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Habgier: Roman (German Edition)

Habgier: Roman (German Edition)

Titel: Habgier: Roman (German Edition)
Autoren: Faye Kellerman
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gerade den Notfallplan.«
    »Ich kann in zehn Minuten da sein.«
    »Haben Sie ein Auto mit Blaulicht?«
    »Ja.«
    »Schalten Sie es ein!« Der Captain legte auf.
    »Was ist los?« Rina war ganz bleich.
    »Ein Flugzeugabsturz...«
    »Gott im Himmel!« Rina schnappte nach Luft.
    »Es hat ein Apartmenthaus getroffen...« Decker hörte auf zu sprechen, als er im Hintergrund das Heulen der Sirenen wahrnahm. Er zog seine Jacke von der Stuhllehne.
    »Wo?«
    »Seacrest...«
    »Wo genau?«
    »Zwischen Hobart und Macon.«
    »Peter, das ist nur fünf Minuten von Hannahs Schule entfernt!«
    »Nimm den Volvo. Ich schleuse dich mit dem Blaulicht auf dem Dienstwagen zur Schule durch und fahre dann weiter zur Unfallstelle.«
    Rinas Blick hing noch immer wie gebannt am Bildschirm. Kommentarlos schaltete Decker den Fernseher aus. »Du kannst gleich alles im Radio hören. Komm jetzt!«
    Rina erwachte aus ihrer Starre und erkannte plötzlich die Tragweite dessen, was vor ihr lag: ein entsetzlich langer Tag, gefolgt von einer sehr, sehr langen Nacht. Sie würde Decker in den nächsten vierundzwanzig Stunden nicht zu Gesicht bekommen. Aber anders als die Reisenden im Flugzeug würde er irgendwann heimkehren. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und ihre Kehle schnürte sich vor Angst zu. Sie fand keine Worte.
    Erst draußen vor der Tür sagte sie zu ihm: »Sei vorsichtig, Peter.«
    Er nickte abwesend, öffnete die Fahrertür ihres Wagens, und sie stieg ein.
    »Ich liebe dich, Peter.«
    »Ich dich auch, und ja, ich werde vorsichtig sein.«
    »Danke, ich dachte schon, du hättest mich nicht gehört.«
    »Normalerweise liegst du mit deiner Vermutung genau richtig, aber jetzt würde ich sogar den Flügelschlag eines Schmetterlings hören. Das ist immer so, wenn es richtig zur Sache geht und alle Sinne auf Hochtouren laufen.«
    Wie auf fast allen Privatschulen, hatte man auch auf der Beth Jacob Hebrew Academy High School erst kürzlich die sonst schlaffen Muskeln spielen lassen, um die allzu nachsichtig behandelten Teenager zur Räson zu bringen. Die Lehrer, zermürbt von Trillern, Pfiffen und Klingeltönen aller Art, hatten sich bei der Direktion beschwert, die wiederum drakonische Maßnahmen ergriff, wie Hannah Decker es nannte: Ab sofort war das Mitbringen elektronischer Geräte ins Schulgebäude untersagt, mit Ausnahme eines Taschenrechners für die Mathematikkurse. Diese Regelung war genau vor drei Wochen in Kraft getreten. Ein eindeutiger Fall von schlechtem Timing, denn als nun die Festnetzleitungen lahmgelegt waren, versuchten die Lehrer verzweifelt, die Eltern ihrer Schüler auf den wenigen erlaubten Handys anzurufen.
    Die meisten Eltern hatten wohl ein ungutes Gefühl gehabt, denn als Rina und Decker die Schule erreichten, wartete bereits eine Schlange von Geländewagen vor dem Gebäude, um die Kinder einzusammeln.
    Decker stieg aus seinem Dienstwagen und ging zum Volvo, in dem Rina saß und wartete. Der scharfe Brandgeruch stach in seiner Nase, und seine Augen tränten von der umherfliegenden Asche. Er legte eine Hand über seinen Mund und bedeutete Rina, das Fenster herunterzukurbeln. »Wie sieht es aus mit unseren Wasser- und Essensvorräten?«
    »Du kennst mich doch. Was ich habe, reicht für die ganze Nachbarschaft.«
    »Gut, dann hol Hannah, fahrt nach Hause und bleibt dort. Man kann kaum atmen, und wenn heute Nachmittag der Wind zunimmt, wird es noch schlimmer. Glaubst du, ihr kommt zurecht?«
    »Natürlich«, antwortete Rina, »fahr los, Peter, und danke, dass du mich so schnell hierhergebracht hast.«
    »Sie ist auch meine Tochter. Gib ihr einen Kuss, und sag ihr, dass ich sie lieb habe.«
    »Das mach ich.«
    Decker ging zurück zu seinem zivilen Streifenwagen, der jetzt zwischen Rinas Volvo und einem Lincoln Navigator eingeklemmt war. Er schaltete das Blaulicht ein, worauf der Wagen hinter ihm ein paar Zentimeter mehr zum Manövrieren freigab. Eine Minute später war er auf einer der Hauptverkehrsachsen und musste mit den Scheibenwischern die weiße Asche von der Windschutzscheibe fegen. Selbst mit der Sirene brauchte er wesentlich länger für die sonst fünf Minuten lange Strecke. Alle Ampeln waren tot, und die Kreuzungen standen voller Autos. Decker schlängelte sich durch die winzigen Lücken, die man ihm durch das Blaulicht mit Sirene gewährte, und arbeitete sich so bis auf zehn Blocks an den Unfallort heran. Er sah das gelbe Absperrband der Polizei und fand auf wundersame Weise einen Parkplatz, auf dem er weder eine
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