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Gute Nacht, Peggy Sue

Gute Nacht, Peggy Sue

Titel: Gute Nacht, Peggy Sue
Autoren: Tess Gerritsen
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das eine Nummer von hier?« fragte sie.
    »Die ersten beiden Zahlen deuten auf einen Anschluß in Surrey Heights hin«, sagte Beamis. »Ist auch nicht gerade ihre Gegend.«
    »Tja«, murmelte M. J. »Dann rufen wir die Nummer doch einfach mal an und schauen, was passiert.« Beamis und Shradick warteten, während sie zum Telefon ging und die Nummer eintippte. Das Rufzeichen ertönte viermal. Dann schaltete sich ein Anrufbeantworter ein. Die Männerstimme auf dem Band klang angenehm sonor.
    »Ich bin im Augenblick nicht erreichbar. Bitte hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer.«
    Das war alles. Keine hübsche Musik, keine witzigen Bemerkungen, nur der karge Spruch und dann der Piepton.
    »Hier spricht Dr. Novak vom Gerichtsmedizinischen Institut Albion. Bitte rufen Sie mich unter der Nummer 879640 zurück. Es handelt sich um …« Sie hielt inne. Schließlich konnte sie kaum sagen, es handle sich um die Leiche einer Frau, die er vermutlich kannte. Statt dessen fuhr sie fort: »Bitte rufen Sie mich einfach an. Es ist wichtig.« Dann legte sie auf und sah die beiden Polizisten an. »Warten wir ab, was passiert.«
    In den folgenden zwei Stunden passierte nicht viel. Beamis und Shradick wurden zu einem anderen Fall abberufen, und M. J. beendete ihre Untersuchung der Toten. Sie fand keine äußeren Verletzungen, die den Tod des Opfers näher erklärt hätten. Mit einer Spritze nahm sie Proben der Körperflüssigkeiten für die Laboranalyse: Blut aus der Schlüsselbeinschlagader, Augenflüssigkeit, Urin durch den Unterbauch. Die einzelnen Proben wurden auf Reagenzgläser verteilt. Einige wollte sie zur Analyse ins staatliche Labor schicken, während sie mit den anderen selbst eine vorläufige Testserie zu starten gedachte. Sie beschloß, mit einer Autopsie zu warten, solange nicht feststand, daß sie unumgänglich war. War der toxikologische Befund der Körperflüssigkeiten positiv, hatte sie die Antwort, die sie brauchte. Vorerst verschwand die Leiche in einem Kühlfach und wurde unter »Unbekannt, weiblich« und der Nummer 373-4-3-A registriert.
    Um elf Uhr, während M. J. an ihrem Schreibtisch saß, klingelte das Telefon. Sie griff nach dem Hörer und meldete sich: »Dr. Novak. Stellvertretende Leiterin der Gerichtsmedizin.«
    »Sie haben eine Nachricht für mich hinterlassen«, sagte ein Mann. Sie erkannte die Stimme vom Anrufbeantworter sofort. Das tiefe Timbre konnte die Besorgnis in seiner Stimme nicht übertünchen. »Worum geht es?« fragte er.
    M. J. griff automatisch nach Stift und Papier. »Mit wem spreche ich?«
    »Das sollten Sie doch wissen. Schließlich haben Sie mich angerufen.«
    »Ich hatte nur Ihre Telefonnummer. Keinen Namen …«
    »Und wie sind Sie an meine Nummer gekommen?«
    »Sie stand in einem Streichholzheftchen. Die Polizei hat heute morgen eine Frau ins Leichenschauhaus gebracht, und sie …«
    »Ich komme sofort«, fiel er ihr ins Wort.
    »Mister, ich habe Ihren Namen nicht …«
    Sie hörte das Klicken, als am anderen Ende der Hörer aufgelegt wurde. Dann ertönte das Leerzeichen.
Blödmann,
dachte sie. Was, wenn er nicht auftaucht Was, wenn er nicht zurückrief?
    Sie wählte die Nummer des Morddezernats und hinterließ für Beamis und Shradick folgende Nachricht: »Macht, daß ihr ins Leichenschauhaus kommt.« Dann wartete sie.
    Gegen Mittag meldete sich die Rezeption über das Haustelefon: »Hier ist ein Mr. Quantrell für sie«, sagte die Sekretärin.
    »Er sagt, Sie erwarten ihn. Soll ich ihn runterschicken?«
    »Ich komme rauf«, sagte M. J. »Bin schon unterwegs.«
    Sie war erfahren genug, einen ahnungslosen Bürger nicht direkt von der Straße ins Leichenschauhaus zu zitieren. Er sollte die Chance haben, sich zumindest seelisch auf den Schock einzustellen. Sie zog einen weißen Arztmantel über ihre OPKleidung. Auf dem Revers waren Kaffeeflecken, aber das war nicht zu ändern.
    Als sie mit dem Lift aus dem Kellergeschoß ins Parterre gefahren war, hatte sie ihr Haar in Ordnung gebracht und das Namensschild am Revers poliert. So trat sie auf den Flur hinaus. Durch die Glastür am Ende des Korridors konnte sie die in unaufdringlichem Grau gehaltene Empfangshalle sehen. Vor der Sitzecke für Besucher ging ein elegant gekleideter Mann auf und ab. Rein äußerlich war er kaum der Typ, der mit einer namenlosen Toten aus South Lexington verkehrt hätte. Sein Kamelhaarjackett saß tadellos über seinen breiten Schultern. Über dem Arm trug er einen braunen Trenchcoat, und er zerrte
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