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Hände weg vom Abendschatten!

Hände weg vom Abendschatten!

Titel: Hände weg vom Abendschatten!
Autoren: Lene Mayer-Skumanz
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etwas auf. Es war eine in Papier gewickelte leere Cola-Dose. Er verbellte sie wütend.
    Markus hob die Dose auf. Auf dem Papier stand in Blockbuchstaben:

    „Mist, so was!“, schimpfte Marie-Theres.
    „Ich weiß noch mehr Mist“, stotterte Markus. „Heute Nacht — der Anruf — der war also doch kein Alptraum, sondern echt und wirklich —“
    „Na, so red schon“, sagte Marie-Theres.
    Markus erzählte.
    „Das müssen wir Tante Mona berichten!“, sagte Marie-Theres energisch.
    „Aber —“
    „Nichts ,aber’! Vermutlich macht es dir Stress, Tante Mona zu sagen, dass du an ihr Telefon gegangen bist, mitten in der Nacht. Aber das haben wir gleich im Griff. Gib Acht: Atme tief Luft ein, durch die Nase, wobei du die Zunge gegen den Gaumen presst, dann lass die Zunge locker und atme durch den Mund aus, das Ganze neunmal hintereinander, und dann —“
    „Was?! Ich soll jetzt neunmal... Du machst mich wahnsinnig. Unbekannte Täter sind hinter der Tante Mona und dem Theodor her, und ich soll neunmal —“ Markus hielt inne, denn der Dackel war dabei, das Problem auf seine Weise zu lösen. Er sprang an Markus hoch, stemmte die Vorderbeine gegen dessen Knie und stieß ihm mit der Schnauze die Dose aus der Hand.
    „Na hallo, Theodor —“
    Die Dose rollte über die Terrasse. Theodor schnappte sie und rannte mit ihr um die Hausecke, mit einer für einen Hundegreis unglaublichen Fixigkeit.
    Als Markus und Marie-Theres im Wohnzimmer ankeuchten, hatte Tante Mona die Dosenbotschaft schon gelesen. Mit gerunzelter Stirn und etlichen Zungenschnalzern betrachtete sie das zerknitterte Blatt und reichte es Michi über den Tisch. „Da, guck dir das an! Fettflecke wie von einem Menschen, der dauernd Leberwurstbrötchen mampft, Platz noch immer mit TS, gib mit IE, das ist neu, und über den , Gragen ’ will ich erst gar nicht reden, sonst platzt er mir. Wozu hat man sich monatelang geplagt?“
    „Du weißt also, wer das geschrieben hat?“, fragte Markus.
    „Och, nein“, brummte Tante Mona.
    „Und du, Michi, weißt du es?“, fragte Marie-Theres.
    Michi wurde feuerrot, seine Sommersprossen verschwanden völlig in der Glut. „Wo- woher soll ich das wissen?“
    „Vergesst die Angelegenheit“, sagte Tante Mona und streichelte Theodor. „Es gibt immer irgendwelche arme Dummköpfe, die sich was einreden lassen und dann solche rechtschreiberische Ungeheuerlichkeiten produzieren.“
    „Oder die per Telefon drohen“, murmelte Markus. „Heute Nacht hat dich nämlich einer beschimpft. Den Theodor hat er auch beschimpft. Er will euch beide — hm — es hat so ähnlich wie ,umlegen’ geklungen. Tante Mona, es war so: Weil ich mir Sorgen um meine Oldies gemacht habe, bin ich ans Telefon, noch bevor sich der Antwortbeanrufer —“
    „Hui, bist du nervös, Mensch“, stöhnte Marie-Theres und rollte die Augen in wilden Achterbahnen. „Es macht direkt Stress, dir zuzuhören!“
    „Ich verstehe, Markus“, sagte Tante Mona. „Ich habe vergessen, den Anrufbeantworter ganz leise zu stellen. Tut mir Leid. Hoffentlich hast du den Anruf deiner Eltern gleich mitgekriegt.“
    „Hab ich“, sagte Markus. „Du nimmst diese — diese Drohungen und Störaktionen also nicht ernst?“
    „ Pfff -“, machte Tante Mona. „Wenn ich beim Frisör sitze, zischt es mir von den anderen Trockenhauben entgegen: ,Sie Arbeitsplatzvernichterin !’ — Die Werksleitung hat mich den Arbeitern und Angestellten als Buh-Frau hingestellt, weil ich den Leuten von der Bürgerinitiative handfeste Argumente in ihrem Kampf für unser Naturschutzgebiet liefere. — , Ihre Begeisterung für Landschaftsschutz in Ehren, aber denken Sie denn gar nicht an die gefährdeten Arbeitsplätze?’ Das werde ich sogar im Gemüsegeschäft gefragt. ,Ist das, was Sie tun, denn nicht verantwortungslos gegenüber den Familien der Zementarbeiter?’ — Schön, ich habe mitten im Gemüse erklärt, dass nicht ich, sondern die Werksleitung verantwortungslos gehandelt hat. Denn die hat schon vor 25 Jahren gewusst, dass die von den Behörden bewilligte Abraumfläche nur bis ins Jahr 2003 reichen wird. Sie hätte sich unternehmerisch darauf einstellen müssen, überlegen, ob man Material von anderswo anfahren lassen kann. Aber nein, die Chefs haben damit spekuliert, dass sie die Politiker schon irgendwie herumkriegen. Dass die Politiker ihnen zuliebe den gültigen Flächennutzungsplan der Stadt einfach ändern und sämtliche Gutachten und Warnungen von Wissenschaftern
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