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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter
Autoren: Sabine Weiß
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jedenfalls im Prinzip. Nikolas ist bei einem der Spiele allerdings ein Tuch über den Kopf geraten, so dass er bedauerlicherweise für einen Lehrjungen gehalten wurde. Er wurde in eine Hütte gezerrt und nach Strich und Faden durchgeprügelt. Als das Versehen bemerkt wurde, war es längst zu spät«, sagte er. »Aber ich bin auch ohne ihn gut zurechtgekommen. Ich habe von einem Geschäftspartner Bergenfische bekommen, die wir verkaufen können. Bis zur Höhe des halben Mastes war das Schiff mit Fischen beladen! Das war vielleicht ein Anblick!«, schwärmte er und wandte sich an Adrian. »Kein Wunder, dass die Piraten es auf unser Schiff abgesehen hatten   – aber wir konnten es verteidigen. Dank Eures Dolches und des Harnisches ist mir nichts geschehen.«
    Jetzt mischte sich auch Liv ein und sagte seinem Herrn, dass er seine Aufträge vollends erfüllt habe; unter anderem habe er fünf prächtige Island-Falken gekauft. Adrian zeigte sich zufrieden, für diese Vögel wurde in Venedig ein Vermögen bezahlt.
    Simon wandte sich erneut seiner Schwester zu. »Ich weiß nicht, wann Nikolas zurückkehren wird. Er hat in Bergen wohl noch Einiges zu bereinigen. Du brauchst aber keine Angst mehr vor ihm zu haben. Ich passe auf dich auf«, sagte er selbstbewusst.
    Adrian legte zärtlich den Arm um Henrike. »Genau wie ich. Und glücklicherweise kann Henrike auch auf sich selbst aufpassen, falls wir mal nicht in der Nähe sein sollten«, sagte er und berichtete von Henrikes wagemutigem Einsatz bei dem Straßenüberfall.
    Sie setzten sich gemeinsam zu Tisch. Adrian sprach das Tischgebet, dann griffen sie zu. Es gab Braten- und Speckscheiben mit einer Soße aus Wein und Traubensaft, dazu Brühe und Brot, eine Mahlzeit, die sich für unerwartete Gäste anbot, weil man sie schnell zubereiten konnte. Abwechselnd erzählten sie von ihren Erlebnissen, berichteten von dem derzeitigen Stand im Kampf um ihr Erbe, und schließlich fragte Simon auch nach Jost.
    Henrike strich über die Höcker an ihren Fingern, die von den Brüchen herrührten. Noch immer hatte sie Josts Gesicht vor sich, wie sie es zuletzt gesehen hatte. Sie berichtete von Josts Reise, Gefangennahme und ihren Bemühungen um seine Befreiung. Sein merkwürdiges Verhalten bei ihrem Wiedersehen ließ sie aus. Jost hatte Henrike gegenüber verbittert gewirkt, gekränkt, obgleich sie doch gar nichts für seine Gefangenschaft konnte. Und zu ihrer Heirat hatte er nicht einmal gratuliert. Einige Tage später war er noch einmal bei ihnen gewesen und hatte sich verabschiedet. Er werde nach Stralsund gehen und dort neu anfangen. Nach Stralsund, hatte Henrike gedacht, zu Telse wollte eralso, aber sie hatte nichts gesagt. Telse war verheiratet, trug Josts Kind in sich. Vielleicht war es besser, wenn sie nicht wusste, wie es mit den beiden weitergehen würde. Jost hatte ihr für ihre Hilfe gedankt. Aber dann hatte er ihr ein Papier gereicht, das er ebenfalls nach dem Tod ihres Vaters an sich genommen und die ganze Zeit besessen hatte. Es war die Vereinbarung zwischen Konrad Vresdorp und Adrian über die Heirat mit Henrike; er hatte sie aus Vaters Brieflade entfernt. Jost hatte sich ganz zerknirscht damit zu rechtfertigen versucht, dass er bei der Unterschlagung nur aus Liebe gehandelt habe, und Henrike hatte ihm sogar verziehen. Doch gleichzeitig hatte sie auch gewusst, dass sie ihm niemals mehr würde vertrauen können.
    »Asta geht es auch besser, vielleicht kommt sie uns schon bald besuchen!«, freute sich Henrike.
    »Asta geht es besser?«, wunderte sich Simon und lachte. »Ich glaube, ihr habt mir noch einiges mehr zu erzählen   ...«
    Margarete servierte frische Waffeln und dazu mit Pfeffer und Ingwer gewürztes Kirschmus, was die jungen Männer zu Begeisterungsstürmen hinriss, worüber sich die alte Frau sichtlich freute. Noch lange saßen sie an diesem schönen Frühsommertag zusammen, und als die Grillen zu zirpen begannen, holte Henrike ihre Flöte hervor.
    ~~~
    Zur Nachtzeit zeigte sie Simon und Liv die Kammern, in denen sie schlafen konnten. Ihr Bruder bekam eine bei ihnen im Flügelanbau, Liv eine Schlaflaube im Garten bei den anderen Gehilfen, die sie neu angeheuert hatten. Simon ließ seinen Hudevat auf das Lager fallen. Er wirkte auf einmal niedergeschlagen. Henrike fragte ihn, worüber er nachdenke.
    »Es ist komisch, nach Hause zu kommen und doch nicht zu Hause zu sein Hast du Einiges aus dem Haus retten können?«
    »Ehrlich gesagt war schon vorher Vieles weg.
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