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Habgier: Roman (German Edition)

Habgier: Roman (German Edition)

Titel: Habgier: Roman (German Edition)
Autoren: Faye Kellerman
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blockierten, stellten in dem ganzen Durcheinander wie befürchtet das größte Problem dar. In ihrer Panik hatten die Anwohner ihre liebgewonnenen Besitztümer zusammengerafft und alles Wertvolle in Autos, Lieferwagen und Busse gestopft. Die Wohngegend bestand aus ansehnlichen, weitläufigen Häusern, mit großen Fernsehzimmern und viel elektronischem Spielzeug. Einige der Häuser hatten Pools oder eine Dachterrasse oder einen gemauerten Grill im Garten. All das konnte man ersetzen – im Gegensatz zu den zurückgelassenen Fotoalben, Reiseerinnerungen und Kuriositäten, um die die Leute dann weinten.
    Sobald Oliver einen brauchbaren Plan erstellt hatte, gab Decker seinen wartenden Detectives Anweisungen und übernahm selbst das Gebiet, das dem Unfallort am nächsten lag. In jedem Block wurden jetzt die Bewohner per Megafon aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Für Menschen mit Autos kein Problem, doch was war mit denen, die kein Fortbewegungsmittel zur Verfügung hatten? Mit den Alten und Kranken?
    Das erste Haus in seinem Areal gehörte einer Frau mit zwei kleinen Kindern. Sie war sehr zierlich und ihr Haar von Asche bedeckt, so dass es grau aussah. Hustend schleppte sie eine braune Schachtel mit Dingen, die ihr wohl sehr am Herzen lagen, aus dem Haus zum Auto, in dem ihre beiden Kinder bereits angeschnallt saßen.
    »Sie müssen jetzt losfahren«, sagte Decker zu ihr. »Es ist für Sie selbst und für Ihre Kinder nicht gut, diese Luft einzuatmen.«
    »Ich muss noch abschließen.«
    »Geben Sie mir die Schlüssel, und steigen Sie ein.«
    Die Frau gehorchte. Decker brachte ihr die Schlüssel zum Wagen, half ihr beim Manövrieren aus der Auffahrt und wies sie in eine Autoschlange ein.
    Als er an die Tür des zweiten Hauses hämmerte, bekam er keine Antwort, hörte aber einen Hund aufgeregt bellen. Durch den Zaun erkannte er einen elfenbeinfarbenen Zwergpudel, verlassen und eingesperrt. Er öffnete das Tor und nahm das Hündchen mit zum nächsten Haus.
    Dort traf er auf eine Latina in Dienstmädchenuniform und zwei weiße Kinder im Vorschulalter. Er erklärte ihr, sie müsse das Haus mit den Kindern verlassen. »Haben Sie ein Auto?«, fragte Decker sie auf Englisch.
    »Ich versuchen, Misses zu erreichen. Telefon nicht gehen.«
    Decker wechselte ins Spanische. »Sie müssen raus aus dem Haus. Tragen Sie das kleine Mädchen, ich nehme den Größeren.« Er hob den etwa vierjährigen Jungen hoch, während er den winzigen jaulenden Pudel noch im Arm hielt. »Los, wir müssen hier weg.«
    »Was ist mit Misses?«, fragte das Kindermädchen verzweifelt.
    »Sagen Sie Ihrer Chefin, dass die Polizei Sie zum Gehen aufgefordert hat.« Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erblickte Decker den Nachbarn, der gerade seine Familie in seinen Großraumwagen verfrachtete. Er hetzte über die Straße, mit Kind und Hund auf dem Arm, und sprach den etwa vierzigjährigen Mann an. »Nehmen Sie bitte die Frau und die Kinder mit. Sie sitzen hier fest.«
    »Ich habe keinen Platz«, antwortete der Nachbar und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Dann schmeißen Sie ein paar Schachteln raus und machen welchen!«, brüllte Decker ihn an.
    Der Mann bückte sich und räumte einige Sachen hin und her. »Aber ohne den Hund«, forderte er, »ich bin allergisch.«
    Decker bestand nicht auf die Mitnahme des Hundes, und als er wieder über die Straße ging, klopfte er auf die Motorhaube einer Limousine, hinter deren Steuer eine junge Mutter saß. Auf der Rückbank hatte sie ein Baby dabei. Sie ließ das Fenster herunter. »Könnten Sie den Hund mitnehmen? Seine Besitzer sind nicht zu Hause«, bat er die Frau.
    »Ist er gutmütig? Ich habe ein Baby dabei.«
    Decker wusste, dass der Hund Angst hatte und verängstigte Tiere bissig sein konnten. Er würde jemand anders finden, meinte er. Was ihm schließlich auch gelang, als er das Tier einer Mutter mit einem Teenager aufschwatzte, die noch zu Hause waren.
    In den drei nächsten Häusern reagierte niemand auf sein Klopfen, aber dafür rettete er einen weiteren kleinen Hund und zwei Katzen. Mehrere große Hunde musste er zurücklassen, eingesperrt im Haus oder hinter riesigen Toren. Doch hier ging es um Menschen, auch wenn es ihm leidtat, diese armen Tiere ihrem Schicksal auszuliefern. Er würde sich – wie alle anderen auch – später darum kümmern.
    Seine Kehle brannte von der trockenen Hitze, und seine Augen tränten hinter der Brille.
    Das nächste Wohnhaus auf Deckers Liste gehörte einer
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