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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah...
Autoren: K Higgins
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trank noch einen Schluck Bier und wischte sich die Handflächen an seiner Jeans ab. „Ich frage mich nur ständig, was ich falsch gemacht habe. Es kam für mich völlig überraschend.“
    „Wirklich?“
    „Natürlich wusste ich, dass sie nicht glücklich war. Das waren wir beide nicht, aber wir haben uns gegenseitig auch nicht unglücklich gemacht.“
    „Warum war sie nicht glücklich?“, fragte ich neugierig.
    „Das weiß ich nicht! Sprecht ihr zwei nicht über solche Sachen? Frag sie, sie ist deine Schwester.“ Sam warf mir einen gereizten Blick zu und fing an, am Etikett seiner Bierflasche zu zupfen.
    „Trish und ich stehen uns nicht besonders nahe“, gestand ich. „Ich wollte dich nicht aufregen. Es ist nur … eine Ehe scheitert nun mal nicht einfach so.“
    Sam seufzte. „Wahrscheinlich nicht. Sie meinte immer, dass ich zu viel arbeite, aber wir hatten eben viele Rechnungen zu bezahlen. Außerdem hat sie das Geld auch ganz gern ausgegeben.“
    Das stimmte, meine Schwester „mochte schöne Dinge“, wie sie ihren Konsumrausch umschrieb. Man hätte ihr Verhalten auch einfach dumm und unverantwortlich nennen können.
    „Ach, ich weiß auch nicht, Millie. Wir waren irgendwann an einem Punkt, an dem wir merk ten, dass es einfach nicht mehr funktioniert. Und wir wussten nicht, was wir dagegen tun sollten. Es war nichts Konkretes, nur dieses Gefühl, dass es einfach nicht mehr klappte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das wieder in Ordnung bringen kann, und verdrängte es deshalb meistens, bis sie einen Freund hatte.“
    Das war vermutlich der längste Vortrag, den ich von Sam je gehört hatte, und er schien prompt zu bereuen, was er gesagt hatte. Er trank einen großen Schluck Bier, dann fügte er hinzu: „Es ist seltsam, nicht mehr verheiratet zu sein. Ich war immer verheiratet, weißt du?“
    „Verstehe ich. Es wird einige Zeit dauern, bis du dich daran gewöhnt hast.“ Mindestens sechs Monate, fügte ich im Stillen hinzu. „Und was Trish angeht, na ja, sie hatte schon immer unrealistische Ansprüche.“ Okay, das klang lahm. „Sie macht sich etwas vor, wenn sie glaubt, dass sie mit Mr New Jersey glücklich wird.“
    „Klar“, meinte Sam knapp. Ich zuckte innerlich zusammen und nahm mir vor, den Namen von Trishs neuem Lover auf keinen Fall zu erwähnen.
    „Weißt du was?“, fragte ich. „Ich will mir einen Hund zulegen.“
    „Im Ernst?“
    „Ja, und ich glaube, ich nenne ihn Sam.“
    Er grinste. „Es ist schön, dass du wieder zurück auf Cape Cod bist, Millie.“
    Ich erwiderte sein Lächeln, wir kauten stumm auf unseren Selleriestangen, lauschten der Musik und schauten den Dartspielern zu. Nach einer Weile schaute Sam auf. „Oh, hallo Joe“, meinte er beiläufig.
    Mein Herz blieb stehen, mein Gesicht erstarrte, genau wie mein – Sie haben es erraten – Verstand. Auch ich sah hoch. Und da war er.
    Es war wie bei einem Theaterstück, wenn das Scheinwerfer licht al lein auf den Hauptdarsteller gerichtet ist. Joe Carpenter stand an unserem Tisch, und sein charmantes Lächeln zauberte nicht nur diese sexy Grübchen auf seine Wangen, sondern zeigte auch noch seine weißen Zähne. Verlangen und Panik überfielen mich gleichzeitig.
    „Hallo Joe“, begrüßte ich ihn nervös.
    „Hey, Leute. Habt ihr etwas dagegen, wenn ich mich eine Sekunde zu euch setze?“, fragte er, drehte einen Stuhl um und ließ sich rittlings darauf nieder. Er trug eine verwaschene Jeans, ein Flanellhemd und Arbeitsschuhe. Ich schwöre Ihnen, er war trotzdem der begehrenswerteste und umwerfendste Mann, den Gott je erschaffen hat.
    „Nur zu“, ermunterte Sam ihn. „Was treibst du hier so fern der Heimat?“
    „Ach, ich hatte eine Verabredung“, antwortete Joe und richtete seine schönen grünen Augen auf mich. „Hallo Millie.“
    „Hallo Joe“, sagte ich noch einmal und überlegte mir krampfhaft etwas Geistreiches.
    „Und was ist mit euch beiden?“, erkundigte er sich. „Was macht ihr hier? Verhaftest du jemanden, Sam?“
    Inzwischen schlug mein Herz wieder, und zwar heftig. Warum hatte ich kein Make-up aufgetragen? Warum trug ich nur ein altes T-Shirt? Hatte ich Ohrringe drin? Essensreste zwischen den Zähnen? Ich suchte verzweifelt nach der geeigneten Antwort auf Joes Frage, damit Sam seinen Scheidungstag nicht erklären musste.
    „Wir haben gehört, dass man hier gut essen kann“, sagte ich.
    Mit schwingenden Hüften und wehendem blonden Haar wie in einer Shampoowerbung kam Joes Date auf uns zu. Groß
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