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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit
Autoren: Zizou Corder
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schwamm, das sich kaum einen Meter über dem Meeresspiegel erhob. Im Innern tanzten türkisfarbene Lichtflecken und funkelnde Wasserbläschen, und wenn sie sich gegenseitig anspritzten, leuchteten ihre Körper blau.
    Dort also planschten und spielten Arko und Halo und ruhten sich dann im hinteren Teil der Höhle auf einem bequemen Felsvorsprung aus. Sie unterhielten sich über Meernymphen und bedauerten, dass in den Höhlen anscheinend keine wohnten, mit denen sie hätten Freundschaft schließen können und die ihnen vielleicht Zauberwünsche hätten erfüllen können.
    »Vielleicht gibt es gar keine mehr«, sagte Arko, »oder sie leben jetzt an einem anderen Ort. Es ist nicht mehr wie früher. Heutzutage mischen sich die Götter nicht mehr überall ein. Na ja, vielleicht sind sie der Meinung, dass jetzt die Menschen an der Reihe sind.«
    »Glaubst du, dass es auch woanders Zentauren gibt?«, fragte Halo. Ihr war das gerade erst in den Sinn gekommen.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Arko und zeichnete mit seinen Fingern ein kleines silbriges Muster auf die Wasseroberfläche. »Meinst du, irgendwo anders in Griechenland?«
    »Warum nicht?«
    Der junge Zentaur gab nur ein Grunzen von sich, und Halo fragte nicht noch einmal, denn in diesem Augenblick schob sich ein dunkler Schatten am Höhleneingang vorbei.
    Instinktiv wichen sie nach hinten in die Dunkelheit zurück.
    Normalerweise waren dort keine dunklen Schatten zu sehen. Das war noch nie vorgekommen. Die anderen Zentauren kamen nicht hierher. Arko und Halo waren die Einzigen, die aus Vergnügen im Meer schwammen – die Herde planschte lieber in den Quellseen oben in den Wäldern. Und die Delphine spielten weiter draußen im Meer. Und Vögel – die großen Vögel – flogen höher und in größerem Abstand von den Klippen. Ziegen und Füchse und Stachelschweine konnten alle nicht schwimmen, und man kam nur schwimmend zu den Höhlen.
    Oder in einem Boot.
    Bei diesem Gedanken bekam Halo einen trockenen Hals, und ihr wurde schwindelig vor Angst.
    Sie hatte noch nie einen Menschen gesehen. Sie hatte von ihnen gehört und wusste, dass sie aussahen wie sie, schwarzes lockiges Haar und glatte braune Glieder hatten. Sie lebten am südlichen Ende der Insel, und ihr König wohnte in einem großen weißen Palast aus Marmor. Die Menschen besetzten Land und vertrieben die wilden Tiere. Sie hielten sich jedoch Haustiere. Sie bauten Städte – Athen! Sparta! – und erzählten Geschichten. Manche waren edelmütig, wie der große Dichter Homer, der die Sagen der Götter und Helden früherer Zeiten aufgeschrieben hatte. Auch manche ihrer Helden waren edelmütig, etwa Odysseus und Achilles. Aber sie waren gewalttätig. Sie führten Kriege. Sie erschlugen einander mit großen Eisenschwertern, sie spießten einander mit mörderischen Eisenspeeren auf, und sie erschossen einander mit scharfen, tödlichen Pfeilen. Sie hatten nie gelernt, friedlich miteinander zu leben wie die Zentauren. Sie übten Rache aneinander. Sie brachten einander um. Und sie setzten ihre kleinen Kinder, wenn sie ihnen zu schwach vorkamen, zum Sterben aus.
    Manchmal hatte Halo sie von einer Felskuppe aus weit draußen vorübersegeln sehen – in kleinen Fischerbooten oder in größeren Schiffen, die nach Zephalonien oder Ithaka unterwegs waren. Einmal war sie mit Kyllaros auf der Felskuppe gestanden und hatte eine ganze Flotte langer, tief im Wasser liegender Schiffe beobachtet, die schnell Richtung Norden fuhren.
    »Trieren«, hatte Kyllaros ihr erklärt, »Kriegsschiffe. Siehst du die vielen Ruder?«
    Sie ragten auf beiden Seiten der Schiffe wie Insektenbeine aus dem Rumpf heraus und flogen über das Wasser. Sie sahen sehr zielstrebig aus. Halo hatte gehofft, Gestalten auf den Schiffen zu entdecken, aber die Boote waren zu weit enfernt gewesen.
    Und jetzt wünschte sie sich verzweifelt, keine Menschen zu sehen.
    Egal, was es ist, lass es vorüberziehen, dachte sie. Wir warten einfach lang genug ab, auch wenn wir mit den Feigen zu spät nach Hause kommen. Hauptsache, wir sind in Sicherheit.
    Doch der dunkle Schatten hatte angehalten. Sie sahen seinen Umriss im Sonnenlicht vor dem Höhleneingang.
    Sie hörten, wie sich etwas bewegte. Dann ein Schrei. Ein Platschen.
    Sie sahen einander an und zogen sich schweigend und mit klopfenden Herzen bis ins hinterste Ende der Höhle zurück.
    Poseidon, bitte mach, dass sie uns nicht sehen, betete Halo stumm. Vielleicht hörte er sie. Immerhin war sie als kleines Kind
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