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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family
Autoren: David Safier
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Aber leider von Erfolg gekrönt. Ich hatte echt Mühe, vor Neid nicht grün anzulaufen.
    «Man kommt viel in der Welt herum», erklärte Lena nonchalant lächelnd. «Erst letzte Woche war ich bei einem Literaturfestival auf Mauritius.»
    Nun lief ich doch grün an und dachte: Wenn sie das noch steigert, dann schreie ich!
    «Ich hab da Hugh Grant betreut.»
    « AHHHH !!!», schrie ich nun laut.
    «Alles in Ordnung?», fragte Lena besorgt.
    «Ähem, ja, ja …», flunkerte ich hastig, «mich … mich hat nur eine Kakerlake gebissen.»
    «Du hast Kakerlaken in deinem Laden?», fragte sie angewidert.
    «Nur eine …», gab ich zurück und wollte am liebsten vor Scham im Boden versinken. Aber ich riss mich nach ein paar Sekunden wieder zusammen und versuchte mir einzureden, dass ich nicht neidisch auf Lena sein musste. Karrierefrauen hatten in der Regel keine funktionierenden Beziehungen und auch keine Kinder und waren daher – so kennt man es ja aus Filmen und Frauenzeitungen – hinter ihrer strahlenden Fassade unglücklich und leer.
    «Und hast du eine Familie?», fragte ich daher.
    «Nein», erwiderte sie, und ich freute mich in Gedanken: Wusste ich’s doch, unglücklich!
    «Ich habe erst mal so richtig gelebt», erklärte Lena. «Und ich hatte richtig viele Liebhaber. Du weißt ja, wie das ist.»
    «Nein, das weiß sie nicht», grinste Cheyenne breit, und ich hätte ihr gerne ein Buch an den Kopf geworfen. Oder zwanzig.
    «Oh ja», korrigierte sich Lena, «du hast ja das große Glück, schon seit fünfzehn Jahren den gleichen Mann im Bett zu haben.»
    Großes Glück, seufzte ich innerlich und dachte daran, dass Frank seit einiger Zeit nachts unter stressbedingten Blähungen litt.
    «Jedenfalls bin ich jetzt mit Liam zusammen», strahlte Lena und wirkte dabei leider kein bisschen unglücklich und leer. «Er ist Investmentbanker, und wir wohnen in einem sehr schnuckeligen Landhäuschen in der Nähe von London.»
    Sie ließ diesem Bild vom idyllischen Landleben etwas Zeit, sich vor meinem geistigen Auge zu formen, dann stellte sie die Frage, vor der ich am meisten Angst hatte: «Und, Emma, wie geht es bei dir so?»
    Ich wollte mir keine Blöße geben und Lena demonstrieren, dass ich in meinem Leben auch alles richtig gemacht hatte. Daher erklärte ich: «Ich hab zwei ganz, ganz tolle Kinder!»
    Cheyenne kicherte.
    «Sag mal», fragte ich meine alte Angestellte, «hast du nicht ein paar Bücher, die du einsortieren musst?»
    «Nö, hab ich nicht», grinste sie. Die Hippiedame wollte sich das Schauspiel nicht entgehen lassen.
    Ich wandte mich wieder an Lena und erklärte mit gespieltem Lächeln: «Und Frank und ich führen schon seit fünfzehn Jahren eine richtig gute Ehe.»
    Cheyenne kicherte erneut, und ich hätte sie am liebsten gefragt: Sag mal, hast du keine Wand, gegen die du laufen musst?
    «Und», wollte Lena nun wissen, «wie läuft deine Buchhandlung so?»
    «Ziemlich gut», erwiderte ich.
    Cheyenne gackerte jetzt laut auf. Ich warf ihr einen bösen Blick zu. Sie verstand und erklärte: «Ich muss mal für kleine Mädchen», und verschwand.
    Lena blickte der alten Dame irritiert nach und flüsterte: «So eine schräge Angestellte würde ich sofort entlassen.»
    «Das würde ich nie tun», erklärte ich bestimmt. Lena war davon sichtlich verblüfft. Sie wechselte jedoch schnell das Thema: «Ich hoffe, ich werde irgendwann genauso eine glückliche Familie haben wie du.»
    Man hörte lautes Gelächter vom Klo.
    «Was hat die Frau die ganze Zeit?», wollte Lena wissen.
    «Ach, ihre Inkontinenz-Tabletten haben Nebenwirkungen», sagte ich.
    «Das habe ich gehört!», protestierte Cheyenne hinter der Toilettentür.
    «Ich habe eine Idee für deinen Laden», erklärte Lena unvermittelt. Sie begriff ganz genau, dass das Geschäft nicht gut lief, und genoss es nun offensichtlich, mir gegenüber die Gönnerhafte zu geben. «Stephenie Meyer stellt heute Abend hier im Ritz-Carlton ihr neues Buch
Biss zum Ende
vor. Und dreimal darfst du raten, wer sie betreut?»
    Ich brauchte nicht ein einziges Mal zu raten.
    «Ich kann sie dir bei der Buchpremiere vorstellen, und vielleicht können wir dafür sorgen, dass sie in deinem Laden eine Lesung macht …»
    Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. So eine Veranstaltung würde meinen Laden stadtbekannt machen! Am liebsten wäre ich Lena in diesem Augenblick vor Dankbarkeit um den Hals gefallen, obwohl mir klar war, dass sie mich nur einlud, damit ich aus nächster Nähe
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