Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halo 01 - Die Schlacht um Reach

Halo 01 - Die Schlacht um Reach

Titel: Halo 01 - Die Schlacht um Reach
Autoren: Eric Nylund
Vom Netzwerk:
Unbeholfenheit charmant.
    Als er sich darüber beschwerte, dass seine Kleidung zu weit und zu schlampig wirkte, hätte sie beinahe gelacht. Er war durch und durch Soldat. Sogar ohne Uniform stand er so gerade, als müsse er ständig Haltung annehmen. »Es ist schön hier«, sagte sie. »Diese Kolonie weiß nicht, wie gut es ihr geht. Ländlicher Lebensstil. Keine Verschmutzung. Keine Überbe-völkerung. Klimakontrolliertes Wetter.«
    Der Lieutenant grunzte zustimmend, während er versuchte eine Falte in seiner Seidenjacke zu glätten.
    »Entspannen Sie sich«, sagte sie. »Wir sind angeblich Eltern, die nach einer Schule für ihr kleines Mädchen suchen.« Sie legte ihren Arm um seinen und war überrascht, dass es dem Lieutenant tatsächlich gelang, noch strammer zu stehen.
    Sie seufzte und löste sich von ihm, öffnete ihre Handtasche und nahm einen handtellergroßen Gegenstand heraus. Sie rückte die Krempe ihres breiten Strohhuts zurecht, um den Bildschirm vor der Mittagssonne zu schützen. Mit einem Fingerdruck griff sie auf die Datei zu, die sie über ihr Zielobjekt angelegt hatte.
    Nummer 117 hatte all die genetischen Eigenschaften, nach denen sie in ihrer ursprünglichen Studie gesucht hatte. Er war so perfekt für ihr Projekt geeignet, wie man es sich nur wünschen konnte. Aber Dr. Halsey wusste, dass sie mehr als nur theoretische Perfektion benötigte, damit dieses Projekt funktionierte. Menschen waren mehr als die Summe ihrer Gene. Es gab Umweltfaktoren, Mutationen, erlernte Ethik und hundert andere Faktoren, deretwegen man diesen Kandidaten für ungeeignet erklären konnte. Das Bild in ihrer Datei zeigte einen typischen sechsjährigen Jungen. Er hatte lockiges braunes Haar und ein Grinsen auf den Lippen, das eine Lücke zwischen seinen Vorderzähnen enthüllte. Ein paar Sommersprossen waren auf seinen Wangen zu sehen. Gut, die Übereinstimmungen bestätigten seine Identität.
    »Unser Objekt.« Als sie dem Lieutenant den Bildschirm zeigte, bemerkte sie, dass das Bild bereits vier Monate alt war. Wusste ONI denn nicht, wie schnell sich diese Kinder veränderten? Schlampige Arbeit. Sie nahm sich vor, ab jetzt regelmäßig nach neuen Bildern zu fragen, bis Phase Drei angelaufen war.
    »Ist er das?«, flüsterte der Lieutenant.
    Dr. Halsey sah auf.
    Der Lieutenant nickte in Richtung eines grasbewachsenen Hügels am Rand des Spielplatzes. Die Spitze des Hügels bestand aus purem Sand, ohne jede Vegetation. Ein Dutzend Jungen schubsten und stießen sich gegenseitig. Sie sprangen sich an, rollten den Abhang hinab, standen auf, liefen wieder nach oben und wiederholten den Vorgang.
    »Herrscher des Hügels«, bemerkte Dr. Halsey.
    Ein Junge stand ganz oben. Er blockierte, schubste und überwältigte alle anderen Kinder mühelos.
    Dr. Halsey richtete ihren Minicomputer auf ihn und zeichnete den Zwischenfall für eine spätere Untersuchung auf. Sie zoomte das Studienobjekt heran, um es besser betrachten zu können. Der Junge lächelte und zeigte die gleiche kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen. Sie fror das Bild ein und verglich es mit dem Bild in ihren Daten.
    »Das ist unser Junge.«
    Er war mehr als eine Handbreit größer als die anderen Kinder und –
    wenn seine Leistung im Spiel gezählt werden konnte – stärker als sie. Ein anderer Junge sprang ihn von hinten an. Nummer 117 warf ihn so mühelos ab, als sei er ein Spielzeug und stieß ihn lachend den Abhang hinab. Dr. Halsey hatte ein Exemplar mit perfekten körperlichen Proportionen und atemberaubendem Intellekt erwartet. Tatsächlich war das Objekt schnell und stark, aber auch dreckig und unhöflich.
    Sie wusste, dass sie in diesen Feldstudien einige unrealistische und subjektive Annahmen korrigieren musste. Was hatte sie auch erwartet? Er war ein sechsjähriger Junge – voller Leben und unkontrollierten Gefühlen und so vorhersehbar wie der Wind.
    Drei Jungen taten sich gegen ihn zusammen. Zwei griffen nach seinen Beinen und einer legte die Arme um seine Brust. Sie alle rollten den Hügel herab. Nummer 117 trat und schlug und biss seine Angreifer, bis sie losließen und von ihm wegliefen. Er erhob sich und stieg den Hügel wieder hinauf. Dabei stieß er einen weiteren Jungen zur Seite und rief, er sei der Herrscher.
    »Er wirkt«, sagte der Lieutenant, »Sehr… hm… lebhaft.«
    »Ja«, antwortete Dr. Halsey. »Wir werden vielleicht etwas mit ihm anfangen können.«
    Sie warf einen Blick über den Spielplatz. Der einzige Erwachsene half gerade
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher