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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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wurden. Doch er kannte seine Grenzen nicht! So was könnte mir nie passieren! Ich war ›der Geldfälscher‹ überhaupt. Übrigens nur Geldfälscher, Herr Swensen, kein Romanfälscher.«
    Jetzt ist das Eis gebrochen, denkt Swensen, bestätigen, bestätigen, bestätigen.
    »Sie sind nicht nur ›der Geldfälscher‹, Sie sind auch ein Mensch mit ungewöhnlichem kriminellem Scharfsinn. Und Sie sind sogar damit durchgekommen. Hut ab! Sie haben Ihre Strafe abgesessen, sind der Polizei entkommen und danach unter falscher Identität wieder aufgetaucht. Alle Achtung! Auf Ihren Konten befindet sich die stattliche Summe von 250.000 DM. Verbrechen lohnt sich doch, oder?«
    Das magst du wohl sagen, es hat sich gelohnt. Und es lohnt sich weiterhin. Wer hat schon so viel Anerkennung bekommen, wer hat einen vergleichbaren Namen als Storm-Experte – niemand!
    »Sie haben sich ja richtig ausführlich mit mir beschäftigt – oder mit dem, der ich mal war. Ja, so viele gibt es nicht, die in ihrer Planung so gekonnt vorgehen, da gebe ich Ihnen recht. Und das Gute daran, mein lieber Herr Swensen, all das ist mitnichten strafbar! Mir ist es wie jedem Bürger erlaubt, meinen Wohnsitz zu bestimmen und einen anderen Namen anzunehmen. Das fällt höchstens in den Bereich der Ordnungswidrigkeiten.«
    »Völlig richtig! Bis auf einen falschen Pass. Das ist leider kein Kavaliersdelikt mehr. Geldstrafe oder Gefängnis bis zu fünf Jahren. Aber wir wollen uns hier nicht mit Lappalien aufhalten. Hier geht es um Größeres. Der Shakespeare-Fälscher lebte vor 200 Jahren. Sie sind also der Erste seit 200 Jahren, der Ireland das Wasser reichen kann. Aber richtig, Sie wollen es ja nicht gewesen sein! Bleibt die Frage, wer dann in der Lage war, so eine Fälschung zu begehen. In unserem Kriminalarchiv haben wir keinen Vergleichbaren gefunden. Ich denke, entweder Sie waren es oder da draußen läuft jemand herum, der besser ist als Sie!«
    Wraages Gesicht nimmt einen abwesenden Ausdruck an.
    »Nehmen wir mal an, ich würde zugeben, den Storm-Roman gefälscht zu haben. Was würde das schon aussagen? Meine Genialität wäre erneut unter Beweis gestellt, ich würde als populärer Fälscher herumgereicht werden, alle Zeitungen würden von mir berichten, ganze Fernsehserien würden entstehen. Ich habe bereits einen ganz eigenen Namen als Fälscher erhalten, dem würde ein zweiter hinzugefügt werden! Das hat vor mir keiner erreicht. Noch nie gab es den überragenden Geldfälscher und den überragenden Romanfälscher in einer Person!«
    Wraage ist außer Atem gekommen und sitzt kerzengerade auf seinem Stuhl. Swensen fühlt sich auf der Siegerstraße und überlegt, wie er sein Gegenüber noch tiefer in seinen Größenwahn treiben kann.
    »Ich nehme mal an, Sie sind wirklich der Romanfälscher. Da fällt mir nur noch Leonardo da Vinci ein, das genialste Multitalent aller Zeiten. Ein etwas übertriebener Vergleich, ich weiß. Aber ich denke, Sie gehören mit zu den ganz Großen, Herr Wraage!«
    Auf dessen Gesicht erscheint ein verklärtes Lächeln. Damit hast du vollkommen recht, denkt er.
    »Ich will ja nicht überheblich klingen, aber ich glaube, dass es nur sehr wenige Menschen bis in den Olymp schaffen. Ich war unter den widrigsten Umständen in der Lage, ein Werk der Meisterklasse zu schaffen, das selbst Storm zu Ehren gereicht hätte.«
    Und jetzt der Absturz, denkt Swensen.
    »Bleibt die Frage, wie Ihnen nur so viele kleine Fehler unterlaufen konnten?«, fragt er milde.
    Für Wraage fühlt sich jedes Wort Swensens an wie ein Nadelstich.
    Fehler, denkt er, wieso Fehler. Es gibt keine Fehler.
    »Fehler, was für Fehler?«
    »Ich sage nur Nolde!« Swensens Stimme ist glasklar.
    Nolde, ja Scheiße, Nolde. Das war eine Unachtsamkeit, die ich aber gleich wieder ausgebügelt hab. Wieso kommt der jetzt mit Nolde? Irgendwie läuft das hier jetzt …
    »Nolde, ja Nolde. Also ich weiß jetzt nicht, worauf …«
    »… Nehmen wir einfach mal an, dass nicht Rüdiger Poth das mit Nolde in dem Roman platziert hat, sondern dass Ihnen dieser Fehler unterlaufen ist. Dann hat Kargel den Fehler entdeckt. Wem hätte er das wohl zuerst mitteilen wollen? Natürlich dem Mann, der schon immer von der Existenz dieses Romans überzeugt gewesen ist. Dafür musste er sterben. Dann haben Sie das Original an sich genommen, um den Fehler auszubessern. Das dauerte seine Zeit. Kargels Leiche wurde entdeckt. Wohin also mit dem ausgebesserten Original? Zu Poth! Der hätte das Original ja
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