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Hai Fisch Futter

Hai Fisch Futter

Titel: Hai Fisch Futter
Autoren: Susan Geason
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Wilkes zusammengerollt vor meiner Tür schlafend fand. Als ich sie mit dem Fuß anstupste, sprang sie auf, mit einem Mal hellwach.
    »Mensch, du bist es! Ich dachte schon ein Vergewaltiger.«
    »Was tust du hier?« fragte ich, als ich sah, daß sie ihren Stoffrucksack dabeihatte.
    »Laß mich wenigstens rein«, meckerte sie, und ich machte die Tür auf. Die Wohnung war das übliche Chaos, also stieß sie einen Stapel Zeitungen von meiner Vinylcouch und ließ sich hineinplumpsen.
    »Hättest du ’n Kaffee?«
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte ich, als ich mit einer Tasse Pulverkaffee und einem Bier für mich zurückkam.
    »Lance ist in der Stadt. Er ist hinter mir her. Der Dreckskerl beobachtet das Haus.«
    Ich war zwei Jahre zuvor von Tracy in Armidale entführt worden, als ich im Zuge eines Sorgerechtsfalls angeheuert worden war, um ein paar Hunde zu kidnappen. Ich hatte sie aus irgendeinem Grund unter die Fittiche genommen und in einen Zug nach Queensland gesetzt, wo ihre Großmutter wohnte. Dann war sie mit einem blutjungen Möchtegernzuhälter in Kings Cross aufgetaucht, und ich hatte ihre Karriere auf der Lastermeile kurzerhand beendet und ihr dabei geholfen, einen Job bei einem In-Friseur zu bekommen. Während des letzten Jahres war Tracy erwachsen geworden und hatte es sich weitgehend abgewöhnt, die beinharte Mackerin zu mimen. Sie war jetzt siebzehn und gehörte zu der jungen, schwarzgekleideten, künstlerisch angehauchten Szene von Paddington.
    Lance war der gewalttätige Stiefvater, vor dem sie ausgerissen war, als ich sie geerbt hatte.
    »Wieso gerade jetzt?« fragte ich.
    »Mum bekommt ein Baby, und Lance will, daß ich heimkomme und in der Tankstelle helfe.« Sie schüttelte sich. Ich konnte es ihr nachfühlen: Ich hatte der Zapfstation am Arsch der Welt einmal einen Besuch abgestattet, Lance getroffen, einen wie eine Sprungfeder gespannten, rabiaten Kleinstadtlothario, und das Veilchen der Fünfzehnjährigen gesehen. »Ich gehe nicht dorthin zurück; lieber sterbe ich.« Zu spät, um Aschenbrödel wieder in die Spülküche zu sperren, Lance.
    »Was hat er denn getan?«
    »Er hat über Mum meine Adresse herausgefunden und ist zu dem Haus gekommen, aber meine Freunde haben sich geweigert, ihn reinzulassen, und ihm auch nicht gesagt, wo ich bin. Er hat ihnen ziemlich Angst gemacht. Jetzt hat er dort praktisch sein Lager aufgeschlagen und wartet auf mich. Ich ziehe seitdem von Pontius zu Pilatus, aber lange steh ich das nicht mehr durch.«
    Die violetten Schatten unter ihren Augen legten dafür Zeugnis ab.
    »Ich hab wahnsinnig Schiß, daß er herausfindet, wo ich arbeite. Lola bekommt einen Anfall, wenn er in den Laden kommt und Stunk anfängt.«
    Das stimmte. Lola Mason hatte Tracy aus Dankbarkeit mir gegenüber eine Anstellung gegeben, aber Lola war ebenfalls auf die harte Tour hochgekommen und würde jeden hinauswerfen, der eine Bedrohung für ihr Geschäft darstellte. Als Transsexuelle hielt Lola ihr Privatleben streng unter Verschluß und erwartete von ihren Mitarbeitern eine ähnliche Diskretion.
    »Was willst du, daß ich tue?« fragte ich.
    »Du brauchst überhaupt nichts zu tun!« fuhr Tracy mich an. Offenbar hatte ich nicht genügend Begeisterung an den Tag gelegt. »Ich brauche bloß einen sicheren Unterschlupf, bis Lance aufsteckt und nach Hause fährt. Er kann nicht ewig hierbleiben, da Mum über kurz oder lang ins Krankenhaus muß.«
    »Hast du keinen Freund? Warum kannst du nicht bei ihm bleiben?«
    »Nick ist Kunststudent«, sagte sie mürrisch.
    Sie meinte, daß er zu saft- und kraftlos war, um Lance die Stirn zu bieten, der nicht der Typ war, um auf rationale Argumente einzugehen; verhandeln bedeutete für ihn, daß man jemand von vorne und nicht von hinten schlug.
    »Na schön«, sagte ich, wie immer die Güte in Person. »Du kannst die Couch haben.«

5

    Tracy lag im tiefsten Schlaf auf der Couch und machte kleine schmatzende Geräusche, als ich mich am nächsten Morgen um sechs hinausschlich, um auf der Rennbahn von Randwick vorbeizuschauen. Mein Organismus schrie nach seiner gewohnten Dosis Koffein, aber ich verdrängte das Verlangen und trank lediglich etwas Milch aus einer Tüte im Kühlschrank. Sie schoß in meinen Magen wie ein Eisbach. Ich würde es nie schaffen, das auf Dauer durchzuziehen.
    Auf der Anzac Parade zeichneten sich die Korallenbäume leuchtend gegen das Grün des Centennial Parks ab. Das Licht der Morgensonne fiel schräg durch die stattlichen Bäume, die die
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