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h3rzklopfen - Kurzgeschichten

h3rzklopfen - Kurzgeschichten

Titel: h3rzklopfen - Kurzgeschichten
Autoren: Keo Weller
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Eltern sind vor ein paar Jahren gestorben. Erst meine Mutter, kurz danach mein Vater. In meinem Leben ist viel schiefgelaufen. Was genau, kann ich eigentlich nicht sagen. Seit vielen Jahren bin ich arbeitslos. Ich habe aufgegeben, nach einem Job zu suchen; ich brauche derzeit das Erbe meiner Eltern auf. Damit es möglichst lange hält, spare ich an allen Ecken und Enden. Ich schneide meine Haare selbst, habe kein Telefon, erst recht kein mobiles. Ich habe kein Radio, keinen Fernseher, keine Bücher. Aber einen Laptop habe ich, und eine Internetverbindung. Im Grunde habe ich nichts zu tun. Jeden Tag nichts. Jede Woche nichts. Jeden Monat. Jahr für Jahr. Nichts außer Langeweile. Es gibt nichts für mich zu tun auf dieser Welt.

Meine beste Zeit hatte ich im Wehrdienst. Ich hatte ein bisschen Geld und ein paar Kameraden. Man sagte mir, was ich zu tun habe. Wir gingen oft aus. Abends, am Wochenende, hin und wieder unterhielt ich mich mit Frauen. Ich sage es ganz offen: Ich hatte noch nie Sex mit einer Frau. Ich hatte noch nie Sex mit irgend jemandem. Außer mit mir selbst eben – mit meiner Hand. Ich schaue fast jeden Abend Pornos. Und fast jeden Morgen.

Hermann setzte sich an den kleinen Tisch und klappte sein schwarzes Laptop auf. Er hatte das Gerät, ein Lenovo, vor vielen Jahren für lächerliche 64 Euro plus 7 Euro Versand bei Ebay ersteigert. Damals spielte die Deutsche Fußballnationalmannschaft gegen die der Türkei. Weder auf den Straßen noch im Internetcafé noch auf Ebay war zu der Zeit etwas los. So konnte er dem Leben ein seltenes Schnippchen schlagen und ersteigerte diesen Rechner. Hermann blättert auf einer Website Bilder durch. Junge Frauen in der S-Bahn, im Supermarkt, in Fußgängerzonen, in Restaurants und so weiter und so fort. Eine Website für Spanner. Männer machen mit ihren Smartphones heimlich Bilder von Frauen und posten diese dann im Web. Er scrollt durch die Neuzugänge. Ein Bild hat es ihm angetan. Mit der rechten Maustaste klickt er in das Bild, wählt “Speichern unter...” und speichert das Bild in einem Ordner mit hunderten ähnlichen Bildern auf seiner Festplatte. Jäger und Sammler.

Danach schaute sich Hermann Pornos an. Wie immer kostenlos. Für kostenlos gibt es nur sehr kurze Filmchen in schlechter Qualität. Aber das reichte ihm. Meist schaute er auch hier die Neuzugänge durch – in der Kategorie “Anal”. Er liebte es, wenn Frauen in ihren Arsch gefickt wurden. Wie gerne würde er das mal selbst machen. Eine junge Frau in ihren knackigen Arsch ficken. Hermann war süchtig. An manchen Abenden schaute er sich stundenlang Arschfickerei an. Je kleiner die Frau, je knackiger die Ärsche, je größer die Schwänze der Darsteller, desto so besser. Manchmal reichte ihm das alles nicht mehr, und Tag für Tag steigerte er sich dann in eine Art Porno-Exzess. Dann kam er gar nicht mehr aus dem Haus, war nur noch im Internet unterwegs. Die Filmchen wurden immer härter. Gang Bang bevorzugt. Dann erregte es ihn, wenn zehn Männer in Reihe die Darstellerin brutal in den Mund fickten. Es erregte ihn, wenn die Frau nach Luft hechelte, wenn die Männer – einer nach dem anderen – ihr Gesicht mit Sperma übergossen. Wenige Tage später waren die Darstellerinnen dann gefesselt und geknebelt und ließen sich von ihren männlichen Kollegen schlagen und erniedrigen. All das liebte er dann. Er aber, er konnte einer Frau nicht einmal in die Augen schauen. Die letzte Frau, die er geküsst hat, war seine Mutter. Widerwillig. Am Ende einer solchen Phase hatte er alles gesehen, was ihn anmachte. Und was ihn abstieß und kaputt machte. Irgendwann war es nur noch Gewalt und dann wurde ihm schlecht. Danach hatte er keine Lust mehr auf Pornos. Keine Lust mehr auf gar nichts. In dieser Phase, die meist zwei bis drei Wochen andauerte, ging es ihm dann schlechter als sonst – besonders schlecht.

Mein Unwohlsein gipfelt dann meist darin, dass ich mich übergeben muss. Körperlich gesehen, müsste ich mich wohl nicht übergeben, aber ich brauche das einfach. Ich muss diesem Scheißleben etwas entgegensetzen. Ich ritualisiere das Übergeben seit Jahren. Manchmal besuche ich die Toiletten am Bahnhof. Am liebsten aber ist es mir, mich auf den Toiletten im Park auszukotzen. Die Bahnhofstoiletten sind sauber und unterstützen mein Vorhaben nicht richtig. Ich wohne in einer Großstadt, und da sieht es auf den Bahnhöfen in diesen Tagen nicht mehr wie in den achtziger Jahren aus. Heute: weiße, saubere
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