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Haltlos

Haltlos

Titel: Haltlos
Autoren: Cornelia Koenig
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mit Namen und wusste genau was sie aßen. Dort angekommen hielt Mike ihr die Tür auf und Tessa bedankte sich. Antonio winkte ihr über die Tische hinweg zu und hatte ihren Stammplatz bereits eingedeckt. Beide setzten sich. Es wurde bei weitem nicht so gezwungen, wie Tessa es sich vorgestellt hatte. Man konnte beinahe vergessen, dass Onkel Josh den armen Mike quasi dazu gezwungen hatte, mit ihr zum Lunch zu gehen. Antonio entzündete die Kerze, die auf dem Tisch stand, sah Tessa fragend an und sie erklärte, dass Josh in seiner Kanzlei mit einem sehr wichtigen Mandat beschäftigt sei, sie für ihn aber nachher etwas mitnehmen wollte. Antonio wusste bestens darüber Bescheid, was Josh immer aß. Tessa aß wie immer Antonios Spezialgericht: Lasagne nach Art seiner Mama. Schon lustig, aber sie kannte Mrs. Tripolini erst kurze Zeit, doch in ihre Lasagne verliebte sie sich schon vor Jahren unsterblich. Sie war davon überzeugt, dass niemand wusste, wie eine typisch italienische Lasagne schmecken musste, bevor er die von Mrs. Tripolini gekostet hatte. Und wenn jemand die Lasagne von Mrs. Tripolini einmal genossen hätte, würde derjenige mit Sicherheit keine andere mehr essen wollen. Sie empfahl Mike ebenfalls ihr Gericht zu nehmen, denn etwas Besseres würde er nie im Leben jemals wieder, ob in einem Restaurant oder als Hausmannskost, vorgesetzt bekommen (außer bei Antonio natürlich). So entstand zwischen den beiden nach einer kurzen Anlaufphase des Schweigens eine recht akzeptable Konversation. Während Tessa sich erkundigte, was er für Hauptfächer an der Uni belegte und wissen wollte, wie er dazu gekommen ist, sein Praktikum ausgerechnet bei Onkel Josh in der Kanzlei zu machen, wollte Mike mehr über ihre Zukunftspläne erfahren. Tessa war überrascht, wie ehrlich Mike zu ihr war. Ich bin im zweiten Semester an der MidWest Central. Wirtschaftsjura ist meine große Leidenschaft. Deshalb belege ich Jura und möchte mich später spezialisieren. Da ich, um alle Scheine zu bekommen, verschiedene Praktika vorweisen muss, habe ich mich bei Josh um ein Praktikum beworben. Natürlich ist es auch wichtig, seinen späteren Chefs Erfahrungen in verschiedenen Bereichen vorweisen zu können. Warum ich zu Joshs Kanzlei wollte? Erstens ist er einer der Besten im Land und genießt einen Ruf, immer mit harten Bandagen zu kämpfen und nichts unversucht zu lassen, die Interessen seiner Mandanten auf, und das ist für mich wichtig, legalem Wege zu vertreten. Zweitens, er spielt mit meinem Vater seit Jahren Golf. Und wenn wir hier schon offen reden, ohne Vitamin-B wirst du es heutzutage leider nie schaffen, dich in der großen, bösen Welt der Rechtsverdreher zu behaupten. Es geht eigentlich immer nur darum, wen du kennst oder mit wem du verwandt bist. Bist du in der richtigen Studentenverbindung, dann kannst du großes Glück haben eine gute Anstellung zu finden, wenn du dich nicht ganz doof anstellst.“ Mike aß nebenbei sein Essen, dennoch redete er nie mit vollem Mund und achtete darauf Tessa nicht mit zu vielen belanglosen Details zu langweilen. „Nun zu Dir. Ich weiß, dass du Tessa heißt, soweit waren wir ja schon. Ich nehme an, Du gehst noch nicht auf die Uni, liebäugelst aber schon mit zwei oder auch drei ganz bestimmten, habe ich recht?“ „Ja, ich würde gerne nach meinem Abschluss BWL studieren, danach noch ein paar Auslandssemester hinten dran gehangen, um mich besser in den Weltmärkten auszukennen. Wenn ich dann wieder zurück komme, werde ich die Firma meiner Eltern übernehmen. Zurzeit kämpfen zwar die Aufsichtsräte um die führenden Positionen, aber sie ist, war und bleibt nun einmal seit Generationen ein Familienunternehmen. Und ich bin es immerhin meinen Eltern schuldig, dass es sich auch weiterhin in Familienhänden befinden wird!“ Tessa war erstaunt über die Sicherheit, die in ihrer Stimme lag. War sie sich doch keines Falles im Klaren darüber, ob es ihr gelingen würde einen Weltkonzern zu leiten. „So wie du klingst, wirst du deinen Weg schon gehen. Du hast den Willen – das kann man dir ansehen – und, was eindeutig noch wichtiger ist, du hast einen Grund. Dieser wird dir immer die Motivation geben, dein bestes zu bieten.“ Tessa lies dies im Raum stehen. Mike könnte ihre sämtlichen Beweggründe nicht nach einem Lunch verstehen. Sie entschied, dass es nicht das richtige Thema für ein erstes ungezwungenes Beisammensein war. Man sollte nicht über tödliche Autounfälle, persönlichem Verlust und
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