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Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung
Autoren: Kate Sunday
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aufgenommen. Du weißt doch, wie sehr ich den alten Knaben liebe.«
     
    *
     
    Erbarmungslos trat Hannah das Gaspedal durch. Der Motor des Toyota heulte protestierend auf. »Komm schon, altes Mädchen, lass mich nicht im Stich.« Ungeduldig klopfte sie mit der flachen Hand auf das Lenkrad. Die staubige Piste, die durch den Wald zur Lichtung hinunterführte, schien sich diesmal endlos lang hinzuziehen. Sie fieberte danach, Sam wiederzusehen. Außerdem war sie neugierig auf das kleine Fohlen. Doc Mason hatte das Neugeborene und seine Mutter in letzter Minute retten können, wie Sam ihr mit großer Erleichterung am Telefon berichtet hatte. Sie versuchte, sich seinen Gesichtsausdruck vorzustellen, wenn sie ihm sagte, dass sie es auf einen Versuch ankommen lassen wollte. Ihr Blick streifte die hohen Wipfel der Bäume. Bald würde dies hier ihr Zuhause sein. Green Acres. Sie würde mit ihrem Kind auf den Wiesen zwischen den Wildblumen herumtollen, Schmetterlinge fangen und Glühwürmchen beobachten. Abends würde sie mit Sam zusammen auf der Veranda den Sonnenuntergang betrachten. Bei dem Gedanken an Sam begann ihr Herz, schneller zu schlagen. Sie hatte ihn vermisst. Es erstaunte sie, wie sehr. Wie hatte sie sich in diesem Mann nur derart täuschen können? Jetzt, da sie hinter die zynische Fassade hatte blicken dürfen und den wahren Sam kennengelernt hatte, verstand sie, warum Tayanita auf ihren Freund nichts kommen ließ. Sam Parker war ein außergewöhnlicher, sensibler und warmherziger Mensch.
    Kopfschüttelnd nahm sie die letzte Kurve. Das Leben war wirklich seltsam. Noch vor einigen Tagen hatte sie diesen Mann nicht ausstehen können und ihm am liebsten die Pest an den Hals gewünscht. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Sie hatte die leise Ahnung, dass Sam Ähnliches für sie empfunden haben musste. Weil sie ihn überraschen wollte, hatte sie ihm nicht verraten, dass sie heute zurückkommen würde. Sie freute sich diebisch auf seine verblüffte Miene. Schon gaben die Kiefern den Blick auf die Lichtung frei. Hannah konnte das Haus durch die hohen Eichen hindurchblitzen sehen. Die Fensterscheiben reflektierten das Licht der späten Sonne. Wie schön, dachte sie, während sie eine tiefe, stille Freude überwältigte. Was für ein wunderbarer Empfang.
    Plötzlich gefror das Lächeln in ihrem Gesicht. Mehrere Streifenwagen standen auf dem Gelände verteilt. Ein gelbes Absperrband verhinderte den Zutritt zu der Wiese, die zwischen Haus und Garage lag. Mit quietschenden Reifen brachte Hannah den Camry zum Stehen. Sie öffnete die Tür, sprang aus dem Wagen und lief auf einen Polizeibeamten zu.
    »Was ist hier los, Officer?« Noch während sie sprach, erspähte sie Sam hinter der Absperrung. »Sam!« Bevor der Beamte reagieren konnte, war sie flink unter dem Band hindurchgeschlüpft.
    »Ma’am! Kommen Sie zurück! Hier dürfen Sie nicht hinein!« Der Mann sprintete ihr hinterher und erwischte sie am Ärmel. »Verlassen Sie das Grundstück! Ich muss Sie bitten, zu gehen.«
    Hannah funkelte ihn an. »Sie verstehen nicht, ich muss – Sam!«
    Sam, der in ein Gespräch mit einem anderen Officer vertieft gewesen war, wurde auf den Tumult aufmerksam. Als er sich umdrehte, flog ein Ausdruck der Überraschung über sein Gesicht. »Hannah!« Er ließ seinen Gesprächspartner stehen, um ihr entgegenzulaufen. »Es ist in Ordnung, Sergeant«, rief er dem Beamten zu, der Hannah noch immer fest im Griff hielt, als bestünde akute Fluchtgefahr. »Das ist Hannah Mulligan.«
    Augenblicklich gab der Beamte Hannah frei. »Entschuldigen Sie bitte, Ma’am .«
    »Sam, was geschieht hier?« Eine düstere Beklemmung ergriff Besitz von ihr. Was zum Teufel ging hier vor sich? Sie sah Sam schlucken, bemerkte die Hilflosigkeit in seinen Augen.
    »Bitte folge mir«, bat er sie sanft.
    »So sag endlich, was ist geschehen?« Verwirrt stolperte sie hinter ihm her, bis er vor einem mit einer glänzend schwarzen Plastikfolie abgedeckten Bündel haltmachte. Lähmende Kälte kroch ihren Nacken hoch. »Was – ist das dort?«, flüsterte sie, während eine schreckliche Ahnung aus den dunkelsten Tiefen ihres Bewusstseins emporstieg. Sie krallte ihre Finger in Sams Arm. »Sam. Sam«, beschwor sie ihn, unfähig, ihre Augen von dem Bündel abzuwenden. »Was geht hier vor?«
    »Hannah, das ist Detective Paul Mills vom Polk County Sheriffs Office.”
    Langsam hob Hannah den Blick, um ihre Aufmerksamkeit auf einen baumlangen Kerl zu richten, der sie
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