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Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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auch einfach darauf, dass ich ihr alles sagen würde, was sie wissen musste. Alles, was ich wusste.
    Hin und wieder warf ich ihr einen Seitenblick zu. Die Sonnenbrille machte ihre Mimik unkenntlich. Im Wechsel des Lichts bei der Fahrt zeichneten die Schatten Muster auf ihr Gesicht.
    Ich sagte ihr nicht, dass ich ein unbehagliches Gefühl hatte, Angst, dass ich mich vielleicht irrte und nur Emmas Zeit vergeudete.
    Oder genauer, Angst, dass ich Recht haben könnte.
    Ein flaches Grab an einem einsamen Strand. Mir fielen ein paar mögliche Erklärungen ein, aber alle hatten mit verdächtigen Todesarten und Leichenbeseitigung zu tun.
    Emma wirkte gelassen. Wie ich hatte auch sie schon dutzende, vielleicht hunderte solcher Fälle bearbeitet. Verbrannte Körper, abgetrennte Köpfe, mumifizierte Kleinkinder, in Plastik eingewickelte Leichenteile. Für mich war das nie einfach. Ich fragte mich, ob Emmas Adrenalinpegel so hoch war wie meiner.
    »Ist der Kerl da ein Student?« Emmas Frage riss mich aus meinen Gedanken.
    Ich schaute in ihre Blickrichtung.
    Homer Winborne. Sooft Topher ihm den Rücken zudrehte, fotografierte der Mistkerl mit einer Mini-Digitalkamera.
    »Hurensohn.«
    »Ich nehme das als Verneinung.«
    »Er ist Reporter.«
    »Sollte hier eigentlich nicht fotografieren.«
    »Sollte überhaupt nicht hier sein.«
    Ich sprang aus dem Karren und baute mich vor Winborne auf. »Was zum Teufel tun Sie hier?«
    Meine Studenten erstarrten.
    »Hab die Fähre verpasst.« Winbornes rechte Schulter sackte nach unten, als er den Arm hinter dem Rücken versteckte.
    »Her mit der Nikon.« Scharf wie ein Rasiermesser.
    »Sie haben kein Recht, mein Eigentum zu konfiszieren.«
    »Verschwinden Sie bloß von hier. Sonst rufe ich den Sheriff und lasse Sie einbuchten.«
    »Dr. Brennan.«
    Emma stand direkt hinter mir. Winborne kniff die Augen zusammen, als er die Aufschrift auf ihrem T-Shirt las.
    »Vielleicht könnte der Herr aus einer gewissen Entfernung zusehen.« Emma, die Stimme der Vernunft.
    Ich schaute von Winborne zu Emma. Ich war so sauer, dass mir keine angemessene Erklärung einfiel. »Auf gar keinen Fall« hatte zu wenig Stil, »nur über meine Leiche« war wohl etwas unangebracht.
    Emma nickte fast unmerklich, um mir zu verstehen zu geben, dass ich mitspielen sollte. Winborne hatte natürlich Recht. Ich hatte nicht die Befugnis, sein Eigentum zu konfiszieren oder ihm Befehle zu erteilen. Und auch Emma hatte Recht. Lieber die Presse kontrollieren, als sie gegen sich zu haben.
    Oder dachte Madame Coroner bereits an die nächste Wahl?
    »Macht, was ihr wollt.« Diese Antwort war nicht besser als die zuvor verworfenen.
    »Vorausgesetzt, wir können die Kamera in sichere Verwahrung nehmen.« Emma streckte die Hand aus.
    Mit einem selbstzufriedenen Lächeln in meine Richtung händigte Winborne ihr die Kamera aus.
    »Das ist doch alles Kinderkram«, murmelte ich.
    »Wie soll sich Mr. Winborne denn entfernen?«
    »Wie wär’s mit dem Festland?«
    Doch wie sich zeigen sollte, war Winbornes Anwesenheit nur von untergeordneter Bedeutung.
    Innerhalb weniger Stunden überschritten wir einen Ereignishorizont, der meine Ausgrabung, meinen Sommer und meine Ansichten über die menschliche Natur völlig veränderte.

3
    Topher und ein Student namens Joe Horne fingen an, innerhalb meines Drei-Meter-Quadrats mit langstieligen Spaten behutsam die oberste Erdschicht abzuheben. Bereits nach fünfzehn Zentimetern entdeckten wir Verfärbungen.
    Jetzt war das A-Team an der Reihe.
    Zuerst fotografierte und filmte Emma, dann nahmen sie und ich Kellen zur Hand und entfernten das Erdreich, das den Fleck umgab. Topher arbeitete am Sieb. Auch wenn er leicht vertrottelt wirkte, war er bei dieser Arbeit Weltklasse. Während des ganzen Nachmittags kamen immer wieder Studenten vorbei, um sich über unsere Fortschritte zu informieren, doch ihre Spurensicherungsbegeisterung erlahmte, je dichter die Fliegenpopulation wurde.
    Bis um vier hatten wir einen gerade noch anatomisch korrekt angeordneten Torso, Knochen von Gliedmaßen, einen Schädel und einen Unterkiefer freigelegt. Die Überreste waren in verrottetes Gewebe gehüllt, auf dem Schädel waren noch Büschel heller, bleicher Haare zu erkennen.
    Immer wieder funkte Emma Junius Gullet, den Sheriff des Charleston County, an. Jedes Mal erfuhr sie, dass Gullet nicht verfügbar sei, weil er sich um einen häuslichen Zwischenfall kümmern müsse.
    Winborne saß uns im Nacken wie der Hund dem Kaninchen. Mit
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