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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Sveland
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der Schule aufwenden müssen. Ich möchte wirklich nicht, dass meine Tochter als Marktverkäuferin arbeiten muss.« Ihre angespannte Stimme kletterte noch ein paar Stufen höher. »Außerdem ist Kinderarbeit heutzutage in Schweden verboten!«, schloss sie ihren Redebeitrag, einige der anderen Eltern nickten zustimmend.
    Mit rosenroten Wangen schielte sie zu Jan Lundgård hinüber. Und dann zu Annika, die zu ihrem Verdruss den Blick mit einem schwer zu deutenden Lächeln erwiderte.
    »Aber Gisela, Julia ist doch so gut in der Schule. Du meinst doch nicht ernsthaft, dass sie neben der Schule nicht noch ein bisschen Extraarbeit schafft? Ich glaube sogar, dass die Kinder viel Spaß hätten, eine Disco zu organisieren. Und Julia tanzt doch auch so gern!«
    Gisela spürte, wie die Wut in ihr hochstieg. Fast noch mehr als Annikas selbstbewusste Ausstrahlung störte es sie, dass sie so tat, als kenne sie Julia besser als Gisela selbst.
    Und es wurde auch nicht besser, als Connys Mutter Kajsa plötzlich mit nervöser Stimme sagte, dass sie Annikas Meinung war.
    »Ich helfe den Kindern auch gern dabei, eine Disco zu veranstalten!«
    Kajsa saß im Supermarkt an der Kasse, und sie gehörte zu den Müttern, mit denen Gisela nur ein Hallo wechselte, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ. Natürlich auch alleinerziehend, wie Annika.
    »Selbstverständlich mache ich auch mit«, sagte Lillemor, die Klassenlehrerin. Und dann kamen auch noch die Mütter von Jessica und Elinor und sagten, sie würden auch bei der Disco helfen.
    All das hätte Gisela vielleicht noch ertragen können, es war ja fast zu erwarten gewesen, dass die schlecht verdienenden Eltern Annikas Arme-Leute-Vorschlag beipflichten würden. Aber richtig ärgerlich war, dass Jan Lundgård plötzlich einen Rückzieher machte.
    »Ja, ja, Annika, du hast wie immer recht!«, sagte er mit einem geheimnisvollen Lächeln, das Annika nicht mal erwiderte, so beschäftigt war sie bereits mit der Arbeitsverteilung für die Disco.
    Von diesem Tag an gab sich Gisela nicht mal mehr die Mühe, einen freundlichen Ton Emma gegenüber anzuschlagen. Die Freundschaft zwischen Julia und Emma hatte ihr sowieso nie gefallen. Emma plapperte ununterbrochen mit einer fröhlichen, lauten Stimme und hatte ein unerträgliches Lachen. Manchmal war es so schlimm, dass ein beginnender Kopfschmerz geradezu in roten Funken explodierte, wenn das Lachen aus Julias Zimmer im ersten Stock zu ihr herunterdrang. Und dann ihre stille Tochter, Julia, die alles hatte: eine heile und geborgene Familie, eine Jahrhundertwendevilla. Und die dennoch neben Emma so klein und traurig aussah.

Annikas lautes Lachen drang aus dem Schlafzimmer, wo sie telefonierte. Julia und Emma hatten beschlossen, nichts vom Rhabarbermann im Wald zu erzählen. Sie würde sich nur Sorgen machen und ihnen vermutlich verbieten, noch einmal hinzugehen.
    »Annika! Wir sind da!«
    Sie schaute aus dem Zimmer, in der einen Hand das Telefon, den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt.
    »Hallo, ihr Süßen! Einen kleinen Moment noch, dann komme ich zu euch!«
    Sie gingen in die Küche, Emma stellte Milch und Brote auf den Tisch. Julia setzte sich auf das schwarz gestrichene Küchensofa, auf dem sich Kissen und Decken in den verschiedensten Farben und Mustern häuften. Die Wände waren mit gerahmten Fotos und Bildern behängt, und das Regal über dem Sofa war vollgestellt mit allen möglichen Sachen. Kleine Tonfiguren, eine russische Puppe, Teedosen, Steine und Muscheln, die von warmen Meeren weit weg von Schweden stammten. Auf dem Tisch lag ein Buch von Joyce Carol Oates, daneben die aufgeschlagene Zeitung und der Notizblock, den Annika immer bei sich hatte.
    Annika kam in die Küche, sie trug eine schwarze Jeans und ein rotes T-Shirt, in der Hand hatte sie eine Zigarette.
    »Ich wollte gerade Tee aufsetzen, als Alex anrief. Er und Kattis kommen in einer Stunde zum Essen.«
    Emma stöhnte laut.
    »Warum muss denn jeden Abend jemand zum Essen kommen? Ich bin todmüde, wirklich.«
    Annika ging in die Hocke und nahm Emmas Gesicht zwischen die Hände.
    »Mein geliebtes Kind! Ich möchte meine Freunde treffen, ich brauche sie! Aber am Samstag, das verspreche ich, machen wir es uns richtig gemütlich, nur du und ich. Okay?«
    »Okay, aber geh weg mit diesem stinkenden Giftstängel! Musst du so viel rauchen?«
    Annika blies einen Rauchring, der ein paar Sekunden über dem Küchentisch schwebte, bevor er sich auflöste.
    »Ich rauche so viel, wie ich
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