging, Kleidungsstücke mit Kugelschreiber instand zu setzen.
    Aber sie schnüffelte an dem Kleid, zuckte die Achseln und warf es auf den Haufen, der aussah wie ein kleiner Müllvulkan. Das Feuer und das Wasser der New Yorker Feuerwehr hatten ihren Tribut gefordert. Auf dem Oberdeck lag ein Berg aus Büchern, Töpfen und Pfannen, einigen halb geschmolzenen Laufschuhen, Trinkgläsern. Nichts wirklich Wertvolles hatte überlebt, nur der Motorola-Fernseher und die gusseisernen Rahmen der Sessel mit der Schmetterlingslehne.
    »Die fünfziger Jahre waren unverwüstlich«, sagte Rune mit einem Nicken in Richtung der Rahmen. »Das muss ein Wahnsinnsjahrzehnt gewesen sein.«
    Es war ein unglaublich herrlicher Sonntag. Der Himmel war eine wolkenlose Kuppel dreidimensionalen Blaus, und die Sonne fühlte sich heiß wie eine Glühbirne an. Piper Sutton saß auf einem Pfahl, den sie mit einem blauen Fetzen – einem ehemaligen Arbeitshemd von Rune – abgedeckt hatte, bevor sie ihre in schwarzes Wildleder gekleideten Oberschenkel auf das splittrige Holz senkte.
    »Sind Sie versichert?«, fragte die Moderatorin.
    »Irgendwie verrückt, aber ja, bin ich. Das war so ’ne Erwachsenenkiste, wissen Sie, wo ich gewöhnlich sonst nicht so drauf stehe. Aber mein Freund hat damals dafür gesorgt, dass ich’s mache.« Sie ging zum Wasser und schaute hinab auf das verkohlte Holz. »Die Police ist irgendwo da drinnen. Brauch ich die, um zu kassieren?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Da kommt richtig was an Geld zusammen. Ich hab echt ’n paar super tolle Sachen verloren. Neonposter, Kristalle, meine gesamte Elvis-Sammlung …«
    »Sie hören Elvis Presley?«
    »Elvis Costello«, erklärte Rune. Dann besann sie sich auf ihre weiteren Verluste. »Meinen Zauberstab, tonnenweise Räucherstäbchen … O Gott, meine Lavalampe.«
    »Sie haben eine Lavalampe?«
    »Hatte«, berichtigte Rune bekümmert.
    »Wo wohnen Sie jetzt?«
    »Fürs erste bei Sam. Dann such ich mir ’ne neue Wohnung. Irgendwas anderes. Ich war sowieso reif zum Umziehen. Ich hab über ein Jahr hier gewohnt. Das ist zu lange für eine Wohnung.«
    Ein Schlepper fuhr vorbei. Ein Horn tutete. Rune winkte.
    »Die kenne ich«, erklärte sie Sutton, die sich drehte, um zu beobachten, wie sich das tief liegende Schiff flussaufwärts kämpfte.
    »Wissen Sie«, sagte Rune, »das muss ich Ihnen sagen. Irgendwie dachte ich, Sie würden hinter den Morden stecken.«
    »Ich?« Sutton lachte nicht. »Das ist der dümmste Quatsch, den ich je gehört habe.«
    »Ich glaub nicht, dass das so dumm ist. Sie haben versucht, mir die Story auszureden, und dann haben Sie mir den Job in England angeboten …«
    »Den es wirklich gab«, fauchte Sutton. »Und der mit jemand anderem besetzt wurde.«
    »Und an dem Sendetag«, fuhr Rune unbeirrt fort, »als Sie improvisiert haben, waren die Bänder verschwunden. Sogar das Backup in meinem Regal. Sie waren die Einzige, die wusste, dass es dort
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