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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau
Autoren: Bauer Angeline
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der Rothaarige dazwischen und signalisierte mit einer Kopfbewegung, daß die beiden wieder in die Kutsche steigen konnten.
    Der Junge ließ sie nur widerwillig gehen. Er stieß einige wilde Flüche aus und schoß, kaum daß Mélanie und Sébastien in den Polstern saßen, zweimal in die Luft.
    Die Pferde stiegen im Geschirr und suchten in wildem Galopp das Weite. Der Kutscher hatte alle Mühe, sie wieder zu bändigen. Erst als er sich und seine Herrschaften in Sicherheit wähnte, legte er sich ins Zeug und hielt an.
    Sébastien beugte sich aus dem Fenster. »Was ist los, Jacques?«
    »Entschuldigung, Herr, aber die Pferde sind am Ende ihrer Kraft, und außerdem wird es bald dunkel sein. Für heute können wir nicht weiter.«
    »Du hast recht, wir brauchen ein Quartier.«
    »Mit Verlaub – nicht weit von hier hat mein Schwager einen Hof. Er ist ein rechtschaffener Mann und wird Sie bestimmt bewirten, Herr. Wenn Sie erlauben, fahre ich zu ihm.«
    »Wenn wir ihm vertrauen können, dann bringe uns hin.«
    »Ja, Herr, ich lege meine Hand für Félix ins Feuer, Herr.«

Die Liebesnacht
    Félix hob seine Lampe und schien Mélanie und Sébastien ins Gesicht. »Dein Herr, sagst du?« Er sah Jacques an.
    »Ja, mein Herr – Monsieur Sébastien Colbert. Und das ist …«
    »… und das ist meine Frau Mélanie, geborene d'Hervilly und Witwe von Monsieur Louis-Jérôme Gohier«, fiel Sébastien seinem Kutscher eilig ins Wort.
    Jacques starrte auf seine Schuhspitzen. Man merkte ihm an, daß es ihm nicht gefiel, seinen Schwager anlügen zu müssen, dennoch hielt er zu Sébastien. »Ja, und Madame«, murmelte er.
    »Wir sind unterwegs nach Darup, an der holländischen Grenze. Dort lebt die Tochter meiner Frau.« Daß Darup ein deutscher Ort war, verschwieg Sébastien.
    Jacques ergriff wieder das Wort. »Es ist zu dunkel, um weiterzufahren. Wir brauchen ein Nachtlager und einen sicheren Platz für die Kutsche. Im Namen der Jungfrau Maria – du hast ein gutes Herz, Schwager, und du hast Platz in deinem Haus. Nimm uns für eine Nacht bei dir auf.«
    Félix trat zurück und rief ins Haus hinein nach seiner Frau. »Susanne, dein Bruder ist da, und er hat seine Herrschaft dabei!« Dann zu Jacques: »Kommt herein, Susanne wird euch ein Lager richten.«
    Susanne erschien auf der Treppe. Sie war klein und dick und hatte rote Apfelbäckchen wie ein vom Spielen erhitztes Kind. Als sie Jacques sah, schlug sie die Hände vors Gesicht. »Daß du lebst! Daß du gesund bist und lebst!« Sie fing vor Freude zu weinen an. »Du weißt es bestimmt noch nicht, aber unsere Brüder Maurice und Adrien sind in der Schlacht bei Sedan umgekommen! Die verdammten Preußenhunde haben sie erschossen!«
    Sie fiel ihrem Bruder um den Hals und küßte ihn mehrmals, dann knickste sie unbeholfen vor Sébastien und Mélanie. »Ich richte gleich etwas zu essen für Sie her – und eine Kammer. Kommen Sie nur!«
    »Danke, wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihre Gastfreundschaft.« Mélanie sah von Susanne zu Jacques, dem sie eindringlich in die Augen blickte. »Aber viel wichtiger als wir selbst ist unser Gepäck.« Sie wandte sich an Félix. »Es sind Kisten mit Krankenjournalen. Für Fremde ist es nichts als beschriebenes Papier, aber für uns haben sie einen unwiederbringlichen Wert.«
    Félix nickte. »Wir könnten die Kutsche in die Scheune stellen und den Heuwagen davor. So kommt keiner dran, ohne einen Höllenlärm zu veranstalten.«
    Er führte die Gäste in die Stube. Dann wollte er zu Jacques hinaus, um zusammen mit ihm Pferde und Kutsche zu versorgen, Mélanie hielt ihn jedoch zurück. »Bitte richten Sie Jacques aus, er soll die kleine Kiste, die wir auf dem Sitz in der Kutsche untergebracht haben, mit hereinbringen.«
    »Ja, Madame, ich werde es ihm sagen.«
    Als sie alleine waren, wandte sich Mélanie an Sébastien. »Warum hast du gesagt, ich sei deine Frau?«
    »Damit ich die Nacht über bei dir sein kann. Wir sollten uns nicht trennen, ich kann dir sonst nicht helfen, wenn etwas geschieht. Falls die jungen Kerle, die uns überfallen haben, hier auftauchten, könnten zwei verschiedene Geschichten fatal sein.« Er küßte Mélanies Hände und lächelte. »Was macht es außerdem schon, wenn zwei alte Menschen in einem Bett schlafen.«
    »Wir beide wissen, daß Alter nicht vor Liebe schützt.«
    Sie versuchte ihm ihre Hände zu entziehen, aber er hielt sie fest. »Dann befürchtest du also, du könntest dir und deinen Grundsätzen nach all den Jahren
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