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Hard News

Hard News

Titel: Hard News
Autoren: Jeffery Deaver
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und zog sie auf die Füße.
    »Nein!«, schrie sie.
    Bradford richtete die Pistole auf Nestor, aber der fette Mann scherte sich nicht darum. Er ging zu dem Tisch, wo seine Waffe lag, und nahm sie.
    »Nicht!«, sagte Bradford.
    »Na klar«, murmelte Nestor.
    »Erschieß ihn!«, rief Rune Bradford zu. »Sofort!«
    Aber der junge Mann erstarrte. Mit vor Angst aufgerissenen Augen und offenem Mund stand er da, als Nestor die Pistole hob und so beiläufig auf ihn schoss, als werfe er Münzen in einen Brunnen. Rune wusste nicht, ob Bradford getroffen war oder nicht. Er fiel oder warf sich zu Boden. Maisel rutschte von seinem Stuhl und rollte ab, um Deckung unter dem Tisch zu suchen.
    »Gehen wir, Süße«, rief Nestor, Rune hinter sich herschleifend. »Ich brauch ’ne Lebensversicherung, falls der Kleine die Bullen gerufen hat.«
    »Nein! Gottverdammt!«, wütete sie und versuchte, seine Hand aus ihren Haaren zu lösen. Er griff einfach noch fester zu und zerrte sie noch schneller hinter sich her.
    »Halt die Schnauze«, flüsterte er.
    Vielleicht hatte Bradford die Polizei gerufen. Vielleicht stand da draußen jetzt Sam Healy mit hundert anderen Cops, die mit ihren Waffen auf die Tür zielten. Nestor würde es sehen und aufgeben.
    Er zog sie vor sich und öffnete die Tür, die zum Parkplatz führte.
    Bitte, dachte sie, lass da draußen tausend Ritter sein, die drauf warten, den Drachen zu erschlagen …
    Sie traten ins Freie. Niemand. Sie suchte den Weg und den Parkplatz ab. Leer.
    O nein …
    Nestor blinzelte, während er sich orientierte.
    »Das Auto ist auf der anderen Seite des Gebäudes. Hier lang.« Er deutete in die Richtung.
    »Lassen Sie mich los!«
    Er gab ihre Haare frei, packte sie aber fest am Arm und führte sie weiter. Sie erinnerte sich, dass er gesagt hatte, er sei ein Söldner. »Wenn Sie mich loslassen, geb ich Ihnen achttausend Dollar«, sagte sie.
    »Nein.«
    »Ich kann sie sofort für Sie besorgen.«
    Jetzt lief Nestor ein wenig langsamer. Er schien über ihre Worte nachzudenken. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Zu wenig.«
    »Vielleicht kann ich auch ein bisschen mehr kriegen.« Verzweifelt grübelte sie nach, wo sie Geld auftreiben könnte.
    »Wie wär’s mit fünfzig?«, sagte Nestor.
    »Ich hab keine fünfzig.«
    »Fünfundvierzig.«
    Ihr traten Tränen in die Augen. »So viel hab ich nicht. Ich kann vielleicht … zwanzig bekommen. Ich weiß nicht. Von Freunden vielleicht …«
    »Dreiundvierzigtausend«, sagte Nestor.
    »Ich …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich sag dir was«, sagte er. »Du gibst mir neununddreißigtausendfünfhundert, und ich lass dich leben. Ich lass dich gehen.«
    Mehr Tränen. »Aber so viel kann ich nicht besorgen.«
    »Achtunddreißigzwei.«
    Als sie sein Gesicht sah, auf dem ein irres Lächeln spielte, erkannte sie, dass er nur grausam war. Er spielte mit ihr, sagte schräge Zahlen daher. Und ob sie nun fünfzigtausend hatte oder hunderttausend, er würde sie nicht freilassen. Das hier war Geschäft, und den Deal hatte er mit Lee Maisel abgeschlossen. Jack Nestors Aufgabe war es, sie umzubringen.
    Sie waren jetzt auf dem Gehsteig, der bis auf einen Obdachlosen in der Mitte des Blocks menschenleer war. Die Straße schimmerte von einem leichten Regen, der weniger fiel als in der Luft hing.
    »Hier entlang«, sagte Nestor und zerrte sie weiter. Vor ihnen, auf dem Broadway, fuhren ein paar Autos stadtein- und stadtauswärts. Vielleicht würde sie sich losreißen und den halben Block bis zur Ecke rennen können. Sie würde sich einfach in den Verkehr stürzen und hoffen, nicht angefahren zu werden. Vielleicht hätte sie ja Glück, so wie Randy Boggs Pech gehabt hatte, und ein Streifenwagen würde gerade vorbeifahren.
    Nestors Griff aber war stählern, und außerdem hatte er in der anderen Hand immer noch die Pistole, versteckt unter der Jacke.
    Er blieb an einem Auto stehen. Er steckte die Pistole in die Tasche und griff in die andere Tasche, um die Schlüssel herauszuholen.
    »Hey«, rief der Säufer und schwankte auf sie zu. Sein Kopf hing schlaff nach unten. Seine Kleider waren vom Regen durchnässt, und er wirkte wie ein zottiger Köter. »Kleingeld? Für was zum Essen. Ham Sie ’n bisschen Kleingeld?«
    »Scheiße. Scheißvolk in dieser Stadt«, fluchte Nestor und zog die Schlüssel aus der Tasche. Er beugte sich hinunter. »Ich weiß, was du denkst, Süße«, sagte er zu Rune. »Du denkst, der Typ kommt her und lenkt mich ab, und dann kannst du abhauen.
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