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Hades

Hades

Titel: Hades
Autoren: Alexandra Adornetto
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gesunken. Das Laub auf dem Boden knirschte unter seinen Füßen. Mein Herz begann zu rasen wie ein Hochgeschwindigkeitszug. Freude und Erschrecken über das, was er vorhatte, kämpften in mir einen inneren Kampf.
    «Beth», sagte er schlicht und sah mich erwartungsvoll an. «In mir ist nicht der kleinste Zweifel, dass wir zusammengehören. Mit dir den Rest meines Lebens zu verbringen, wäre mir Ehre und Glück.» Er hielt inne, und seine hellen blauen Augen leuchteten auf. Mir stockte der Atem, aber Xavier lächelte nur. «Beth», wiederholte er. «Willst du mich heiraten?»
    Sein Gesicht spiegelte nur eins wider: Liebe.
    Ich war sprachlos. Auch wenn ich geglaubt hatte, dass Xavier inzwischen ein offenes Buch für mich war, hatte ich das nicht kommen sehen. Mein Blick ging unwillkürlich zum Himmel in der Hoffnung auf eine Antwort, ich sah aber kein Zeichen. Ich musste selber eine Entscheidung treffen. Viele mögliche Erwiderungen gingen mir durch den Kopf, eine vernünftiger als die andere.
    Xavier, bist du verrückt geworden? Hast du völlig den Verstand verloren? Du bist noch nicht einmal neunzehn, heiraten ist überhaupt noch nicht dran. Sollten wir das Ganze nicht lieber in Ruhe überdenken? Denk an deine Zukunftsträume … wenn du mit der Uni fertig bist, können wir noch einmal darüber reden. Alleine dürfen wir so etwas schon gar nicht entscheiden. Deine Eltern würden dich enterben! Was sollen Gabriel und Ivy sagen?
    Aber nur ein einziges unvernünftiges Wort fand den Weg zu meinen Lippen.
    «Ja.»
    Ich hatte kaum ausgesprochen, da hob mich Xavier schon auf seine Arme und trug mich von der alten Eiche weg vor das Schultor, bevor uns jemand suchen kam. Er hielt erst an der Straße an, in der sein Chevy geparkt war. Xavier stellte mich vorsichtig auf dem Fußweg ab und öffnete mir die Beifahrertür, bevor er sich an das Steuer setzte und in Richtung Stadt losbrauste.
    «Wohin fahren wir?», fragte ich, atemlos vor Erregung.
    «Wir gehen feiern.»
    Wenige Minuten später hielt der Chevy vor dem Sweethearts an der Hauptstraße. Es war so gut wie leer. Vermutlich waren die meisten der üblichen Gäste bei der Entlassungsfeier an der Bryce Hamilton. Als Xavier gerade nicht hinsah, warf ich verstohlen einen Blick auf meine Armbanduhr: Wir waren jetzt schon mindestens eine halbe Stunde fort. Mit Sicherheit hatte man unsere Abwesenheit längst bemerkt, und der Schuldirektor war am Ende seiner Eröffnungsrede angekommen. Hinter den Kulissen flüsterten vermutlich die Lehrer und fragten sich gegenseitig, wer uns als Letztes gesehen hatte und wo wir wohl steckten. Einer von ihnen erklärte sich vielleicht bereit, sich draußen nach uns umzusehen. Auch Ivy und Gabriel hatten sicher längst unsere freien Plätze bemerkt und ahnten, dass irgendetwas im Busch war, während Xaviers Eltern über das Fehlen ihres Sohnes sicher völlig fassungslos waren. Als mir all das bewusst wurde, schwand meine Freude und wich Ernüchterung. War Xavier wirklich bei klarem Verstand gewesen, als er diese Entscheidung gefällt hatte?
    «Xavier», begann ich zögernd.
    «Jetzt sag nicht, dass du es dir wieder anders überlegt hast!»
    «Nein. Aber es gibt da eine Sache, die ich sagen muss.»
    «Okay. Dann los.»
    «Denk an deine Zukunft.»
    «Das habe ich. Sie sitzt direkt vor mir.»
    «Aber was werden deine Eltern denken?»
    «Ich dachte, du hattest nur eine Sache zu sagen.»
    «Bitte, Xavier, ich meine es ernst.»
    «Ich habe keine Ahnung, was sie davon halten werden. Und ich habe auch nicht vor, sie zu fragen. Was wir vorhaben, ist richtig. Ich habe lange und gründlich darüber nachgedacht. Ich will es, und ich weiß, dass du es auch willst. Unter anderen Umständen würden wir die Dinge vielleicht anders angehen, aber diesen Luxus haben wir nun einmal nicht. Dies ist die einzige Möglichkeit, das zu schützen, was wir haben.»
    «Und wenn es alles nur noch schlimmer macht?»
    «Das spielt keine Rolle, denn wir werden allem gemeinsam ins Auge sehen.»
    «Hast du dir auch schon überlegt, wie das Ganze ablaufen soll?»
    «Ja, ich habe schon alles organisiert. Pater Mel wird uns helfen. Genau genommen erwartet er uns in der Kirche. Jetzt.»
    «Jetzt sofort?» Mir blieb der Mund offen stehen. «Sollten wir nicht vorher jemandem Bescheid sagen?»
    «Sie würden nur versuchen, uns davon abzuhalten. Wenn es erst geschehen ist, können wir es dann meinetwegen der ganzen Stadt erzählen. Und wenn unsere Familien den ersten Schock überwunden
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