Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
kurzes Detail hinzu.
    Ich hörte nicht zu. Ich schabte mit der Kelle, um eine Profilansicht der Bestattung, die sich an der Westseite des Grabens befand, zu bekommen. Mit jedem Kratzen wurden meine Befürchtungen schlimmer.
    Nach dreißig Minuten waren ein Rückgrat und ein oberer Beckenrand erkennbar.
    Ich setzte mich auf. Meine Kopfhaut kribbelte. Eine düstere Vorahnung beschlich mich.
    Die Knochen waren durch Muskeln und Bänder verbunden.
    Während ich meinen Fund noch anstarrte, schwirrte schon die erste Fliege herbei, die Sonne glitzerte auf ihrem smaragdgrünen Körper.
    O Gott.
    Ich stand auf und wischte mir Erde von den Knien. Ich musste unbedingt zu einem Telefon.
    Dickie Dupree hatte jetzt bedeutend größere Probleme als nur alte Sewee.
     

2
    Die Bewohner von Dewees Island sind streng bis zur Arroganz, was die ökologische Reinheit des Lebens »am anderen Ufer« angeht. Fünfundsechzig Prozent ihres kleinen Königreichs sind Naturschutzgebiet. Neunzig Prozent sind unbebaut. Die Anwohner haben nach eigener Aussage alles lieber naturbelassen. Kein Jäten, kein Veredeln.
    Keine Brücke. Nach Dewees kommt man mit der Fähre oder mit einem privaten Boot. Die Straßen sind ausschließlich Sandpisten, Verbrennungsmotoren sind nur gestattet bei Bau- und Lieferfahrzeugen. Ach ja. Die Insel hat einen Krankenwagen, ein Feuerwehrauto und ein geländegängiges Fahrzeug zur Buschfeuerbekämpfung. Sosehr ihnen Ruhe und Unberührtheit auch am Herzen liegen, naiv sind die Hausbesitzer nicht.
    Wie ich das finde? Die Natur ist großartig, wenn man im Urlaub ist. Sie ist verdammt lästig, wenn man versucht, einen verdächtigen Todesfall zu melden.
    Dewees ist nur knappe fünfhundert Hektar groß, aber mein Trupp grub in der entferntesten südöstlichen Ecke, in einem Streifen Küstenwald zwischen dem Lake Timicau und dem Atlantischen Ozean. Keine Chance, hier ein Handy-Netz zu bekommen.
    Nachdem ich Topher die Aufsicht über die Stätte übertragen hatte, lief ich den Strand hoch zu einem hölzernen Steg, überquerte darauf die Dünen und sprang dann in einen unserer sechs Golfkarren. Ich drehte eben den Schlüssel, als ein Rucksack auf den Sitz neben mir klatschte, gefolgt von Winbornes Hintern in seinem Polyesterfutteral. Da ich nur darauf bedacht war, ein funktionierendes Telefon zu finden, hatte ich nicht gehört, dass er mir folgte.
    Okay. Besser, als den Trottel unüberwacht herumschnüffeln lassen.
    Wortlos gab ich Gas oder was man bei Elektrofahrzeugen eben tut. Winborne stützte sich mit einer Hand am Armaturenbrett ab und umklammerte mit der anderen eine Stützstrebe des Dachs.
    Auf dem Pelican Flight fuhr ich zuerst parallel zum Meer, bog dann rechts in die Dewees Inlet ein, kam am Picknick-Pavillon, dem Schwimmbad, dem Tennisplatz und dem Naturkundezentrum vorbei und bog dann, an der Spitze der Lagune, nach links in Richtung Wasser ab. An der Fähranlegestelle hielt ich an und wandte mich Winborne zu.
    »Endstation.«
    »Was?«
    »Wie sind Sie hierher gekommen?«
    »Mit der Fähre.«
    »Und mit der Fähre sollt Ihr zurückkehren.«
    »Auf gar keinen Fall.«
    »Machen Sie, was Sie wollen.«
    Da er mich missverstanden hatte, lehnte Winborne sich wieder in seinem Sitz zurück.
    »Schwimmen Sie«, differenzierte ich.
    »Sie können mich doch nicht einf–«
    »Raus.«
    »Ich habe an Ihrer Ausgrabungsstätte einen Karren stehen gelassen.«
    »Ein Student wird ihn zurückbringen.«
    Winborne stieg aus, das Gesicht verkniffen zu einer Maske teigigen Missfallens.
    Als ich auf der Old House Lane nach Osten brauste, kam ich vorbei an schmiedeeisernen Toren, die mit phantasievollen Muschelschalen-Arrangements verziert waren, und erreichte schließlich das Infrastruktur-Areal der Insel. Feuerwache. Wasseraufbereitungsanlage. Verwaltungsgebäude. Residenz des Insel-Managers.
    Ich kam mir vor wie ein Überlebender nach einer Neutronenbomben-Explosion. Alle Gebäude intakt, aber nirgendwo ein lebender Mensch zu sehen.
    Frustriert kehrte ich zur Lagune zurück und hielt hinter einem zweiflügeligen Gebäude, das von einer riesigen Veranda eingerahmt wurde. Mit seinen vier Gästesuiten und dem winzigen Restaurant war Huyler House das einzige Zugeständnis Dewees’ an Fremde, die ein Bett oder ein Bier brauchten. Außerdem beherbergte es das Gemeinschaftszentrum der Insel. Ich sprang aus dem Karren und lief darauf zu.
    Auch wenn mir vor allem der grausige Fund in Drei-Ost durch den Kopf ging, konnte ich mich der Faszination
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher